Plötzlich Papa? Der Freitagsfilm mit Oliver Mommsen gewinnt diesem Komödienmuster keine neuen Seiten ab. Trotzdem ist er sehr amüsant – und auch aus anderen Gründen sehenswert.

Stuttgart - Das Erzählmuster „Plötzlich Papa“ bietet nicht viele Variationsmöglichkeiten, zumal die Autoren meist nach einem größtmöglichen Kontrast suchen. Deshalb ist die Ausgangslage dieser Geschichten in der Regel recht ähnlich: hier der Playboy, der sein ungebundenes Single-Leben genießt; dort ein Dasein mit mehr oder weniger kleinen Kindern, um die er sich von heute auf morgen kümmern muss. Innerhalb dieser Vorgaben gibt es einen gewissen Spielraum, weil einige Variablen austauschbar sind. In Kinofilmen wie Coline Serreaus Prototyp „Drei Männer und ein Baby“ (1985) oder der Komödie „Plötzlich Papa“ (2016), ebenfalls aus Frankreich, sind es Väter, die von einer früheren Zufallsbekanntschaft mit dem Ergebnis der damaligen Begegnung konfrontiert werden. Im deutschen Fernsehfilm handelt es sich dagegen bis auf wenige Ausnahmen („Vater aus heiterem Himmel“, 2010, ZDF) in der Regel um Neffen und Nichten („Die Kinder meines Bruders“, ARD-Degeto 2016); streng genommen müsste das Genre hierzulande „Plötzlich Onkel“ heißen.

 

Im Handumdrehen von Null auf drei Kinder

Weil es gar nicht so leicht ist, dem Handlungsschema noch neue Seiten abzugewinnen, hat Drehbuchautor Markus Gull erst mal die Herausforderung erhöht: In der Komödie „Der beste Papa der Welt“ muss sich ein Mann um gleich drei Kinder kümmern; dabei will Clemens Hoffmann (Oliver Mommsen) eigentlich ein Sabbatjahr einlegen und die Welt umsegeln. Er ist eine Art Star-Chirurg an einer Privatklinik, die Abschiedsfeier ist gleichzeitig die Einführung seines Nachfolgers. Kaum sind die Gläser geleert, erfüllt sich John Lennons berühmte Erkenntnis „Leben ist das, was passiert, während du dabei bist, andere Pläne zu schmieden“: Seine Schwester Doro stirbt bei einer Gasexplosion in ihrem Haus. Sie hinterlässt einen Haufen Schulden, eine Teenagertochter und zwei kleinere Kinder; der Vater hat sich vor Jahren aus dem Staub gemacht, ohne eine Spur zu hinterlassen. Das Trio kommt erst mal zu Tante Karin (Eva Herzig); Clemens’ Schwägerin hat sich ohnehin immer schon Nachwuchs gewünscht. Bei ihr würde es den Kindern materiell an nichts fehlen, aber sie müssten ein Dasein im goldenen Käfig führen; also trifft Clemens wenig überraschend eine folgenschwere Entscheidung.

Vom Playboy zum Papa

Natürlich muss der Wandel vom Playboy zum Papa nachvollziehbar sein. Deshalb ist Oliver Mommsen, ohnehin ein von Natur aus sympathischer Typ, eine nahe liegende Besetzung: Clemens hat einen guten Draht zu Neffe und Nichten; sie passen halt bloß nicht in sein Leben, von der Weltreise ganz zu schweigen. Dass er dennoch über seinen Schatten springt, liegt an Karins schnöseligem Mann: Arthur (Philipp Hochmair) wäre bereit, Doros beträchtliche Schulden zu übernehmen, und macht keinen Hehl daraus, dass das für Clemens doch ein ausgezeichneter Deal sei. Eine Szene genügt, um die triste Zukunft zu verdeutlichen, die die Kinder beim Ehepaar Donnersberg zu erwarten hätten.

Fortan kreist der Film nicht unvorhersehbar um die Frage, wie sich Clemens in der neuen Rolle zurechtfindet. Zum Muster praktisch aller dieser Geschichten gehört auch, dass der Vater wider Willen im Grunde nie richtig erwachsen geworden ist und zum ersten Mal in seinem Leben Verantwortung übernimmt. Und weil Kinder eine Mutter brauchen, muss selbstredend eine Frau ins Spiel kommen. Clemens ist zwar seit zehn Jahren mit Susa (Hilde Dalik) liiert, aber die hätte gern eine eigene Familie mit ihm gegründet. Ersatz naht alsbald in Gestalt von Lokalbesitzerin Marion (Doris Schretzmayer), die dem „Doc“ allerlei unbequeme Wahrheiten um die Ohren haut; in jeder romantischen Komödie ein untrügliches Indiz.

Chance zum Wendepunkt

Obwohl „Der beste Papa der Welt“ also bloß die Kombination sattsam bekannter Versatzstücke ist, macht der Film dennoch großen Spaß. Das dürfte nicht zuletzt eine Frage der Regie sein: Sascha Bigler hat schon mit seinem Regiedebüt „Meine Schwester“ (2013) gezeigt, dass er nicht bloß der Sohn von Christiane Hörbiger ist. Mit seinen beiden sehenswerten „Kommissar Pascha“-Episoden und der „München Mord“-Folge „Die ganze Stadt ein Depp“ ist er vorübergehend zum Spezialisten für humorvolle Krimis mit viel Lokalkolorit geworden. Gemessen daran ist die Degeto-Komödie ein eher braver Film, der vor allem von der Arbeit mit dem Ensemble lebt. Natürlich entspricht das Ehepaar Donnersberg allzu sehr dem Klischee der bösen Stiefeltern, doch es soll ja vor allem einen Gegensatz zu Clemens darstellen. Der wiederum hat ein typisches Junggesellendomizil mit Tischfußball und Segelboot gleich neben dem Esstisch. Er ist zwar überzeugt, dass das Experiment im Chaos enden wird, was es zunächst auch tut, aber sein bester Freund Florian (Hary Prinz) empfiehlt ihm, die Kinder als Geschenk des Himmels und als Chance zum Wendepunkt zu betrachten. Während er diesen lebensklugen Rat gibt, trägt er eine Pappkrone und ein pinkfarbenes Röckchen über der Hose; dank solcher Details gelingt es Gull und Bigler, dem Film eine ironische Note zu geben. Vorzüglich geführt sind auch die stets natürlich und glaubwürdig wirkenden Kinder, wobei Alice Prosser als der Wortführerin des Trios naturgemäß eine besondere Rolle zukommt. Dank der darstellerischen Leistungen und der vielen witzigen Dialoge fällt auch der Tribut an den Schauplatz nicht weiter ins Gewicht: Die deutsch-österreichische Koproduktion ist in Krems an der Donau und mit regionalen Fördermitteln entstanden; selbstredend musste Bigler dafür sorgen, dass die schöne niederösterreichische Landschaft nicht zu kurz kommt.

13.12., ARD, 20.15 Uhr