„Aquarius“ mit David Duchovny Beschädigter Schutzengel

In der Cop-Serie „Aquarius“ spielt David Duchovny einen Polizisten, der Geständnisse erprügelt. Vorm Hintergrund der Hippie-Ära werden konservative Werte hochgehalten. Trotzdem ist das nicht uninteressant.
Stuttgart - Wenn der Polizist Sam Hodiak seine Ermittlungsmethoden im Los Angeles der sechziger Jahre möglichst kurz erklären müsste, käme er mit einem Wort aus: Einschüchterung. Der Stupfelhaarträger, den in der Serie „Aquarius“ David Duchovny spielt, ist ein harter Brocken. Wenn er etwas wissen will, schlägt er gegebenenfalls zu. Vor allem aber versteht er zu vermitteln, dass er noch brutaler hinlangen könnte. Er wirkt wie die fleischgewordene Polizeibrutalität, gegen die Bürgerrechtler in den USA seit langem zu Felde ziehen.
Man mag sich gar nicht vorstellen, was für ein Glanzstück „Aquarius“ hätte werden können, wäre der Stoff unter den Fittichen von mutigeren Unternehmen wie HBO oder Netflix entwickelt worden. Aber „Aquarius“ ist der Versuch eines der alten Networks, NBC nämlich, zum horizontalen Erzählen der wendigen Konkurrenz aufzuschließen und doch das Stammpublikum nicht zu verschrecken.
Fraglos seichter als bei Netflix
Was bei Netflix sorgfältig und differenziert erkundet worden wäre, wird hier als Oberflächenreiz verheizt: die Gegenkultur der Sechziger, die kettensprengende Musik von damals, die Schreckgestalt Charles Manson, die rebellischen Black Panther, der Protest gegen den Vietnamkrieg, die Frauen- und die Schwulenbewegung. „Aquarius“ ist, nüchtern betrachtet, eine seichte Serie. Aber manchmal ist der richtige Kurzbefund die falsche Grundlage, um zu entscheiden, ob man in eine ausgedehnte Erzählung Zeit investieren sollte.
Hodiak hilft hier der großen Liebe seines Lebens, die einen anderen geheiratet hat. Deren Tochter (Emma Dumont) ist von zuhause abgehauen, und Hodiak findet sie in einer seltsamen Hippie-Kommune, in der ein gewisser Charles Manson (Gethin Anthony) eine Mixtur aus Guru und Zuhälter abgibt. Die Serie spielt mit unserem Vorwissen über diese nicht erfundene Figur, die in der Realität der Sechziger aus verwirrten und kaputten Jugendlichen einen mörderischen Kult formte.
Zu den interessanten Zügen von „Aquarius“ gehört der erzkonservative Blick. Mansons Kommune wird nicht als Entartung, sondern als logische Konsequenz des Hippiewesens dargestellt – so wie Hodiaks pragmatisches Mitmachen in der Mehrheitsgesellschaft den besseren Gegenentwurf zum Aufbegehren der Unruhigen und Ausstiegsbegierigen darstellt.
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