Eine neue Vergewaltigungsanzeige gegen Regisseur Roman Polanski bringt die Schweizer Justizbehörden auf den Plan. Die Tat soll vor 45 Jahren passiert sein, sagt jetzt eine Deutsche.

St. Gallen - Nach einer neuen Vergewaltigungsanzeige gegen den französisch-polnischen Regisseur Roman Polanski müssen Schweizer Staatsanwälte zunächst eine mögliche Verjährung des Falls klären. Die Staatsanwaltschaft St. Gallen bestätigte der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch den Eingang der Anzeige. Eine Deutsche beschuldige Polanski (84), sie 1972 in Gstaad in der Schweiz vergewaltigt zu haben, sagte Staatsanwalt Roman Dobler in St. Gallen. Sie sei zu dem Zeitpunkt 15 Jahre alt gewesen. Polanskis Anwalt in Paris war am Mittwoch zunächst nicht zu erreichen.

 

Die Frau hatte die Klage Ende September bei der Kantonspolizei in St. Gallen eingereicht. Weil Gstaad aber im Kanton Bern liegt, seien die Behörden in Bern zuständig, so Dobler. „Wir leiten heute ein Übernahmeersuchen an die Staatsanwaltschaft Bern weiter. Dort werden dann zwei Dinge geprüft: ist die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern zuständig? Und: Ist die Tat allenfalls verjährt?“, sagte Dobler am Mittwoch.

„Verjährungsregeln haben sich im Laufe der Jahre mehrmals geändert. Wenn Opfer bei Sexualdelikten unter 16 Jahre alt sind, gelten zudem besondere Regeln. Der Fall muss von der zuständigen Staatsanwaltschaft geprüft werden.“ Wie lange eine solche Prüfung dauert, konnte Dobler nicht sagen.

Polanski war am Montag beim Filmfestival in Zürich

Polanski („Der Pianist“, „Tanz der Vampire“) war am Montag beim Filmfestival in Zürich bei der Vorführung seines Films „Based on a True Story - D’apres une histoire vraie“. Er sei nicht mehr in der Stadt, sagte eine Sprecherin des Festivals am Mittwoch.

Die US-Justiz ermittelt bereits seit fast 40 Jahren wegen des Verdachts von Sexualdelikten gegen Polanski. Der Filmemacher hatte 1977 zugegeben, Sex mit einer 13-Jährigen gehabt zu haben, den Vorwurf einer Vergewaltigung aber zurückgewiesen. Polanski verbrachte damals 42 Tage unter psychiatrischer Beobachtung und floh aus Angst vor einer längeren Gefängnisstrafe 1978 unmittelbar vor der Urteilsverkündung nach Frankreich. Er betrat die USA seitdem nie wieder. Trotz der Bitte seines Opfers um eine Einstellung des Gerichtsprozesses verfolgt die US-Justiz die Jahrzehnte zurückreichenden Vergewaltigungsvorwürfe gegen Polanski weiter.

In der Schweiz war Polanski deshalb 2009 bei der Einreise einmal festgenommen worden. Er wurde monatelang unter Hausarrest gestellt, ehe die Schweiz einen Antrag auf Auslieferung an die USA ablehnte. Unter Hausarrest lebte Polanski damals in Gstaad. Auch Polen lehnte 2015 eine Auslieferung ab.