Wie lassen sich Denkmalschutz, Kultur und moderne Arbeitsplätze verbinden? Das soll ein Wettbewerb aufzeigen und damit den Traum der Stadträte von einem schicken Industrie-Quartier voranbringen.

Göppingen - Ein modernes Gewerbegebiet, das zukunftsweisende Arbeitsplätze und ansprechende Räume für Kultur, Veranstaltungen und Gastronomie verbindet, alles vereint in einem historischem Backstein-Industrie-Ambiente? Als die städtische Businesspark-Gesellschaft (BPG) das Boehringer-Areal gegenüber von Märklin vor rund drei Jahren von dem Maschinenbauunternehmen MAG übernahm, fingen viele Göppinger an zu träumen. Doch der Schwabe weiß, die Träume sind das eine, das nötige Kleingeld das andere. Trotzdem bekommen die Hoffnungen auf einen schicken neuen Stadtteil jetzt erneut Nahrung.

 

Die BPG war bei der Vermarktung der freien Flächen erfolgreicher, als es sich so mancher Stadtrat gewünscht hätte – rund 90 Prozent werden inzwischen genutzt, wie die Stadtverwaltung mitteilt. Die Planungen der Stadt, wie das 4,8 Hektar große Areal, dessen Gebäude zum Teil unter Denkmalschutz stehen, zu entwickeln sei, hinkten hinterher. So debattierten die Stadträte beispielsweise noch darüber, ob man die Alte Gießerei künftig als Veranstaltungshalle nutzen könne, da wurde bekannt, dass die Räume bereits als Produktionshalle vermietet worden waren.

Sechs ausgewählte Architektenbüros machen Vorschläge

Vor allem SPD und Grüne befürchteten deshalb, dass die angepeilte Entwicklung des Areals wirtschaftlichen Interessen geopfert würde. Doch offenbar ist auch die Stadtverwaltung nicht so ganz zufrieden mit der bisherigen Entwicklung. Zwar ist der größte Teil vermietet, doch es sind kaum neue Arbeitsplätze entstanden. Und es kam auch nicht zum erhofften zukunftsweisenden Branchenmix. Dabei geht es immerhin um das letzte größere Gewerbegebiet, das die Stadt zur Verfügung hat – trotz mehrer Suchläufe nach weiteren Flächen.

Um es optimal zu nutzen, hat der Gemeinderat auf Vorschlag der Verwaltung deshalb jetzt einen städtebaulichen Wettbewerb ausgelobt. Insgesamt investiert die Stadt dafür rund 175 000 Euro. Sechs ausgewählte Architektenbüros, die Erfahrung mit der Entwicklung historischer Industriebrachen haben, sollen sich Gedanken darüber machen, wie das Areal vorangebracht werden kann, und wie die Belebung mit Kultur und Gastronomie und die Förderung moderner Industrie unter einen Hut gebracht werden können.

Denkmalschutz ist eine Herausforderung

Ein wichtiger Aspekt bei den Planungen wird der Denkmalschutz sein. Denn gerade das, was das Industriegelände so ansprechend macht, kann auch zum Stolperstein werden. So steht etwa das Verwaltungsgebäude unter Denkmalschutz. Es soll modernisiert und für Büros und Dienstleistungen genutzt werden. Das Werksbüro und die Backsteinfassade entlang der Stuttgarter Straße sind ebenfalls geschützt und sollen erhalten werden. Das gilt auch für die ehemalige Modellschreinerei mit ihrer Klinkerfassade und für die Alte Gießerei, das Herzstück des Geländes auf dem vor mehr als 100 Jahren die Erfolgsgeschichte der Maschinenfabrik und Eisengießerei Boehringer begann. Die Planer sollen sich nun überlegen, wie auch in diesen Gebäuden die Bedürfnisse moderner Unternehmen erfüllt werden können, ohne dass das historische Gepräge verloren geht.

In den vergangenen Monaten bemängelten viele Stadträte, dass die Pläne für das Areal nicht so recht vorankamen. Nun soll es Schlag auf Schlag gehen: Anfang Juni präsentieren die Architekten ihre Ideen, die besten drei dann weiter ausgearbeitet und vom 8. bis 11. Oktober von einem Preisgericht bewertet. Die Jury setzt sich aus Stadträten, Vertretern der Verwaltung und externen Sachverständigen zusammen.

Die Frage ist freilich, was im Anschluss aus den Plänen wird. Stadt und Gemeinderat sind sich zwar einig, dass man den Wettbewerb braucht, um das Gewerbegebiet voranzubringen. Die Frage ist freilich, wie die Ideen der Planer im Anschluss umgesetzt werden sollen, wo doch die meisten Flächen bereits vermietet sind. Dass man solvente Firmen vor die Tür setzt, um schöne Pläne zu verwirklichen, können sich die meisten Stadträte nur schwer vorstellen.