Am Mittwoch, 29. März, wird beim Antennenfernsehen auf den neuen Empfangsstandard umgestellt. In Stuttgart ist die Zahl der Nutzer zwar gering, dennoch verzeichnen Elektromärkte großen Bedarf an Receivern.

Architektur/Bauen/Wohnen: Andrea Jenewein (anj)

Stuttgart - Wer zu viel Fernsehen sieht, bekommt viereckige Augen. So mahnten die Eltern einst – und gewiss tun sie dies immer noch. Doch heute reicht längst nicht mehr nur ein viereckiger Kasten, um sich die Augen viereckig zu gucken. Der eine hat, um Fernsehen zu empfangen, ein runde Satellitenschüssel, der andere ist am viereckigen Kabelkasten angeschlossen, der nächste besitzt irgendein Gerät, mit dem er über das Internet Fernsehen schauen kann – und diejenigen, die noch über Antenne gucken, haben zusätzlich eine Empfangsbox.

 

Und letztere brauchen vom 29. März an einen neuen Receiver oder einen Fernseher mit eingebautem Empfänger. Denn dann wird das Antennenfernsehen in Stuttgart von DVB-T auf DVB-T2 HD umgestellt. Obschon dies lange bekannt ist, kümmern sich viele erst jetzt um das Problem. So ist derzeit der Andrang in den Elektrofachmärkte groß. „In den Gebieten, die von der Umstellung betroffen sind, steigt das Interesse an entsprechenden Empfangsgeräten oder an Fernsehern mit integriertem DVB-T2 HD Modul schon seit längerem kontinuierlich“, sagt eine Sprecherin der Media Markt Saturn Retail Group.

Es kann eventuell zu Engpässen bei einzelnen Geräten kommen

In den vergangenen Wochen habe die Nachfrage nochmals deutlich zugenommen. Das sei auch im Raum Stuttgart der Fall, wenngleich viele Stuttgarter Haushalte Kabel-TV nutzten. Grundsätzlich seien die Märkte – Saturn wie Media Markt – für die Umstellung gut gerüstet. „Jedoch möchten wir nicht ausschließen, dass es in den Tagen rund um den 29. März vereinzelt zu Engpässen kommen kann“, sagt die Sprecherin des Unternehmens. Der Beratungsbedarf der Kunden sei unterschiedlich. „Viele sind bereits vorinformiert und wissen, welche technische Ausstattung sie konkret benötigen. Dennoch ist der Aufklärungsbedarf teilweise noch hoch“, so die Sprecherin. Das bestätigt auch Harry Braith, Inhaber von Media@home Eberle, einer Fachhandlung am Hölderlinplatz im Stuttgarter Westen. „Die wenigsten Kunden wissen wirklich Bescheid und sind informiert“, sagt er.

Trotz Zeitdruck sollte man vorsichtig sein: Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg warnt über ihren TV-Experten Michael Gundall vor „unseriösen Vertretern, die die Verwirrung nutzen und Betroffenen Kabel- oder IPTV-Verträge anbieten“. Der Verbraucherschützer, kritisiert dass „nun zahlreiche Receiver nicht mehr taugen und durch die Umstellung viel Elektroschrott anfällt“. Er weist ferner darauf hin, dass „auf Verbraucher für das private Fernsehen Kosten zukommen“. Denn für private Sender werden DVB-T2 HD-Nutzer nach der Übergangszeit von drei Monaten 69 Euro pro Jahr bezahlen müssen. Für den Empfang benötigt man einen Decoder, der als Modul in den Fernseher gesteckt wird, oder eine separate Freenet-Empfangsbox.

Allerdings waren, anders als in vielen anderen Bundesländern, in Baden-Württemberg bisher nur die öffentlich-rechtlichen Sender über Antenne zu empfangen und keine privaten. Das liegt darin begründet, erklärt Axel Dürr von der Landesanstalt für Kommunikation (LFK), dass es im Land zum einen eine gute Kabelanbindung gäbe, zum anderen darin, dass Baden-Württemberg sehr hügelig ist, sodass viele Sendemasten benötigt würden. Das führe wiederum dazu, dass das Antennenfernsehen der teuerste Übertragungsweg sei. „Die privaten Sender haben sich schlicht gesträubt, diese Gebühr zu bezahlen“, sagt Dürr.

Das Fehlen von privaten Sendern führte bisher dazu, dass die Zahl der Haushalte, die Antennenfernsehen nutzen, in Baden-Württemberg sehr niedrig ist, sagt Dürr. Sie liege bei vier Prozent. In anderen Ballungsräumen wie Berlin oder Hamburg betrage sie zwischen 14 und 18 Prozent. Durch die Umstellung auf DVB-T2 HD würden die Verbreitungskosten durch die Komprimierung günstiger. „Das ist ein Vorteil für Baden-Württemberg“, so Dürr. Den viereckigen Augen steht also nichts mehr im Wege.