Rund 54 Prozent aller Beschäftigten in Deutschland leisten Überstunden. Im Schnitt sind es drei Stunden pro Woche. Welche Branchen und Berufe besonders betroffen sind, zeigt der Arbeitszeitmonitor 2019.

Wirtschaft: Imelda Flaig (imf)

Stuttgart - Im Schnitt macht jeder Beschäftigte in Deutschland drei Überstunden pro Woche. Im Laufe eines Berufslebens kommt da ein ganz schöner Batzen zusammen. Hochgerechnet summieren sie sich bei Fachkräften auf insgesamt 9655 Überstunden. Ein Drittel der Fachkräfte bekommt die Überstunden nicht ausgeglichen. Sie arbeiten somit in ihrer Karriere über ein Jahr – nämlich 13 Monate – umsonst, wie es im „Arbeitszeitmonitor 2019“ heißt, den die Vergütungsanalysten von Compensation Partner erstellt haben. Die Auswertung stützt sich auf über 215 000 Angaben von Beschäftigten in Deutschland. Bei Führungskräften sind es noch mehr. Sie kommen auf 15 390 zusätzliche Arbeitsstunden in ihrer Berufslaufbahn. Knapp Dreiviertel bekommen keinen Ausgleich. In Summe arbeiten sie über eineinhalb Jahre (21 Monate) ohne Bezahlung.

 

Überstunden nehmen seit 2009 ab

Der Studie zufolge nimmt die Zahl der Überstunden seit Jahren ab. Während vor zehn Jahren durchschnittlich 6,5 Überstunden die Woche geleistet wurden, sind es heute 3,03. Tim Böger, Geschäftsführer von Compensation Partner, hat dafür folgende Erklärung parat: „Die angespannte Situation in der Finanzkrise führte im Jahr 2009 zu deutlich mehr Überstunden als heute. Derzeit erleben wir einen Wirtschaftsboom und die Work-Life-Balance steht im Vordergrund, wodurch die Bereitschaft zu Überstunden tendenziell geringer ist.“

Frauen erhalten seltener Überstundenausgleich

Unterschiede gibt es bezüglich der Überstunden auch bei Männern und Frauen: Männliche Fachkräfte arbeiten insgesamt 3,7 Stunden zusätzlich, die weiblichen Kolleginnen dagegen nur 2,2 Stunden. Allerdings erhalten rund 46 Prozent der Männer einen Ausgleich für die zusätzlich geleistete Arbeit, bei den Frauen sind es nur 41 Prozent. Unter Führungskräften ist er Unterschied etwas geringer.

Kaum regionale Unterschiede

Im regionalen Vergleich gibt es kaum Unterschiede. Auffällig sind der Auswertung zufolge die leicht höheren Werte in Stadtstaaten wie Berlin und Hamburg (im Schnitt jeweils 3,31 Überstunden) und Bremen (3,19 Überstunden), die deutlich über dem bundesweiten Wert von 3,03 Stunden liegen. In Baden-Württemberg kommen die Beschäftigten im Schnitt auf 3,02 Überstunden pro Woche. „Die Region hat keinen signifikanten Einfluss auf die Höhe der Überstunden“, sagt Böger. In Ballungsgebieten mit vielen Unternehmen sei die Anzahl an Beschäftigten mit hoher Auslastung aber höher als im ländlichen Raum.

Höhere Einkommen führen zu mehr Überstunden

Mit höheren Einkommen steigt auch die Zahl der Überstunden. Fachkräfte mit einem Jahresgehalt von bis zu 20 000 Euro verrichten 1,9 Überstunden die Woche, mit über 120 000 Euro sind es im Schnitt 6,8 Stunden zusätzlich. Führungskräfte mit über 120 000 Euro kommen im Jahr gar auf über zehn Überstunden wöchentlich. Auch das Alter hat Einfluss: Berufseinsteiger unter 20 Jahren machen im Schnitt 1,7 Überstunden pro Woche, Beschäftigte zwischen 30 und 39 Jahren kommen auf 3,1 Überstunden, während Mitarbeiter nach ihrem 60 Lebensjahr wöchentlich im Schnitt 3,7 Stunden länger im Büro bleiben.

Große Unterschiede nach Branchen

Die meisten Überstunden machen Beschäftigte in der Unternehmensberatung – nämlich im Schnitt 5,2 Überstunden pro Woche. Allerdings erhalten hier nur 20 Prozent der Beschäftigten einen Ausgleich. „Die in der Regel lukrativen Gehälter von Unternehmensberatern sollen die hohe Arbeitsauslastung ausgleichen“, sagt Böger. Überstunden gehörten in dieser Branche zum Geschäftsalltag. Auf Platz zwei der Branchen mit den meisten Überstunden folgt die Konsumgüterbranche (4,49 Überstunden), gefolgt von Logistik, Transport und Verkehr (4,23) sowie dem Hotel- und Gasstättengewerbe (4,11). Die wenigsten Überstunden leisten Beschäftigte in der Steuerberatung – im Schnitt 1,8 Stunden pro Woche.