Im Kreis Göppingen findet der erste Warnstreik im privaten Omnibusgewerbe im Land statt. Die Fahrgäste verhalten sich erstaunlich ruhig. Die Gewerkschaft Verdi hat weitere Streiks angekündigt.

Digital Desk: Lena Hummel (len)

Kreis Göppingen - Am Göppinger Omnibusbahnhof herrscht am Donnerstagmittag der Ausnahmezustand: Zig Busfahrer haben sich unter ohrenbetäubendem Lärm ihrer Trillerpfeifen an dem Knotenpunkt versammelt. Auf ihren gelben Warnwesten und den großen Fahnen, die sie durch die Luft schwingen, prangt die Aufschrift „Verdi“. Busse, die vorbeifahren, werden ausgebuht. Der Grund für die Versammlung ist ein Busfahrerstreik im Raum Göppingen, zu dem die Gewerkschaft im Rahmen des Tarifkonflikts im privaten Omnibusgewerbe im Land aufgerufen hatte.

 

Dass der erste Warnstreik ausgerechnet in Göppingen stattfand, hatte seine Gründe: Laut dem Verdi-Verhandlungsführer Andreas Schackert sei Eberhard Geiger, der Geschäftsführer des Omnibusverkehrs Göppingen (OVG), der Verhandlungsführer der Arbeitgeber. „Er ist ohne eigenes Angebot in die Verhandlung gekommen, und deshalb fangen wir dort an, wo Herr Geiger sitzt, nämlich hier in Göppingen“, so Schackert. Die Gewerkschaft fordert für die 9000 Beschäftigten in der Branche eine Lohnerhöhung von 5,8 Prozent bei zwölf Monaten Laufzeit des Tarifvertrags. Laut Geiger ist diese Forderung allerdings erst am Ende der Verhandlung auf den Tisch gekommen. „Normalerweise liegt mir so was im Vorfeld schriftlich vor“, sagt er.

Der Warnstreik war „human“

Am Streik in Göppingen hätten sich zwar auch Mitarbeiter aus der Werkstatt beteiligt, hauptsächlich seien es aber Busfahrer gewesen, sagt Benjamin Stein, der Verdi-Geschäftsführer des Bezirks Fils-Neckar-Alb. Deshalb mussten sich viele Menschen im Kreis Göppingen nach anderen Verkehrsmitteln umsehen. Laut Stein hat der erste Warnstreik zwar „human“ erst um 8 Uhr angefangen, um die Kinder vorher sicher zur Schule zu bringen. Bis 13.30 Uhr legten aber rund 100 Beschäftigte von OVG und Sihler ihre Arbeit nieder.

Beim Landratsamt Göppingen seien am Donnerstag trotzdem keine direkten Reaktionen der Bürger eingegangen. Das teilte die Pressesprecherin Julia Schmalenberger auf Anfrage unserer Zeitung mit. Als möglichen Grund hierfür nennt sie die Informationen auf den Anzeigetafeln. Dort wurde den Fahrgästen mitgeteilt, dass „mit zahlreichen Fahrtausfällen und Einschränkungen“ zu rechnen sei. Auch der OVG-Geschäftsführer Eberhard Geiger bestätigt: „Es sind relativ wenige Beschwerden eingegangen.“ Lediglich 15 bis 20 Anrufe „informativer Art“ hätten das Unternehmen erreicht. Und das, obwohl der halbtätige Streik relativ kompliziert gewesen sei, weil die Fahrgäste nicht genau gewusst hätten, wann die Busse wieder fahren.

Die nächste Verhandlungsrunde im Tarifstreit ist am 7. Februar. Sowohl der Verhandlungsführer Schackert als auch der Verdi-Bezirksgeschäftsführer Stein kündigten an, dass es zu Streiks auch in weiteren Städten kommen könnte. Und die könnten wesentlich schlimmer ausfallen als der in Göppingen. Denn genauso, wie es die Entscheidung der Gewerkschaft gewesen sei, in Göppingen nur einen halben Tag zu streiken, sei es ihre Entscheidung, den Zeitraum auszuweiten, so Stein.