In vielen Regionen Afrikas verschwinden die Löwen. Nur im Süden des Kontinents, vor allem in den Reservaten, wachsen die Rudel noch. Lizenzen für Großwildjäger könnten nach Ansicht von Forschern dabei helfen, Schutzprojekte zu finanzieren.

Stuttgart - Gut geschützt vor der Gluthitze kurz vor Beginn der Regenzeit im November rastet der Löwe im Schatten eines Baumes irgendwo im Lower Zambesi Nationalpark weit im Süden Sambias. Als sich eine kleine Gruppe Touristen im offenen Geländewagen bis auf wenige Meter nähert, ignoriert er die Eindringlinge weitgehend. Sie werden ihm den Büffel schon nicht streitig machen, den er kurz vorher gerissen hat. Noch gibt es in Afrika solche eindrucksvollen Begegnungen zwischen dem König der Tiere und Fotosafari-Touristen. Sie könnten aber seltener werden: Aus vielen Regionen des Kontinents verschwinden die Löwen, berichten Hans Bauer von der Universität in Oxford und seine Kollegen im Fachblatt „Proceedings“ der US-Akademie der Wissenschaften.

 

Der König der Tiere scheint abzudanken, im Westen Afrikas heftet die Weltnaturschutzunion IUCN ihm bereits das Etikett „vom Aussterben bedroht“ an. Und das mit guten Gründen: streiften Löwen einst durch weite Teile Afrikas, kommen sie heute nur noch in 67 Regionen vor, die wie Inseln zwischen dem Südrand der Sahara und Südafrika liegen. In 47 dieser Gebiete analysierte Hans Bauer die Entwicklung der Löwen seit 1990, für die anderen 20 Regionen konnte er keine zuverlässigen Zahlen auftreiben. In fast allen der neun untersuchten Gebiete in West- und Zentralafrika zwischen dem Senegal und Kamerun nimmt die Zahl der Löwen drastisch ab. In zwei dieser Gebiete scheint der König der Tiere bereits ausgestorben zu sein, nur in einer Region wächst die Population. Geht die Entwicklung so weiter, dürfte sich die Zahl der 2012 auf etwa 2800 geschätzten Löwen in diesem riesigen Gebiet wahrscheinlich halbieren, zeigen die Forscher.

Nur wenig besser sieht es im Osten Afrikas aus. In den 16 dort untersuchten Regionen wachsen die Löwenrudel nur in der weiten Savanne der Serengeti in Tansania. Ansonsten zeigt der Trend seit 1990 in vielen Fällen abwärts. Auch dort könnten sich die Löwenzahlen mit einer Wahrscheinlichkeit von 37 Prozent in den kommenden beiden Jahrzehnten halbieren. Nach den Daten der Forscher sollte die IUCN daher in diesen Regionen die Löwen als „stark gefährdet“ einstufen.

Zäune schützen Menschen und Tiere

Einen Lichtblick liefern nur die 21 Regionen im Süden Afrikas und die letzten asiatischen Löwen, die in einem kleinen Gebiet in Indien leben. Negative Trends sind die Ausnahme, häufig steigen die Zahlen, oder die Bestände sind zumindest stabil. Vor allem in den von einem Zaun geschützten Reservaten, die in Südafrika typisch sind, wachsen die Löwenrudel. Im Süden des Kontinents fließt auch mehr Geld in das Management der Schutzgebiete, was den Büffeln, Zebras und anderen Pflanzenfressern zugutekommt. Wachsen deren Bestände, finden die Löwen leichter Beute, und die Rudel können wachsen.

In den restlichen Regionen Afrikas jagen die Dorfbewohner oft Tiere innerhalb und außerhalb von Reservaten, um mit diesem „Bushmeat“ ihre Ernährung aufzubessern, in der Fleisch häufig Mangelware ist. „Dadurch schrumpften die Bestände der Pflanzenfresser in West- und Zentralafrika zwischen 1970 und 2005 um 85 Prozent“, berichtet Hans Bauer, der auch an der Mekele-Universität in Äthiopien forscht und lehrt. In Ostafrika liegt diese Zahl bei 52 Prozent. Da wundert es nicht, wenn die Löwen in weiten Teilen des Kontinents nicht mehr genug zu fressen finden. Dazu kommt noch, dass Löwen auch gewildert werden, weil ihre Knochen und Organe in der traditionellen Medizin in Afrika und Asien gleichermaßen verwendet werden. Oft genug töten die Einheimischen Löwen auch, um ihre Herden oder sich selbst zu verteidigen.

„Großwildjäger dagegen können sich durchaus positiv auf den Artenschutz auswirken“, erklärt Hans Bauer. Die häufig gut betuchten Jäger zahlen hohe Summen, um einen Löwen oder Büffel zu erlegen. Bei gutem Management gefährden diese Abschüsse den Bestand der Arten nicht. Die Einnahmen aber können die Situation für viele Tierarten verbessern. „Vielerorts fehlen ja nicht die technischen Möglichkeiten für den Schutz der Tiere, sondern das Geld für solche Maßnahmen“, betont Bauer. Mit dem Geld der Jäger können zum Beispiel Antiwilderer-Brigaden bezahlt oder Siedlungen umzäunt werden, damit die Menschen und ihre Tiere zumindest nachts vor Löwen sicher sind.