SPD, FDP und Grüne haben ihren Koalitionsvertrag vorgelegt. Die Ampel-Parteien präsentierten das Dokument am Mittwoch in Berlin der Öffentlichkeit. Ein Überblick über die wichtigsten Beschlüsse.

Berlin - SPD, FDP und Grüne haben sich am Mittwoch auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Lesen Sie hier die wichtigsten Beschlüsse im Überblick:

 

Diese Ministerien übernehmen SPD, FDP und Grüne

Die Ampel-Parteien wollen in der neuen Bundesregierung ein Superministerium für Wirtschaft und Klimaschutz schaffen, das von den Grünen geführt werden soll. Zudem stellen die Grünen auch den Vizekanzler oder die Vizekanzlerin und führen die Ressorts für Äußeres, Familie, Umwelt und Verbraucherschutz sowie Ernährung und Landwirtschaft.

Die FDP wird die Ministerien für Finanzen, Justiz, Verkehr und Digitales sowie Bildung und Forschung führen. Die SPD übernimmt - neben dem Kanzleramt - die Bereiche Inneres, Arbeit und Soziales, Verteidigung, Gesundheit, Bauen sowie Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

Wahl ab 16

Die geplante Ampel-Regierung will das Wahlalter in Deutschland von 18 Jahre auf 16 Jahre senken. Für eine Absenkung des Wahlalters für Bundestagswahlen ist aber eine Grundgesetzänderung notwendig.

400.000 neue Wohnungen im Jahr

Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP will pro Jahr 400.000 neue Wohnungen bauen. 100.000 davon sollen öffentlich gefördert werden, heißt es im Koalitionsvertrag.

Zudem will die Ampel-Regierung will die Mietpreisbremse verlängern und verschärfen. In Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt soll die Miete binnen drei Jahren nur noch bis zu 11 Prozent steigen dürfen statt wie bisher bis zu 15 Prozent.

Stromkunden entlasten

SPD, Grüne und FDP wollen Stromkunden entlasten. Zum 1. Januar 2023 soll die Finanzierung der milliardenschweren EEG-Umlage zur Förderung des Ökostroms über den Strompreis abgeschafft werden.

Neues Bauministerium

SPD, Grüne und FDP haben sich in ihren Koalitionsverhandlungen auf ein neues Bundesministerium für Bauen verständigt. Vorgesehen ist zudem eine Erweiterung des Wirtschaftsministeriums um das Thema Klimaschutz, hieß es im Koalitionsvertrag.

Werbeverbot für Abtreibung abschaffen

Die Ampel-Parteien wollen das umstrittene Werbeverbot für Abtreibung vollständig abschaffen. Der entsprechende Paragraf 219a im Strafgesetzbuch werde gestrichen, heißt es im vereinbarten Koalitionsvertrag. Ärzte dürfen zwar bisher schon darüber informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche anbieten, können aber bestraft werden, wenn sie dabei auch die verwendete Methode nennen.

Kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene

Die voraussichtliche Ampel-Koalition will eine „kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften“ einführen. Dadurch würden „die Qualität kontrolliert, die Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindert und der Jugendschutz gewährleistet“, heißt es in dem Koalitionsvertrag.

Mindestlohn soll auf 12 Euro steigen

SPD, Grüne und FDP wollen den gesetzlichen Mindestlohn auf 12 Euro pro Stunde erhöhen. Nach der einmaligen Anpassung werde die unabhängige Mindestlohnkommission über die etwaigen weiteren Erhöhungsschritte befinden.

Kohleausstieg und erneuerbare Energien

Der Kohleausstieg soll „idealerweise“ auf 2030 vorgezogen werden. Das geht aus dem am Mittwoch bekannt gewordenen Koalitionsvertrag hervor.

Zudem soll Deutschland bis 2030 80 Prozent seines Stroms aus erneuerbaren Energien beziehen. Bislang galt das Ziel, bis 2030 einen Anteil von 65 Prozent erreicht zu haben.

Steuerliche Homeoffice-Pauschale bis Ende 2022

SPD, Grüne und FDP wollen die steuerliche Homeoffice-Pauschale für Arbeitnehmer bis Ende 2022 verlängern.

Neues Staatsangehörigkeitsrecht

Die geplante Ampel-Regierung plant für Deutschland ein neues Staatsangehörigkeitsrecht. Es sollten die Mehrfachstaatsangehörigkeit ermöglicht und der Weg zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit vereinfacht werden. Eine Einbürgerung solle in der Regel nach fünf Jahren möglich sein, bei besonderen Integrationsleistungen bereits nach drei Jahren.

Bewaffnung von Drohnen

SPD, Grüne und FDP wollen in einer gemeinsamen Bundesregierung eine Bewaffnung von Drohnen der Bundeswehr ermöglichen. Diese könnten zum Schutz der Soldaten im Auslandseinsatz beitragen.

