David Crosby hat die Hippie-Ära mit geprägt. Im Porträtfilm „David Crosby: Remember my Name“ berichtet er schonungslos darüber.

Stuttgart - David Crosby ist ein großartiger Liedermacher. Aber auch diesem Meister des konzentrierten, lyrischen Ausdrucks würde man zugestehen, keine kurze, Lebensbilanz liefern zu können. Aber da läge man falsch: In A. J. Eatons Dokumentarfilm „David Crosby: Remember my Name“ antwortet er auf die Frage, ob er etwas bereue, mit jener Klarsicht gegenüber seinem jüngeren Selbst, die das von Cameron Crowe („Almost Famous“) produzierte Porträt prägt: „Ja, ich bedauere es sehr, dass ich so viel Zeit vergeudet habe, in der ich bedröhnt war.“

 

Die letzte Währung

In Crosbys Karriere trifft alles aufeinander, was die Hippie-Ära ausmacht: Kreativität, Feinfühligkeit, Liebe zur Musik, politisches Bewusstsein, Oppositionsgeist, Drogenexzesse, Psychozerrüttung, Selbstüberschätzung, Höhenflüge und Katerstimmung. Würde man Crosbys Schaffen mit der Band The Byrds und in den Formationen mit Stephen Stills, Graham Nash und Neil Young auslöschen, entstünden klaffende Leerstellen im Soundtrack einer Epoche. Aber Crosby beschreibt seinen Zustand in der Woodstock-Ära so witzig wie brutal: „Riesiges Ego, winziges Hirn, total durchgeknallt“.

„Remember my Name“ ist besonders sehenswert, weil dieses Porträt weder zu schönen noch zu dramatisieren scheint. Der Mann im achten Lebensjahrzehnt, der vor der Kamera erzählt, ist schwer krank. Keiner seiner Weggefährten hätte ihm so langes Durchhalten zugetraut, seine Frau Jan hat stets Angst, wenn er das Haus verlässt, sie werde ihn nicht wiedersehen. Aber Crosby tourt, nimmt neue Platten auf, die begeisterte Kritiken ernten, und hat nicht vor, in sich hineinzuhorchen, ob heute etwas ein bisschen mehr weh tut als gestern. Ziemlich Weise merkt er an: „Zeit ist die letzte Währung. Wie gibt man sie aus?“

Druck und Freundschaften

Andererseits ist zumindest das Touren keinen freie Entscheidung. Er müsse das tun, sagt er, um Essen kaufen und seine Hypothek abstottern zu können, er stehe unter Druck: „Ich bin derjenige von Crosby, Stills, Nash & Young, der nie einen Hit hatte.“

Dieser schöne Film, der die Achterbahnfahrten eines Lebens nachzeichnet, erklärt, warum David Crosby heute kein eigenes Vermögen verwaltet. Er erzählt von Freundschaften, die vieles aushalten, und Freundschaften, die dann doch zerbrechen von Talenten, die sich wunderbar zusammenfügen, und von Menschen, die irgendwann nicht mehr miteinander können. Wer je einen Song von Crosby, Stills, Nash und Young mitgesummt hat, sollte sich diesen TV-Abend freiräumen.