Nach der Milliardenstrafe im Patentstreit mit Apple gerät die Aktie von Samsung unter Druck. Apple hat derweil auch andere Konkurrenten im Visier.

Stuttgart - Die schlechten Nachrichten für Samsung reißen nicht ab: Nachdem der koreanische Elektronikriese wegen Verletzung mehrerer Apple-Smartphone-Patente am Freitag zu einer Milliarde Dollar Schadenersatz verurteilt worden war, hat sich nun die Samsung-Aktie auf Talfahrt begeben. Das Papier brach am Montag um 7,5 Prozent ein, womit der Technologiekonzern mehr als zwölf Milliarden Dollar an Börsenwert verlor.

 

Da das Geschworenengericht von mutwilligen Patentverletzungen überzeugt war, kann der Schadenersatz verdreifacht werden. Für die kommenden Tage wird mit einem entsprechenden Antrag von Apple gerechnet. Die Geschworenen hatten unter anderem eine Verletzung von Apple-Patenten für das iPhone-Design sowie für die Touchscreen-Bedienung festgestellt.

Viele Anleger befürchten, dass Samsung mit seiner erfolgreichen Galaxy-Reihe nach dem Urteil ein Verkaufsverbot in den USA bevorsteht. Davon betroffen wären hauptsächlich ältere Geräte, da die Klage von Apple aus dem Frühjahr 2011 datiert. Ob Apple auch gegen Samsungs neuestes Smartphone-Flaggschiff, das Galaxy S III, vorgeht, ist noch unklar.

Samsung will Entscheidung kippen

Samsung will versuchen, die Entscheidung der neun Geschworenen zu kippen, noch bevor sie von Richterin Lucy Koh offiziell bestätigt wird. „Wir werden alles geben, bis unsere Argumente angenommen werden“, hieß es in einem offiziellen Blogeintag am Montag. Der Konzern verweist auch auf anders ausgefallene Verfahren in Ländern wie Großbritannien, Deutschland, Südkorea und den Niederlanden. Richterin Koh hat jetzt einige Wochen Zeit für das endgültige Urteil. Es passiert selten, dass eine Geschworenen-Entscheidung von einem Richter gekippt wird. Koh hatte noch am Freitag das 20-seitige Geschworenen-Votum überprüft und wegen zwei kleineren Fehlern die Schadenersatzsumme um 2,4 Millionen Dollar gesenkt.

Das Urteil könnte weitreichende Folgen für die Entwicklung des Handymarktes haben: Es hat gezeigt, dass es durchaus möglich ist, Patentansprüche vor Gericht durchzusetzen. Jetzt dürften auch andere Hersteller vorsichtiger werden, wenn es um von Apple patentierte Technologien geht. Apple hatte verschiedene Hersteller von Geräten mit dem Google-Betriebssystem Android mit Patentklagen angegriffen – neben Samsung vor allem auch Motorola und HTC, aber nicht Google selbst.

Google gibt sich unschuldig

Google betonte in einer Stellungnahme, die meisten betroffenen Patente hätten keine Verbindung zum Kern des Android-Systems. Einige von ihnen würden zudem von der US-Patentbehörde auf den Prüfstand gestellt. Die Mobilfunkbranche entwickele sich schnell, und alle Beteiligten „bauen auf Ideen auf, die es schon seit Jahrzehnten gab“. Aus von Apple in dem Prozess präsentierten Unterlangen ging hervor, dass Google Samsung seinerzeit gewarnt haben soll, das Design stärker von Apples Geräten zu unterscheiden.

Der verlorene Prozess sei zwar schlecht für Samsung, meinte Brian Park vom Wertpapierhaus Tong Yang Securities in Seoul, aber langfristig werde sich das Urteil nicht auf Samsungs Ruf auswirken. „Samsung hat bereits einen festen Kundenstamm.“ Der deutsche Patentexperte Florian Müller betonte in einem Blogeintrag, dass das Geschworenenurteil Samsung nicht aus dem US-Markt herausdrängen werde. „Samsung kann und wird seine Geräte um die Apple-Designpatente herum designen, und sie können und werden mit Google zusammenarbeiten, um Apples Softwarepatente zu umgehen“, schrieb er weiter. Die Produkte könnten am Ende zwar etwas weniger ansprechend aussehen, aber wären immer noch markttauglich.

Flut an Patentklagen geht weiter

Viele Experten glauben, dass die Flut an Patentklagen im Softwarebereich nach dem jüngsten Urteil weitergeht. „Die Tendenz wird sich fortsetzen“, sagte Johannes Sommer vom Bundesverband Informations- und Kommunikationstechnologie der Stuttgarter Zeitung. Bedenklich sei, dass es sich bei den Patenten oft um völlig selbstverständliche Funktionsweisen handle. „Monopolansprüche kommen hier einem Denkverbot gleich“, so Sommer. Im Gegensatz zu den USA, wo man Software grundsätzlich eine Patentfähigkeit zugestehe, sei dieses Thema in Europa umstritten. Für Deutschland, wo auch viele solcher Patentklagen verhandelt werden, spricht sich Sommer daher dafür aus, Patente auf Computerprogramme restriktiver auszuschließen. „Das Gesetz steht, es müsste nur stringenter angewendet werden.“