Die Zahl der erkannten Corona-Neuinfektionen steigt seit Wochen, die der Verstorbenen aber so gut wie nicht. Das Robert-Koch-Institut erklärt, wie es dazu kommt – und wie Todesfälle verhindert werden können.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Die Zahl der erfassten Corona-Neuinfektionen steigt stetig an, zuletzt steckten sich deutschlandweit nachweislich 11 000 Menschen pro Woche neu an. Die Zahl der an und mit Covid-19 Verstorbenen steigt allerdings kaum; im Mittel liegt sie bei fünf Todesfällen pro Tag. Woran liegt das?

 

In seinem aktuellen Lagebericht geht das Robert-Koch-Institut (RKI) auf diese Frage ein. Dass derzeit relativ wenige Menschen an und mit Covid-19 versterben, habe im Wesentlichen zwei Gründe: das durchschnittliche Alter der Infizierten sowie die Zunahme der Testkapazitäten.

Beide Kennzahlen hängen mit den Todesfällen zusammen. Besonders deutlich wird dies beim mittleren Alter der Infizierten. Das folgende Diagramm zeigt die Entwicklung des mittleren Alters der Erkrankten sowie den Anteil der Verstorbenen seit Ausbruch der Pandemie im März. Für die letzten drei Kalenderwochen sind die Werte noch nicht aussagekräftig, da der Verlauf der Erkrankung noch nicht bei allen Fällen klar ist.

Es zeigt sich, dass Covid-19 schwerer verläuft, wenn die Erkrankten älter sind. Das deckt sich auch mit vielen anderen Erkenntnissen zur Pandemie. Bei Jüngeren ist das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs mit Todesfolge schlicht geringer. Weil sich seit der Hochphase der Pandemie im April zunehmend jüngere Menschen angesteckt haben, sinkt auch der Anteil der Verstorbenen.

Das zeigt sich deutlich etwa an den Zahlen des Landesgesundheitsamts für Baden-Württemberg. Demnach haben sich in den Sommerferien schwerpunktmäßig 15- bis 34-Jährige nachweislich mit dem Virus infiziert – im Frühjahr waren es dagegen vor allem Über-80-Jährige.

Virus ist immer noch gefährlich

Das Robert-Koch-Institut weist auf einen weiteren Zusammenhang hin: Wegen der seit dem Frühjahr deutlich gestiegenen Anzahl an Corona-Tests „werden zunehmend nicht nur Menschen getestet, die entweder durch die Schwere der Symptomatik auffielen oder im Umfeld eines schwer verlaufenden Falls dem Virus ausgesetzt waren“. Weil dadurch mehr Infizierte und Erkrankte auch mit weniger schwerem Verlauf identifiziert wurden, sinkt der Anteil der schweren Verläufe.

Gleichsam sei der Anteil der Verstorbenen unter denjenigen Patienten, die im Krankenhaus oder sogar auf der Intensivstation behandelt wurden, „relativ stabil“, so das RKI. Hinweise auf eine abnehmende Gesundheitsgefährdung durch das Coronavirus bei Risikogruppen „gibt es bisher nicht“, so das RKI. Und weiter: „Bei stärkerer Verbreitung in höheren Altersgruppen muss weiterhin mit vermehrten schweren Krankheitsverläufen und Todesfällen gerechnet werden“. Nur wenn sich das Coronavirus unter Risikogruppen – also insbesondere älteren Personen und Menschen mit Vorerkrankungen – nicht wieder ausbreite, könne die Zahl der schweren Krankheitsverläufe und Todesfälle so gering bleiben wie zuletzt.