Die CSU hat mit der Einführung der Maut ihr letztes Wahlkampfversprechen eingelöst. Eine Analyse von Norbert Wallet

Berlin - Die CSU war schnell mit ihrem Tweet. Kaum machte der Bundesrat am Freitag den Weg für die Pkw-Mau frei, twitterte die bayerische Parteizentrale schon ein Bild, das einen nach oben gereckten Daumen vor dem Parteilogo zeigte. Soll heißen: Job erledigt, wir haben uns durchgesetzt. So sah es auch der CSU-Chef Horst Seehofer, der darüber jubelte, dass die CSU nun auch ihr letztes Wahlkampfversprechen aus dem Bundestagswahlkampf 2013 erfüllt habe. Und damit hat Seehofer recht. Er hat sich politisch durchgesetzt, was angesichts des großen Widerstands, nicht zuletzt durch die Bundeskanzlerin, tatsächlich eine respektable Leistung ist. Alle Vorzeichen standen gegen das Projekt: innenpolitisch wie auch aus EU-Sicht. Man darf der CSU und ihrem Bundesverkehrsminister also Respekt zollen für ihr taktisches Geschick und ihr Gespür für das Betätigen der richtigen Hebel zur richtigen Zeit.

 

Damit endet das Lob aber auch, denn inhaltlich ist die Maut ein trostloses Unterfangen. Es spricht für sich, dass selbst die CSU am Ende nur noch mit einem Argument geworben hat, das auf die Formel hinausläuft: Die anderen machen es doch auch. Das sagt leider nichts über den Sinn der Sache selbst. Der lässt sich nämlich kaum finden. Mit riesigem bürokratischem Aufwand wird am Ende allenfalls eine halbe Milliarde Euro generiert, es gibt kaum eine Lenkungswirkung und es wird ein ordnungspolitisch verhängnisvoller Weg eröffnet, die Finanzierung öffentlicher Infrastruktur vom Steuertopf wegzuverlagern. Das alles war der CSU bewusst. Und auch den Landesregierungen mit CDU-Beteiligung, die die Maut im Bundesrat passieren ließen. Thomas Strobl (CDU) ließ noch zu Berliner Zeiten kaum ein gutes Haar an dem Projekt. Nun ebnete auch er den Weg, denn allen im Unionslager ist klar: Hier geht es um ein Symbol.

Die hässliche Seite der Politik: So sieht Symbolpolitik aus

Aus der Sicht der Bürger ist genau das die hässliche Seite der Politik. Wenn es nämlich nicht um die Sache geht, sondern darum, sich durchzusetzen, gut auszusehen, Stärke zu zeigen. Das ist, wohlgemerkt, ein Spiel, das alle Parteien spielen: Projekte ins Schaufenster stellen, die gut aussehen, obwohl man weiß, dass sie das Problem nicht lösen. Beispiele gefällig? Das Entgeltgleichheitsgesetz ist für die Regierung ein wunderbares Werkzeug: der vermeintliche Beweis dafür, dass sie die Lohnlücke zwischen Männer und Frauen, die in Wahrheit viel kleiner ist als die oft kolportierten 21 Prozent, nun geschlossen wird. Das von der Koalition verabschiedete Gesetz gilt aber gar nicht für die Bereiche, wo es am ehesten zu diskriminierenden Unterschieden kommen kann: bei kleinen Unternehmen unter 200 Beschäftigten. Wer Frauen wirklich zu besseren Verdiensten verhelfen will, muss ihnen helfen, aus der Teilzeitfalle zu entkommen. Das aber scheiterte in dieser Woche am Widerstand der Union. Das ist Symbolpolitik.

Ein anderes Beispiel ist der ebenfalls in dieser Woche von der Koalition beschlossene verschärfte Strafrahmen bei Wohnungseinbrüchen, für die nun grundsätzlich eine Mindeststrafe von einem Jahr festgeschrieben ist. Dabei ist den Experten klar, dass das beste Mittel zur Reduzierung der Einbruchszahlen eine bessere Prävention durch einbruchssichernde Maßnahmen und eine hohe Aufklärungsquote ist. Es ist keineswegs so, dass die Regierung hier untätig geblieben ist. Aber die Heraufsetzung des Strafrahmens, die die Balance im Strafrecht bei der Strafbemessung durcheinanderbringt (bei Körperverletzung gibt es keine Mindeststrafe), suggeriert eine Politik der Härte, die allein genommen keineswegs das angestrebte Ziel erreicht. Große Geste ohne Wirkung – auch so sieht Symbolpolitik aus.