Glitzernde Promis geraten gern mal in Schwierigkeiten. Die ARD-Serie „Legal Affairs“ dreht sich um eine Staranwältin, die Promis mit allen Mitteln wieder aus der Grütze zieht.

Stuttgart - Aber hallo, Bussi hier, Ellbogen da, noch ein Bussi, und jetzt ein Tritt in die weicheren Körperregionen: schwer was los in Berlins Szene der Glitzernden, Schillernden und vielleicht auch Schleimglänzenden. Immer mitten drin: die Staranwältin Leo Roth, spezialisiert auf das Verhältnis von Promis und Medien. Auch mittendrin: die Kamera der achtteiligen ARD-Serie „Legal Affairs“.

 

Zwischen Kampfsport und Krieg

Hier wirkt der agile bis nervöse Bildapparat mal nicht erzwungen hip, sondern auf Höhe des Energielevels dieser Welt. Vielleicht auch: ein bisschen solidarisch mit all den Kanzleilemuren, die von Roth beständig umhergescheucht werden. Hier muss man liefern, stets mindestens am Ball oder besser der nächsten Flanke schon voraus sein. Dort blocken, wo der Gegner noch gar nicht richtig angekommen ist. Ja, das Leben der Prominenten ist hier irgendetwas zwischen Kampfsport und Krieg.

Was einen anfangs noch für „Legal Affairs“ einnimmt: die Serie startet so schön ambivalent. Man möchte die von Lavinia Wilson lustvoll verkörperte Roth sofort mal entschieden gar nicht mögen, ist aber doch bestens unterhalten von ihrer Mischung aus Zynismus, Opportunismus und Selbstbehauptung. Sie muss mit egomanischen Mandanten klarkommen, die aus dem Ruder laufen, mit Staatsanwälten und Richtern, die gerne als Durchgreifer in die Zeitung möchten, und mit einer skrupellosen Boulevardpresse. Ein der „Bild“-Zeitung nachempfundenes Blatt namens „Der Tag“ ist für Roth tägliches Mittel zum Zweck, aber auch täglicher Widersacher.

Achtung, das Trauma kommt

Pro Folge gibt es einen neuen Fall, was uns verschiedene Aspekte und Problemzonen des Medienrechts und des Persönlichkeitsschutzes verdeutlichen soll, den Umgang mit Hass im Netz etwa oder mit denunziatorischen Fake News. Es gibt aber auch eine übergreifende, Roth immer stärker belastende Geschichte. Die Anwältin soll mit ihren manchmal sehr rüden und einschüchternden Methoden einen Menschen in den Tod getrieben haben. „Legal Affairs“ wird dabei leider nicht dichter und spannender, sondern klischeereicher und fahriger.

Als Berater und Mitproduzent hat der erfolgreiche Medienrechtler Christian Schertz fungiert. Das ist erstaunlich, denn immer weniger setzen sich die Drehbücher mit den realen Zwängen und Möglichkeiten unseres Justizalltags auseinander, immer dreister werden mit den Förmchen von US-Gerichtsserien Sandkuchen gebacken. Wie läuft eine Gerichtsverhandlung ab? Indem Roth und ihre Anwältinnen wiederholt dem Staatsanwalt das Wort abschneiden und eigene pathetische Reden oder aggressive Bellereien durchziehen. Nur ein zuvor ins Koma gefallener Richter ließe so etwas zu.

Dranbleiben oder abschalten?

Während das Rechtliche also langweilig und unglaubwürdig wird, löst sich auch Leo Roths Fies-aber-kompetent-Taffness im schnulzenüblichen Trauma auf. Roth wankt nun buchstäblich, wird von einer Kugel im Kopf, von unverwundenen Tragödien und aktuellen Familienkrisen geplagt. Von der zielgerichteten Bissigkeit von „Bad Banks“ ist „Legal Affairs“ da schon ganz weit weg, den satirischen Blick von „Kir Royal“ auf die Prominenz wollte die Serie nie haben. Und die thematische, psychologische, stilistische Tiefe und Weite der Ausnahmeserie „Better call Saul“ sind nicht einmal fernes Vorbild.

Vermutlich wird man entweder nach den ersten paar Minuten abschalten, weil einem schon reales Promigelärme den Nerv raubt, oder bis zum bitteren Ende dranbleiben. Aber dann in der säuerlichen Hoffnung auf den nächsten jener immer wieder auftauchenden Momente, in denen diese Serie andeutet, was sie hätte werden können.

Legal Affairs. ARD, Folge 1 und 2 am 19. Dezember ab 21.45 Uhr. Alle Folgen sind bereits in der Mediathek des Senders abrufbar.