„Unter verbindlichen und transparenten Auflagen und unter Berücksichtigung von ethischen und sicherheitspolitischen Aspekten werden wir daher die Bewaffnung von Drohnen der Bundeswehr in dieser Legislaturperiode ermöglichen“, erklären die Ampel-Parteien. „Bei ihrem Einsatz gelten die Regeln des Völkerrechts, extralegale Tötungen - auch durch Drohnen - lehnen wir ab.“

Führerschein ab 16

SPD, Grüne und FDP wollen das Mindestalter zum Erwerb eines Pkw-Führerscheins senken und begleitetes Fahren bereits ab 16 statt wie bisher mit 17 Jahren ermöglichen. Damit sollten Jugendliche schon frühzeitig für die Gefahren im Straßenverkehr geschult werden.

Bisher ist das begleitete Fahren ab 17 Jahren möglich. Bis zum 18. Geburtstag besteht die Auflage, den Pkw nur in Begleitung einer mindestens 30-jährigen Begleitperson zu fahren. Die FDP hatte in ihrem Wahlprogramm geschrieben: „Wir Freie Demokraten wollen das Mindestalter zum Erwerb eines Pkw-Führerscheins senken und begleitetes Fahren bereits ab 16 Jahren ermöglichen.“

Transsexuellengesetz abschaffen

Die Ampel-Parteien wollen das umstrittene Transsexuellengesetz abschaffen. Es solle „durch ein Selbstbestimmungsgesetz“ ersetzt werden, heißt es im am Mittwoch veröffentlichten Koalitionsvertrag. Dies umfasse „ein Verfahren beim Standesamt, das Änderungen des Geschlechtseintrags im Personenstand grundsätzlich per Selbstauskunft“ möglich mache.

Verzicht auf Rentenkürzung und höheres Eintrittsalter

Die Ampel-Koalition verzichtet auf Rentenkürzungen und ein höheres Renteneintrittsalter. Um diese Zusage generationengerecht abzusichern, solle in eine teilweise Kapitaldeckung der gesetzlichen Rentenversicherung eingestiegen werde. Die Kapitaldeckung solle „als dauerhafter Fond von einer unabhängigen öffentlich-rechtlichen Stelle professionell verwaltet werden und global anlegen“.

Schuldenbremse ab 2023

SPD, Grüne und FDP wollen die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse ab 2023 wieder einhalten. Im kommenden Jahr müssten wegen der andauernden Pandemie-Folgen noch einmal neue Kredite aufgenommen werden. Das Geld solle „insbesondere für die Überwindung der Coronakrise und Maßnahmen für eine schnelle wirtschaftliche Erholung“ genutzt werden. Ab 2023 werde die Verschuldung auf den in der Schuldenbremse vorgegebenen Spielraum beschränkt.

Öffentlicher Nahverkehr

SPD, Grüne und FDP wollen den öffentlichen Nahverkehr stärken. Ab 2022 sollen dafür die sogenannten milliardenschweren Regionalisierungsmittel erhöht werden. Außerdem sollen auch im kommenden Jahr pandemiebedingte Einnahmeausfälle ausgeglichen werden.

Im Koalitionsvertrag heißt es: „Wir wollen Länder und Kommunen in die Lage versetzen, Attraktivität und Kapazitäten des ÖPNV zu verbessern. Ziel ist, die Fahrgastzahlen des öffentlichen Verkehrs deutlich zu steigern.“ Gemeinsam mit Ländern und Kommunen sollen Qualitätskriterien und Standards für Angebote und Erreichbarkeit für urbane und ländliche Räume definiert werden.

Mit Blick auf Einnahmenausfälle in der Corona-Krise hatten sich Bund und Länder in der vergangenen Woche darauf verständigt, über neue Finanzhilfen für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zu verhandeln. Da der zwischen Bund und Ländern vereinbarte Rettungsschirm für den ÖPNV Ende 2021 auslaufe, sei die kurzfristige Aufnahme von Verhandlungen über eine Anschlussregelung erforderlich.

Bund und Länder hatten seit Beginn der Krise bereits Milliardenhilfen für den ÖPNV beschlossen. Wegen der Pandemie und stark sinkender Fahrgastzahlen hatte es hohe Einnahmeverluste im Nahverkehr gegeben.

Corona-Bonus für Pflegekräfte

Pflegekräfte sollen wegen der besonderen Belastungen in der Corona-Krise einen erneuten Bonus bekommen. Die künftigen Ampel-Koalitionspartner hätten sich verständigt, dafür eine Milliarde Euro bereit zu stellen, sagte SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz am Mittwoch in Berlin.

Ständiger Corona-Krisenstab im Kanzleramt

Der voraussichtliche künftige Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Einrichtung eines ständigen Bund-Länder-Krisenstabs im Kanzleramt zum Kampf gegen die dramatische Entwicklung in der Corona-Krise angekündigt. Die neue Bundesregierung werde die Einrichtung eines solchen Krisenstabes veranlassen, sagte Scholz am Mittwoch.