Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist im vergangenen Jahr deutlich gesunken. Im Vergleich zum Vorjahr ging sie um 195.000 Menschen zurück. Doch es gibt auch schlechte Nachrichten.

Der deutsche Arbeitsmarkt hat sich 2022 trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten stabil gezeigt. Es sei ein äußert schwieriges Jahr mit multiplen Belastungen wie Pandemie, Ukraine-Krieg, Inflation und Energie-Krise gewesen, sagte die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit (BA), Andrea Nahles, am Dienstag in Nürnberg. Diese hätten auch Spuren hinterlassen, aber angesichts der vielen Herausforderungen seien diese moderat gewesen. „Wir haben auch hier gesehen, wie sich Wirtschaft und Arbeitsmarkt doch zunehmend entkoppeln.“

 

Im Jahresdurchschnitt lag die Zahl der Arbeitslosen nach Angaben der Behörde bei 2,418 Millionen. Das waren 195 000 Menschen weniger als im Vorjahr. Die Arbeitslosenquote sank im Jahresdurchschnitt verglichen mit 2021 um 0,4 Prozentpunkte auf 5,3 Prozent. Ab der Jahresmitte sorgte die Erfassung ukrainischer Geflüchteter jedoch zu einem Anstieg bei Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung, wo Menschen in Maßnahmen wie Integrationskursen erfasst werden.

Weniger Kurzarbeit im Jahr 2022

Die Folgen des russischen Krieges gegen die Ukraine – Preisanstiege, Unsicherheiten, aber auch die Fluchtmigration – hätten zwar durchaus Spuren auf dem deutschen Arbeitsmarkt hinterlassen, sagte BA-Chefin Andrea Nahles. „Angesichts des Ausmaßes der Belastungen fallen diese aber moderat aus.“ Neben der Arbeitslosigkeit sei etwa auch die Unterbeschäftigung „deutlich gesunken“, um 181.000 Menschen verglichen mit 2021.

Dabei war vor allem die erste Jahreshälfte für die Rückgänge verantwortlich. Ab der Jahresmitte wurden auch ukrainische Geflüchtete von der Statistik erfasst - das führte wieder zu einer Zunahme von Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung.

Die Inanspruchnahme von Kurzarbeit ging 2022 deutlich zurück - auf im Schnitt 430.000 Beschäftigte, nach 1,85 Millionen im zweiten Corona-Jahr 2021. Kurzarbeit sicherte dabei rechnerisch Jobs für 160.000 Beschäftigte. 

Nachfrage nach Arbeitskräften ist weiterhin sehr hoch

Die Erwerbstätigkeit stieg mit 45,57 Millionen im Jahresdurchschnitt um 589.000 verglichen mit dem Vorjahr an. Auch die Nachfrage nach Arbeitskräften blieb laut BA auf einem „sehr hohen Niveau“ - sie stieg im Jahresvergleich um 139.000 auf im Schnitt 845.000 gemeldete Stellen.

Im Dezember zeigte sich der Arbeitsmarkt den Angaben zufolge ebenfalls robust. Die Zahl der Arbeitslosen stieg demnach wie in diesem Monat üblich mit Beginn der Winterpause um 20.000 auf 2,454 Millionen. „Bereinigt um saisonale Einflüsse ist jedoch ein Rückgang zu verzeichnen“, sagte Nahles, und zwar um 13.000 Arbeitslose. Die Arbeitslosenquote stieg leicht um 0,1 Punkte auf 5,4 Prozent. 

Verglichen mit dem Dezember des vorigen Jahres lag die Arbeitslosenzahl um 124.000 höher. Das lag allerdings an der Vielzahl ukrainischer Geflüchteter. Ohne ihre Berücksichtigung wäre die Arbeitslosigkeit in Deutschland im Vorjahresvergleich gesunken. Nach Angaben von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) waren im Dezember 185.000 ukrainische Staatsangehörige arbeitslos gemeldet, das waren 177.000 mehr als vor dem Beginn des Krieges Ende Februar.

Erwerbstätigkeit auf hohem Niveau

Heil sprach angesichts der stabilen Lage zum Jahresende von einer „positiven Nachricht zum neuen Jahr“. Die Erwerbstätigkeit habe den höchsten Stand seit der Wiedervereinigung erreicht. Gleichwohl bleibe die Fachkräftesicherung „eine zentrale Aufgabe für das anstehende Jahr“.

Die Linke erklärte, zwar blieben die Arbeitslosenzahlen stabil, sie zementierten jedoch „weiterhin eine hohe Langzeitarbeitslosigkeit“. „Obwohl so viele Unternehmen über Fachkräftemangel klagen, gibt es weiterhin eine hohe Anzahl von Menschen, die Arbeit suchen oder in prekären Jobs versauern“, erklärte die Arbeitsmarktexpertin Jessica Tatti. Was fehle, sei oft die passende Qualifikation. Daher müssten Arbeitsagentur und Regierung eine „Qualifizierungsoffensive nicht nur ankündigen, sondern endlich starten“.