Charly Hübner und Claudia Michelsen und andere werden von einem Testament überrascht. Der ARD-Sechsteiler „Das Begräbnis“ von Jan Georg Schütte bietet Mix aus Chaos, Tragik und Komik.

Stuttgart - Wer lebt, kämpft sich durch Schlamassel. Wer stirbt, hinterlässt Schlamassel. Auch der Sanitärunternehmer Wolff-Dieter Meurer, dem in seinem kleinen Mecklenburger Dörfchen neben der führenden Klempnerei der Gegend der schwergängige einzige Gasthof und angeblich auch ein etwas dickeres Konto als den Nachbarn ringsum gehörten. Der wunderbare TV-Erzähler Jan Georg Schütte lässt in seinem neuen ARD-Sechsteiler „Das Begräbnis“ viele Familienmitglieder anreisen, die im Kopf schon konkrete Pläne für ihren vermutlichen Erbanteil haben. Das Testament wird darum für viele zur üblen Überraschung.

 

Schütte („Klassentreffen“, „Für immer Sommer 90“, „Kranitz – Bei Trennung Geld zurück“), Jahrgang 1962, ist der Meister der Improvisationsfilme. Er verlangt seinen Schauspielteams viel Kreativität ab, und die blühen unter der Herausforderung auf. Die rund vier Stunden von „Das Begräbnis“ sind nach ausführlicher Vorbereitungsarbeit an zwei Tagen gedreht worden, und sie fühlen sich nun an wie ein echtes Familientreffen: wie ein Mix aus Chaos und Verhärtung, Tragik und Komik, aus Lügen, Hass und Herzlichkeiten. Es wird erzählt, gebeichtet, geleugnet, erklärt, und während die einen vorankommen wollen in teils luftigen Projekte von morgen, tobt zwischen offenem Grab und Leichenschmaus der Krieg der Vergangenheit gegen die Gegenwart. Vergangenheit heißt hier auch: offene Rechnungen aus DDR-Zeiten und nie ganz überwundene Ossi-Wessi-Animositäten.

Lang, aber nie ermüdend

Claudia Michelsen, Anja Kling, Catrin Striebeck, Charly Hübner, Devid Striesow, Martin Brambach, Thomas Thieme und all die anderen zeigen uns hier weniger Kunststückchen, auch wenn sie sich auf der Höhe ihrer Kunst bewegen. Sie sichern uns vielmehr Szene um Szene zu, dass ihre Figuren bei ihnen in guter Obhut sind, und damit auch wir. Egal, was passiert, wir werden nicht mit dem Zusammenschrumpfen eines Charakters auf Drehbuchnotwendigkeiten abgespeist. Jede Figur, auch jede weniger sympathische, behauptet ihre Eigenart und ein wenig Undurchschaubarkeit.

Die Folgen reihen sich nicht chronologisch aneinander. Immer wieder werden uns der Vormittag und Nachmittag des Bestattungstags erzählt, mit neuen Schwerpunkten und neuen Erkenntnissen. Das könnte für Misstrauische ein wenig ermüdend klingen, aber das Gegenteil ist der Fall. Man nimmt nur ungern Abschied von Familie Meurer und würde gerne mehr von ihr sehen.

Das Begräbnis. ARD, Dienstag, 22.50 Uhr; zum Auftakt eine Doppelfolge, danach eine neue Folge jeweils dienstags. Komplett in der ARD-Mediathek bereits ab Dienstag, 25. Januar abrufbar.