Die ARD-Eventserie „Ein Hauch von Amerika“ erzählt von US-Soldaten und Pfälzer Provinzlern Anfang der 50er Jahre. Und von einer Liebe, die Rassisten auf den Plan ruft.

Stuttgart - Helle Haut, dunkle Haut – für ein paar Stunden haben da zwei Menschen Regeln, Schranken und Zwänge vergessen wollen. Aber nun steht sehr symbolisch ein Zaun zwischen den gerade noch Liebenden. Die Pfälzer Bauerntochter Marie Kastner (Elisa Schlott) sagt: „Das ist kein Spiel mehr. Jeder geht an seinen Platz.“ Der afroamerikanische Panzerfahrer George Washington (Reomy D. Mpheo) gibt sich noch nicht geschlagen. „Und dein Platz ist an meiner Seite“, entgegnet er. „Ich weiß es.“

 

Befreier und Befreite

Bald weiß er auch, welche Attitüden und Worte Marie im kleinen Örtchen Kaltenstein, wo Anfang der fünfziger Jahre viele US-Soldaten stationiert sind, gelernt hat. Die junge Frau poltert „Hau ab, Nigger!“. Wieder sehr symbolisch über die Schulter jenes Heimkehrers aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft hinweg, dem sie sich einst, fast noch in Kindertagen, versprochen hatte.

Deutsche und Amerikaner, Völkerfreundschaft und Fraternisierung, Altnazis und frischgebackene Demokraten, hehre Ideale und schmutzige Wirklichkeit: Es ist schon eine tolle Mischung, die „Ein Hauch von Amerika“, die sechsteilige Eventserie der ARD, da aufgreift. Das Drehbuchteam – Johannes Rotter, Jo Baier, Christoph Mathieu, Ben von Rönne – blickt nicht naiv auf den Kulturzusammenprall. Hier treffen nicht einfach lässige Befreier auf ein befreites Volk, aus dem die Lehren und Hassparolen der Naziideologie noch nicht ganz herausgewaschen sind. Private Washington und Marie stoßen uns auf die Abseite der Amerikaner, auf den Rassismus, der die Armee und die Gesellschaft der Befreier durchseucht.

Der Pfarrer mag keine „Negermusik“

Damit fängt die von Regisseur Dror Zahavi stets themenbewusst ins Bild gesetzte Geschichte aber erst an. Überall gibt es Spannungen, überall platzt Lack ab. Der jetzt so amerikafreundliche Bürgermeister (Dietmar Bär) war auch ein fieser kleiner Naziprofiteur, der Ortspfarrer (Piet Fuchs) ist ein reaktionärer Chauvinist, der sich über „Negermusik“ echauffiert, dafür ist Amy McCoy (Julia Koschitz), die auf den ersten Blick herablassende Gattin des amerikanischen Garnisonskommandaten, alles andere als blind für die Fehler der siegreichen Vereinigten Staaten.

Hier wird so viel Stoff sauber ausgepackt und dargeboten, dass die unter Federführung des SWR entstandene Serie manchmal abstrakt wird: Die Figuren werden dann fast schon Marionetten eines Lehrstücks. Man sieht immer auch eine Seite Geschichtsbuch vor sich, nie bloß die Charaktere und das Geschehen. Aber es ist eben eine brisante und interessante Buchseite, und man schaut immer weiter zu.

Ein Hauch von Amerika. ARD, 1., 4.und 8. Dezember, jeweils Doppelfolgen ab 20.15 Uhr. Bereits in der Mediathek.