Ein Polizist, der privat auf der Autobahn unterwegs ist, beobachtet ein Rennen zwischen einem Porsche und einem Mercedes-Sportwagen. Er setzt einen Notruf ab, kann sich aber nicht zweifelsfrei an das Kennzeichen erinnern.

Böblingen: Carola Stadtmüller (cas)

Böblingen - Es war kein übermütiger junger Wilder, der am Dienstag vor dem Böblinger Amtsgericht wegen der Teilnahme an einem illegalen Straßenrennen angeklagt war, sondern ein Geschäftsführer, Jahrgang 1981, aus dem Raum Aalen. Und er bestritt auch nicht, mit seinem Porsche 911 im September 2019 auf der Autobahn 81 Richtung Singen gefahren zu sein. Aber er bestritt, an einem Rennen teilgenommen zu haben. Und die Staatsanwaltschaft konnte das Gegenteil nicht zweifelsfrei beweisen. Folglich wurde der Mann freigesprochen, „wenn auch viele Indizien gegen Sie sprechen“, wie es die Vorsitzende Richterin in der Urteilsbegründung formulierte.

 

A 81 bei Rasern beliebt

Illegale Straßenrennen stehen seit den tragischen Unfällen mit Toten in Berlin und Stuttgart besonders im Fokus der Öffentlichkeit. Auch im Kreis Böblingen gab und gibt es solche Rennen, vor allem auf einer schnurgeraden Straße auf dem Flugfeld. Auch Teile der A 81 stehen auf der Beliebtheitsskala von Rasern recht weit oben – ist die Autobahn in Richtung Bodensee doch meist wenig befahren, und auf vielen Abschnitten gibt es kein Tempolimit. Dass aber jemand in flagranti erwischt wird, und dann noch von einem Polizisten, der privat unterwegs ist, gleicht einem Sechser im Lotto.

So geschehen Anfang September 2019: ein Kriminaloberkommissar fuhr mit seinem Auto durch den Schönbuchtunnel, als er im rechten Außenspiegel einen schwarzen Porsche 911 und einen roten Mercedes Sportwagen auf dem Standstreifen heranrasen sah.

„Da ist was im Gange“

„Ich bin total erschrocken“, schilderte er seine Erinnerung vor Gericht. Die beiden Wagen hätten „sehr schnell“ auf dem Standstreifen mehrere Autos rechts überholt und hätten nach einigen Hundert Metern wieder nach links auf die Fahrbahn gewechselt. „Die Straße war voll. Und für mich war klar, dass da was im Gange war“, sagte der Polizeibeamte. Die beiden hätten „einen dynamischen Straßenverlauf gesucht“.

Der Kommissar setzte einen Notruf ab, worauf sich eine Streifenwagenbesatzung an der Ausfahrt Villingen-Schwennigen postierte und kurze Zeit später den Porsche des Angeklagten, der mit Tempo 200 oder mehr unterwegs gewesen sei, anhielt.

Wenig später erreichte auch der Zeuge diesen Parkplatz. Er war sich umgehend sicher, den Porsche wiederzuerkennen. Die Kriterien, die er vor Gericht auch mehrfach wiederholen musste: schwarzer Porsche, 911er aus der Reihe 996 oder 997, Heckspoiler und ein schmales Kennzeichen, das mit „A“ beginnt – nicht weniger, aber eben auch nicht mehr.

In dubio pro reo – aber Zweifel bleiben

Das genaue Kennzeichen hatte der Zeuge nur vom Mercedes notiert. Warum gegen den Fahrer dieses Sportwagens, der bei einer Stuttgarter Firma gemietet war, nicht weiter ermittelt wurde, erörterte das Gericht nicht. Möglicherweise wäre dem weiter nachgegangen worden, wenn durch das Rennen Menschen gestorben wären?

Der Verteidiger legte deshalb folgende Variante dar: Der Angeklagte könnte an besagtem Tag stets vor dem Zeugen auf der A 81 gefahren sein, und die beiden Raser zwischen Herrenberg und Villingen-Schwenningen exakt 13 Mal über Ausfahrten die Autobahn verlassen haben. Zudem sehe er kein Rennen, das sich da auf der A 81 abgespielt haben soll.

Das sah die Vorsitzende Richterin anders: „Das war ein Rennen, da besteht kein Zweifel.“ Ganz ohne Zweifel konnte aber eben nicht belegt werden, dass der Angeklagte ein Teilnehmer dieses Rennens gewesen sei. Deshalb müsse der Grundsatz gelten: „In dubio pro reo.“ Im Zweifel für den Angeklagten.