Eine junge Mutter sieht sich seit ihrer Rückkehr aus der Babypause von Vorgesetzten ausgegrenzt. Das Unternehmen verwahrt sich gegen die Vorwürfe und bietet eine Abfindung. Eine gütliche Einigung vorm Arbeitsgericht musste scheitern.

Stuttgart - Risiken sind der Klägerin vertraut. 2006 wurde sie angestellt bei einer Tochterfirma der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Seit zwölf Jahren arbeitet sie dort. Seit sie aus der einjährigen Babypause zurück ist, fühlt sie sich ihrer Aufgaben beraubt und ist vors Arbeitsgericht gezogen. Vergangene Woche fanden sich die streitenden Parteien zu einem Gütetermin zusammen, doch sie gingen ohne Ergebnis auseinander.

 

„Ich stelle fest, dass eine gütliche Einigung nicht zu erzielen ist“, sagte Richter Stefan Funk schon nach wenigen Minuten. Für die Klägerin heißt das, weiterhin mit Verhaltensweisen klarzukommen, die sie als Mobbing empfindet und den Beteiligten vorwirft. „Wenn’s so knirscht im Arbeitsverhältnis, bietet es sich an zu fragen, ob man das Arbeitsverhältnis besser einvernehmlich und fristgemäß beenden sollte“, sagt Frank Hahn, Rechtsanwalt der beklagten Firma, auf Anfrage. Man habe auch eine Abfindung angeboten.

Doch darauf will sich die Klägerin nicht einlassen. „Meine Mandantin möchte weiterbeschäftigt werden, sie steht zu ihren Aufgaben, die sie in zwölf Jahren aufgebaut hat“, begründete der Anwalt der Klägerin, Sidney Knorr, gegenüber dem Richter.

Andere Verhältnisse nach der Elternzeit

Die Haltung resultiert zu einem Gutteil aus der Familiengeschichte. Als Tochter der zweiten Gastarbeitergeneration hat sie das Abitur gemacht und den Abschluss eines Wirtschaftswissenschafts- und Informatikstudiums geschafft. Vier Jahre nach ihrem Eintritt bei der LBBW-Tochter ist sie zur Gruppenleiterin befördert worden, hat seit 2015 Prokura, sammelte lobreiche Zwischenzeugnisse. Heute sieht sie sich um die Früchte ihrer Strebsamkeit gebracht und um ihr gutes Recht. Richter Funk lässt sie auf ihren Wunsch hin die Veränderungen darlegen. „Ich habe die Gruppe aufgebaut, doch als ich ein Jahr nach der Geburt meines Kindes zurückkam, auf Wunsch meines Arbeitgebers auf eine 100-Prozent-Stelle, da waren alle Aufgaben weg, alle Informationsflüsse gekappt, meine Elternzeitvertretung noch im Amt, man hat mich und meine Arbeit bewusst negativ dargestellt. Was ist passiert? Ich bin Mutter geworden. Was da passiert, ist Diskriminierung und Mobbing“, sagt die 39-Jährige.

Ihr Anwalt klagt auf eine Beschäftigung entsprechend dem Aufgabengebiet vor der Elternzeit und auf ein Schmerzensgeld nicht unter 25 000 Euro, zumal seine Mandantin einmal bei der Arbeit kollabiert ist. Damals sei sie bereits wiederholt von Telefonkonferenzen und Strategiegesprächen ausgeschlossen und in einer Vielzahl von Fällen aus dem E-Mail-Verteiler genommen gewesen, alternative Aufgaben seien ihr nicht übertragen worden, Risikoträgerin sei sie aber gleichwohl geblieben. Rechtsanwalt Hahn bezweifelt die Angaben: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Mitarbeiter, der nichts zu tun hat, viel Geld verdient. Wenn solche Vorwürfe erhoben werden, ist es schwierig, gedeihlich zusammenzuarbeiten.“

Bossing heißt das von oben geduldete Mobbing

Bei der Konflikthotline Baden-Württemberg sei die Zahl der Mobbingfälle am Arbeitsplatz in jüngster Zeit „auf einem konstant niedrigen Niveau“. Die Gewerkschaft vermeldet anderes: „Mobbingfälle nehmen in Zeiten der Unsicherheiten zu“, sagt Frank Hawel und verweist auf die Bankenkrise. Der Fachbereichsleiter für Finanzdienstleistungen bei Verdi nennt das, was die Klägerin beschreibt, „Bossing“. Gemeint ist damit Mobbing, das von oben geduldet werde. „Man bekommt Arbeitsaufträge, aber keine Infos. Dann versagt man und wird abgestraft.“

Nach Angaben des Bundesfamilienministeriums kehren die meisten Mütter innerhalb eines Jahres in den Beruf zurück. Beim Gütetermin vor dem Arbeitsgericht weisen die Vertreter der beklagten Firma ausdrücklich darauf hin, dass sich für die Frau nichts geändert habe: „Die Klägerin ist Gruppenleiterin.“ In einem Schreiben an den Anwalt der Klägerin führt die Firma allerdings aus, dass sich die Aufgaben unter anderem wegen struktureller Änderungen geändert hätten, für den notwendigen Informationsfluss habe seine Mandantin „aktiv“ zu sorgen. Gegen den Vorwurf des Mobbings verwahrt sich das Unternehmen ausdrücklich.

Fälle sind schwer darzulegen

Die arbeitsgerichtliche Auseinandersetzung zwischen der Gruppenleiterin und einem Tochterunternehmen der LBBW, Anstalt des öffentlichen Rechts und getragen vom Land Baden-Württemberg, dem Sparkassenverband des Landes und der Stadt Stuttgart, wird mit einem sogenannten Kammertermin fortgesetzt. „Mobbingfälle sind schwierig, Mobbing ist auch schwer ausreichend darzulegen, weil sich vieles im Bereich von Emotionen bewegt“, sagt der Richter. Der Termin werde „wohl erst im nächsten Jahr stattfinden“.