Die Stimmung ist aufgeheizt: Der Nahostkonflikt macht auch vor Baden-Württemberg nicht halt. Anti-Israel-Demos machen den Juden im Land Angst. In Stuttgart wollen am Freitag rund 2000 Menschen auf die Straße gehen.

Die Stimmung ist aufgeheizt: Der Nahostkonflikt macht auch vor Baden-Württemberg nicht halt. Anti-Israel-Demos machen den Juden im Land Angst. In Stuttgart wollen am Freitag rund 2000 Menschen auf die Straße gehen.

 

Stuttgart - Die Demonstrationen in deutschen Städten gegen Israels Vorgehen im Gazastreifen haben Besorgnis auch bei Juden in Baden-Württemberg ausgelöst. Es wächst die Angst, die traditionelle Kopfbedeckung, die Kippa, öffentlich zu tragen. An diesem Freitag und am Wochenende sind erneut Demonstrationen gegen die israelischen Angriffe im Gazastreifen geplant. Bei vorherigen Aktionen in Deutschland kam es zu antisemitischen Beleidigungen.

„Das Sicherheitsgefühl der Juden in Deutschland hat sich durch die Demos einmal mehr verschlechtert“, sagte der Rektor der Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg, Johannes Heil. „Es haben schon vor den Demos viele Juden in Deutschland gezögert, öffentlich ihre Kippa zu tragen - dieses Gefühl hat sich jetzt noch verstärkt.“

In mehreren Städten hatte es in den vergangenen Tagen Proteste gegen die Angriffe Israels im Gazastreifen gegeben. „Man fühlt sich als Jude angesichts der Demonstrationen persönlich ausgegrenzt und ängstlich, weil man nicht weiß, was passiert, wenn man in die Hände dieses Mobs fällt“, sagte Heil, der selbst allerdings kein Jude ist. An seiner Hochschule studieren rund 160 Menschen Jüdische Studien, etwa 40 Prozent davon sind Juden.

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In der Landeshauptstadt Stuttgart wird am Freitag ein Protestzug mit 2500 Menschen gegen die israelischen Angriffe im Gazastreifen erwartet. „Wir haben den Veranstaltern klar gemacht, dass Kritik an der deutschen und israelischen Politik geduldet wird. Nicht geduldet werden antisemitische Äußerungen“, sagte ein Sprecher der Stadt. Laut Polizei werden Hunderte Polizisten bei der Demo im Einsatz sein. Mitte Juli war es bei einer solchen Demo in Stuttgart zu Ausschreitungen gekommen.

„Wir protestieren gegen die Angriffe Israels auf Gaza und nicht gegen die jüdische Gemeinde oder Religion“, sagte Bassam Muqbel, der Vorsitzende der Palästinensischen Gemeinde Deutschland-Stuttgart. „Wir haben einen politischen Konflikt und keinen religiösen.“ Am Samstag sind laut Innenministerium unter anderem in Heilbronn und Tuttlingen Demonstrationen geplant.

Am vergangenen Samstag gingen in Mannheim rund 4500 Menschen auf die Straße. Laut Polizei gab es bei den Demonstrationen keine größeren Zwischenfälle. Allerdings wurden vereinzelt israelfeindliche Sprechchöre und Plakate registriert.

„Wenn unfriedliche Parolen gerufen werden, ist die Frage, ob man von einer friedlichen Demo sprechen kann“, kritisierte der Rektor der Heideleerger Hochschule für Jüdische Studien, Heil. „Ich würde eher sagen: Die Mannheimer Demo war gewaltlos - aber nicht friedlich.“

Bei den Aktionen sei eine Grenze deutlich überschritten worden: „Natürlich kann man die israelische Regierung für ihr militärisches Eingreifen in Gaza kritisieren, aber die Parolen der Demos gehen weit darüber hinaus“, sagte Heil. „Wenn Juden als Schweine bezeichnet werden, ist das inakzeptabel und sollte sofort unterbunden werden - gerade mit Blick auf die deutsche Vergangenheit.“ Auf den Demos kämen merkwürdige Konstellationen zusammen: „Muslime, Hooligans und Neonazis bilden ein seltsames Sammelsurium aus Interessen und Gruppen.“