Nach einer heftigen Prügelattacke auf einen 23-Jährigen im Rems-Murr-Kreis stehen drei junge Männer vor Gericht. Trotz eines Vergleichs mit dem Opfer geht der Strafprozess gegen sie nun weiter.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Weinstadt/Stuttgart - Dass sie im März am Bahnhof von Weinstadt-Beutelsbach einen 23-Jährigen verprügelt und gegen eine ausfahrende Bahn gestoßen haben, haben drei damals 17- bis 21-Jährige schon zugegeben. Nun muss das Landgericht Stuttgart die juristischen Feinheiten klären: Immerhin steht nicht nur gefährliche Körperverletzung und räuberische Erpressung in der Anklageschrift, sondern auch versuchter Totschlag.

 

In jener Nacht hatte es beim Aussteigen eine Rempelei zwischen den Beteiligten gegeben. Danach schlugen und traten der 20- und der 21-Jährige auf den 23-Jährigen ein – auch dann noch, als er am Boden lag. Seine Freundin, die ihn am Bahnsteig abholen wollte, versuchte vergeblich, ihn abzuschirmen. Als sich andere Zeugen einschalteten, wurde auch einer von ihnen geschlagen – dieses Mal mischte auch der 17-jährige, dritte Angeklagte mit.

Auch das Opfer hatte damals Alkohol getrunken

Der Rechtsanwalt des Opfers und die Verteidiger der Angeklagten einigten sich darauf, dem 23-Jährigen insgesamt 5000 Euro zu zahlen. Zudem tragen sie die Kosten für die Zahnbehandlungen von etwa 2000 Euro – zwei Zähne hatten sie ihm ausgeschlagen. Dass der Vorfall für den jungen Mann mit der Schmerzensgeldzahlung erledigt ist, erscheint aber fraglich. „Ich denke nicht, dass der Vergleich für ihn einen stark befriedigenden Charakter hat“, sagte sein Anwalt. Der strafrechtliche Teil des Prozesses geht weiter.

Eine Entschuldigung von den drei Angeklagten hat der 23-Jährige vor Gericht nicht hören wollen. Auch er hatte damals Alkohol getrunken und erinnerte sich schon bei der Polizei nur lückenhaft an den Vorfall. Er habe aber – entgegen der Version der Angeklagten – niemanden beleidigt und nicht zuerst zugeschlagen.

Streit um die knappen Zuschauerplätze im Landgericht Stuttgart

Die Angeklagten sagten vor Gericht, sie verstünden nicht, wie die Situation derart eskalieren konnte. Der 20-Jährige, der als einziger des Trios wegen versuchten Totschlags in Untersuchungshaft sitzt, hatte sich in den Tagen nach dem Vorfall einer Lehrerin anvertraut. Diese beschrieb ihn vor Gericht als „sehr motiviert und stets respektvoll“. Er biete ihr sogar öfter an, ihre Unterlagen zu tragen.

Dass zumindest der 21-jährige Angeklagte aus Remshalden ein aufbrausendes Temperament hat, bewies er, als eine Diskussion um die Verteilung der knappen Zuschauerplätze ausbrach. „Sie gehört zur Familie und damit basta“, pöbelte er zwei Wachtmeisterinnen an, die eine junge Frau aus seinem Umfeld gebeten hatten, der Mutter eines Zeugen ihren Sitzplatz kurz zur Verfügung zu stellen. Die Verhandlung wird am 2. Oktober fortgesetzt.