Das Ehepaar Ann-Kathrin Kramer und Harald Krassnitzer vermittelt im Auftakt zur ARD-Trilogie „Eltern allein zu Haus“ sehenswert und lebensnah, wie sich ein leeres Nest anfühlt („Die Schröders“, 24.3., 20.15 Uhr)

Stuttgart - Früher hat die ARD-Tochter Degeto in ihren Freitagsfilmen Geschichten über ältere Paare erzählt, die typischerweise mit der Pensionierung des Mannes begannen: Nach Jahrzehnten, in denen sich die Ehefrau für die Familie aufgeopfert hat, will sie an der Seite des Gatten die Zweisamkeit des Lebensabends genießen; aber er hat ganz andere Pläne.

 

Heutzutage hat sich zwar das Alter der Protagonisten geändert, aber das Handlungsmuster bleibt ähnlich: Das letzte Kind ist ausgezogen. Während der Mann, Mitte fünfzig, mitten im Berufsleben steht, hadert die Mutter mit dem „Empty Nest“-Syndrom; die Folge ist eine veritable Ehekrise. Autorin Nina Bohlmann hat für die Leere, die sich zwischen den Eheleuten auftut, eine ebenso bedrückende wie treffende Szene gefunden: Eine Paartherapeutin hat dem Paar als Hausaufgabe mitgegeben, sich täglich zu einem halbstündigen Gespräch zu verabreden, aber dabei nicht über die Kinder zu plaudern; prompt geht den beiden nach nicht mal fünf Minuten der Gesprächsstoff aus.

„Eltern allein zu Haus“ hat die ARD das Projekt genannt, das an drei Freitagen drei Paare vorstellt, die alle das gleiche Problem haben. Den Auftakt machen die Schröders, und dass die beiden vom Ehepaar Ann-Kathrin Kramer und Harald Krassnitzer verkörpert werden, gibt dem Film natürlich zusätzlichen Reiz (Kramer hat vor einigen Wochen in dem Degeto-Film „Das Alter der Erde“ eine ganz ähnliche Rolle gespielt): Bernd Schröder führt ein erfolgreiches mittelständisches Elektrounternehmen mit Schwerpunkt Sicherheitstechnik.

Die Handlung wird kurzweilig und unterhaltsam verpackt

Sabine ist Krankenschwester, hat aber schon in jungen Jahren den ersten von drei Söhnen bekommen und ihren Beruf aufgegeben. Nun ist auch der letzte flügge geworden, doch ihre Hoffnung, dort anzuknüpfen, wo aus dem Paar einst eine Familie wurde, zerschellt am Gatten, der keinerlei Veranlassung sieht, sein Leben zu ändern. Im Zentrum seines Daseins steht die Arbeit; für seine Kunden ist er auch am Wochenende erreichbar. Zum Männerabend mit seinen Freunden will er Sabine selbstredend nicht mitnehmen, und als sie ihn, schon ein bisschen verzweifelt, zu einem Heimspiel des HSV begleitet, provoziert sie prompt ungewollt eine Schlägerei.

Nina Bohlmann und Regisseur Josh Broecker gelingt das Kunststück, die Handlung trotz des keineswegs ignorierten dramatischen Potenzials kurzweilig und unterhaltsam zu verpacken. Bernd und Sabine schlittern immer tiefer in die Krise, und das ist alles andere als komisch. Dank der beschwingten Musik (Maurus Ronner) und vieler witziger Details bewahrt sich der Film jedoch eine gewisse Leichtigkeit. Schon der Anfang mit dem Ehepaar im Käfig ist amüsant; vierzig Minuten später, nach dem Ende der folgenden Rückblende, stellt sich raus, dass die beiden beim Wattausflug Zuflucht in einer Rettungsbake gefunden haben.

Das Paar hat ein echtes Problem, und der Film macht kein Hehl daraus

Außerdem darf gerade Krassnitzer mit kleinen Slapstickeinlagen immer wieder kurze Momente der Heiterkeit auslösen und beispielsweise bei der Gymnastik vom Sitzball plumpsen. Aber Szenen wie jene, in denen der hüftsteife Bernd Sabine zuliebe einen Tanzkurs besucht und ihr prompt auf den Fuß tritt, sind nur auf den ersten Blick witzig; der Film macht nie ein Hehl daraus, dass das Paar ein echtes Problem hat, zumal die lebensnahen Dialoge das typische Reizklima einer in die Jahre gekommenen Ehe vermittelt. Gerade die Termine bei der Paartherapeutin (Christina Große) sind schonungslos realistisch. Nina Bohlmann hat es dabei ausgezeichnet verstanden, eine individuelle Geschichte sehr allgemeingültig zu erzählen, ohne in die naheliegenden Klischees zu verfallen.

Außerdem gibt es interessante Unterebenen: Als Sabine im Krankenhaus zufällig ihrem einstigen Chef Dr. Wichers (Dominik Raacke) begegnet, blüht sie gleich auf. Bernd ahnt sofort, dass die beiden mal was miteinander hatten und der Arzt eine nicht zu unterschätzende Bedrohung darstellt. Wichers sorgt dafür, dass Sabine in ihren Beruf zurückkehrt, und prompt wendet sich das Blatt. Bislang hat sich Bernd keine Zeit für sie genommen; alte Liebe kostet schließlich nichts. Jetzt, da er erkannt hat, dass auch eine alte Liebe ihren Preis hat, will er endlich mehr Zeit in die Beziehung investieren, aber nun geht bei ihr die Arbeit vor.

Reizvoll sind auch die Verknüpfungen mit den beiden anderen Teilen der Trilogie. Beim Konzertbesuch huscht beispielsweise Tim Bergmann durchs Bild; der wird allerdings erst in zwei Wochen („Frau Busche“) eine Rolle spielen. Am nächsten Freitag geht es um Matthias und Tanja Winter (Walter Sittler, Susanna Simon), die aber auch den Weg der Schröders immer wieder kreuzen. Ihre Kinder waren auf der gleichen Schule, der Film beginnt mit der gemeinsamen Abifeier. Bernd begegnet Matthias bei der Gymnastik für ältere Herrschaften; die Trennung der Winters nimmt vorweg, was den Schröders auch noch blüht. Trotzdem endet ihre Geschichte versöhnlich; vorerst.

ARD,
20.15