Wie erfreulich: Der Architekturnovember des Bundes Deutscher Architekten Baden-Württemberg ist in diesem Jahr vor allem weiblich. Wer alles kommt und warum es was zu feiern gibt, lesen Sie hier.

Kultur: Ulla Hanselmann (uh)

Stuttgart - Der diesjährige Architekturnovember wird weiblich. Ein erfreulicher Umstand in einer Branche, in der zwar die Zahl der starken, kompetenten Frauen wächst, aber immer noch vor allem die Männer reden – und von sich reden machen. Am 4. November beginnt die vierte Auflage des Formats, das der Bund Deutscher Architekten Baden-Württemberg vor vier Jahren aus der Taufe gehoben hat, um das Bewusstsein für qualitätvolle Architektur und deren Bedeutung für das Gemeinwohl zu stärken.

 

Das traditionell knallgelb gefärbte Architekturnovember-Programm ist prall gefüllt mit 25 Werkvorträgen von internationalen Architektinnen und Architekten, dazu kommen Diskussionen, Ausstellungen und Partys; es findet nicht nur in Stuttgart, sondern auch in Karlsruhe, Heilbronn, Heidelberg, Tübingen, Biberach an der Riß; Freiburg, Konstanz und Waldshut-Tiengen statt und wird wie gehabt von Hochschulen, Galerien und anderen Architektur-Institutionen getragen.

Bei der Auftaktveranstaltung am 4. November, die mit dem Titel „Was bleibt…?“ danach fragt, wie Qualität Beständigkeit und Nachhaltigkeit erzielen kann und sich Impulse von Disziplinen wie Mode, Musik oder Kunst erhofft, sind die Frauen noch in der Minderheit. Mit dabei auf dem Podium im Stuttgarter Uni-Bau K2: Christiane Lange, Direktorin der Staatsgalerie, und die Literaturwissenschaftlerin und Librettistin Tina Hartmann.

Saskia Sassen und Gesine Weinmiller

Liliane Haltmeier und Luise Kister zeigen dann aber schon gleich in der „Novemberreihe“ der Universität Stuttgart, wie sich ein rein weiblich geführtes Büro in der Züricher Architekturlandschaft behauptet (6. November, 19 Uhr). In Stuttgart folgen prominente Namen wie etwa Francine Houben vom niederländischen Renommier-Büro Mecanoo (13. November, 19 Uhr) oder Alison Brooks aus London (27. November, 19 Uhr). Fabienne Hoelzel, Professorin an der Kunstakademie, nimmt sich beim Jour Fixe „The Elephant in the Room“ des Themas Frauen in der Architektur ganz explizit an und diskutiert mit ihren Gästen über Geschlechter-Ungleichheiten (12. November, 19 Uhr); ihre Akademie-Kollegin Marianne Mueller nimmt den Faden auf, wenn sie die „Arbeitsbedingungen in der Architektur“ als Ganzes und dabei insbesondere „Ausbeutung, Selbstausbeutung und Hypermobility“ in den Blick nimmt (3. Dezember, 19 Uhr).

Die Tübinger Reihe „Architektur Heute“ fokussiert unter dem Titel „Shaping Cities“ den virulenten Städtebau und bietet mit der US-amerikanischen Soziologin Saskia Sassen (29. November, Kupferbau, 19 Uhr) eine der prominentesten Vortragsrednerinnen auf. Wer die Berliner Architektin Gesine Weinmiller hören will, muss am 26. November an die Hochschule in Biberach an der Riß fahren. Weinmiller mischte öffentlichkeitswirksam in den neunziger Jahren als junge Senkrechtstarterin mit ihrem Erfurter Bundesarbeitsgericht die männerdominierte Architekturszene auf. Der Frauen-Fokus ist allerdings „ein Ergebnis der Selbstorganisation“, wie Eva Weinmann, Geschäftsführerin des BDA Baden-Württemberg, sagt; der BDA gebe bewusst kein Thema vor, sondern führe lediglich das Novemberprogramm der jeweiligen Veranstalter zusammen. Eine Koinzidenz, die die Bedeutung des diesjährigen Schwerpunkts keineswegs schmälert, sondern nur bestätigt, dass Frauen in der Architektur weiter im Kommen sind. Die Statistik untermauert das: Waren vor zehn Jahren acht Prozent der BDA-Mitglieder in Baden-Württemberg Frauen, sind es nun schon 13 Prozent.

Ausstellung „50 Jahre Hugo-Häring-Preis“

Unabhängig aber vom Geschlecht der Referenten sind nicht nur spannende Büro-Porträts, sondern auch wertvolle Einsichten von renommierten Städtebau-Experten zu erwarten. Mads Birgens von Cobe Architects aus Kopenhagen spricht in der „Punkt 7“-Reihe „Heading North“ der Stuttgarter Hochschule für Technik über „Our urban living Room“ (7. November, 19 Uhr), Mette Skjold von SLA Architects, ebenfalls Kopenhagen, über „Cities of Nature“ (14. November, 19 Uhr). Zudem kann der diesjährige Architekturnovember mit einem besonderen Highlight glänzen: Vor 50 Jahren hat der BDA den Hugo-Häring-Preis aus der Taufe gehoben, der sich zur bedeutendsten Architekturauszeichnung Baden-Württembergs entwickelte. Die Ausstellung „Zweiter Blick: 50 Jahre Hugo-Häring-Preis“ lässt ab 19. November im BDA-Wechselraum 38 der Landespreise seit 1969 noch einmal Revue passieren und spürt der Substanz der ausgezeichneten Projekte nach.