Die türkischen Sicherheitsbehörden fahnden unter Hochdruck nach dem Täter, der in der Silvesternacht einen Anschlag auf einen Istanbuler Nachtclub verübt hat. Kurdische Gruppen weisen unterdessen jede Verantwortung für das Massaker von sich.

Istanbul - Mit einem massiven Aufgebot suchen die türkischen Sicherheitsbehörden den flüchtigen Täter des Istanbuler Nachtclub-Anschlags. Ministerpräsident Binali Yildirim ließ am Sonntag offen, in welche Richtung ermittelt werde, er sprach lediglich von einem „bewaffneten Terroristen“. Eine Bekennernachricht lag zunächst nicht vor. Bei dem Anschlag waren am Silvesterabend 35 Menschen getötet worden, 24 von ihnen waren Ausländer. Die Ermittler arbeiteten „mit Nachdruck“ daran, den Täter zu identifizieren, sagte Yildirim. Innenminister Süleyman Soylu sagte, der Attentäter habe sein Gewehr unter einem Mantel verborgen und womöglich die Kleidung gewechselt, bevor er den Club verließ. „Ich hoffe, er wird schnell gefasst, so Gott will.“

 

Zuletzt hatte es in der Türkei immer wieder Anschläge gegeben, die auf das Konto der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) oder kurdischer Extremisten gingen. Im Falle des Nachtclub-Anschlags vermieden die Behörden zunächst Schuldzuweisungen, sie benannten keine Verdächtigen. Von kurdischer Seite wurde die Verantwortung für das Attentat abgewiesen. Die Agentur Firat, die der verbotenen Kurdenpartei PKK nahesteht, zitierte deren Chef Murat Karayilan mit der Aussage, dass keine kurdische Gruppierung hinter der Tat stecke.

Bürger arabischer Staaten sind unter den Toten

Die Mehrzahl der Todesopfer kam aus dem Ausland. Die türkische Familienministerin Fatma Betul Sayan Kaya sagte, es seien vor allem Bürger arabischer Staaten unter den Opfern. Nach amtlichen Angaben waren unter den Getöteten Staatsbürger Belgiens, Frankreichs, Tunesiens, Israels, Indiens, Saudi-Arabiens, des Libanon, Jordaniens, des Irak und Libyens. Deutsche Opfer wurden zunächst nicht bestätigt. Der Attentäter hatte früh am Neujahrstag laut türkischen Behörden zunächst einen Polizisten und einen Zivilisten erschossen, dann tötete er wahllos Partygäste im Club „Reina“.

Der Attentäter attackierte den bei Prominenten und Touristen beliebten Nachtclub am Bosporus-Ufer, als das neue Jahr in der Türkei gerade einmal eine gute Stunde alt war. In dem auf der europäischen Seite von Istanbul gelegenen Club mit mehreren Restaurants und Tanzflächen hielten sich zur Silvesterfeier bis zu 800 Menschen auf. „Sie wollen die Moral unseres Landes zerstören und Chaos verbreiten, indem sie mit diesen schändlichen Angriffen gezielt Zivilisten attackieren“, erklärte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. Die Türkei sei aber entschlossen, „den Kampf gegen den Terror“ fortzusetzen.

Attentat weckt Erinnerungen an Attentatserie von Paris

Der Clubbesitzer Mehmet Kocarslan verurteilte den Angriff. „Unser Herz blutet“, schrieb er auf seiner Facebook-Seite. Das Attentat weckte auch Erinnerungen an die islamistische Attentatserie in Paris vom November 2015, als allein in der Pariser Konzerthalle Bataclan dutzende Menschen getötet wurden. International wurde das Attentat scharf verurteilt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bezeichnete in einem Beileidschreiben an Erdogan das Attentat als „menschenverachtenden und hinterhältigen Anschlag“. Auch Bundespräsident Joachim Gauck äußerte „Trauer und Entsetzen“ über die „perfide Tat“. Papst Franziskus verurteilte in seinen Neujahrswünschen die Gewalt in Istanbul. Das „Reina“ ist eine der schicksten Adressen in Istanbul und bei Prominenten sehr beliebt. Nur wenige hundert Meter weiter fanden die offiziellen Silvesterfeierlichkeiten statt. Wegen der Anschlagsgefahr waren in Istanbul 17.000 Polizisten im Einsatz, es galten verschärfte Sicherheitsvorkehrungen in der Innenstadt.