Thomas Rettig vermietet Immobilien als Asylbewerberunterkunft an den Landkreis Ludwigsburg. Darunter ist auch der Hoteltrakt am Gasthof Lamm in Neckargröningen. Dort stößt seine Investition bei einigen Bürgern auf wenig Gegenliebe.

Remseck - Alltäglich sind die Immobiliengeschäfte von Thomas Rettig nicht. Er selbst sieht das anders. Aber es gibt nicht viele Menschen, die Häuser kaufen, um sie als Asylbewerberunterkünfte an den Landkreis zu vermieten. Rettig hat mittlerweile vier davon. Mit dem Hoteltrakt am Gasthof Lamm kommt in Neckargröningen bald das fünfte dazu. Solange er sich mit seinen Plänen an das Baurecht hält, wird die Baurechtsbehörde im Remsecker Rathaus der Nutzungsänderung zustimmen. Statt Urlaubern kommen in dem Gebäude schon in wenigen Wochen Asylbewerber unter. Bei den Nachbarn macht sich Rettig damit nicht beliebt. Sie haben Angst, dass es mit der Ruhe in ihrem Ort vorbei sein könnte und der Wert ihrer Häuser sinkt.

 

Investor wehrt sich gegen die Vorwürfe

Seit der Einzug der Asylbewerber in das nie eröffnete Hotel bekannt wurde und die Umbauarbeiten begonnen haben, regt sich unter einigen Neckargröningern der Widerstand. Vor allem gegen den Umstand, dass ein privater Investor das Gebäude an den Kreis vermietet. „Der verdient sich hier eine goldene Nase zu Lasten der Flüchtlinge und uns Anwohnern“, sagt der Neckargröninger Rolf Herrmann.

Solche Argumente lässt Thomas Rettig nicht im Raum stehen. „Ich mache keine Geschäfte mit den Flüchtlingen, ich mache Geschäfte mit dem Kreis“, sagt er. Der Kreis ist für ihn allerdings eine sichere Einnahmequelle, weil das Landratsamt im Gegensatz zu manchem Bürger seine Miete pünktlich überweist. Trotzdem wehrt sich Rettig dagegen, dass man ihn als profitgierig bezeichnet. „Die Sicherheit kostet auch, das darf man nicht übersehen“, sagt er und legt Berechnungen vor, laut denen er mit einem Hotel mehr verdienen könnte. Dazu müsste er es in Eigenregie betreiben, wofür ihm die Zeit fehle. Wie viel Miete Rettig pro Bewohner erhält, möchten weder er noch der Landkreis sagen.

Der Kreis hat selbst nicht genug eigenen Unterkünfte

Investoren wie Thomas Rettig sind erst verstärkt im Spiel, seit die Zahl der Flüchtlinge in Deutschland ständig steigt. Der Kreis muss derzeit pro Monat 100 davon aufnehmen, hat aber pro Person einmalig nur etwa 12 600 Euro für Verpflegung, medizinische Versorgung und Unterbringung zur Verfügung. Weil Kreis und Kommunen zu wenig eigene Unterkünfte haben und auf die Schnelle nicht genug eigene bauen können, mietet das Landratsamt Gebäude an. So ist die Zahl der Heime im letzten Jahr von zehn auf 28 gestiegen.

Die Heimgegner aus Neckargröningen fühlen sich vom Tempo, das der Kreis vorlegt, überfahren. Sie erfuhren erst vor einem Monat am Rande einer Gemeinderatssitzung von dem Flüchtlingsheim. Die Verwaltung veranstaltet am 10. April zwar einen Infoabend. Die 65 Flüchtlinge sollen aber schon im Mai einziehen. „Man hilft ja gern, aber als Bürger hätte man erwartet, dass die Stadt einen rechtzeitig informiert“, sagt Jürgen Gruhler, der zwei Straßen von der Unterkunft entfernt wohnt.

Thomas Rettig betreibt den Gasthof selbst weiter

Außerdem hält Gruhler seinen Heimatort für den falschen Standort. „Wir haben hier doch gar nicht die nötige Infrastruktur“, sagt er. Er befürchtet, dass es mit der Ruhe in Neckargröningen vorbei sei, wenn hinter dem Gasthof Lamm mehr als 50 Asylbewerber einzögen. Vorgebracht werden die gleichen Sorgen, die überall auf den Tisch kommen, wo solche Unterkünfte entstehen. „Man ist hier verwachsen, hat viel Geld investiert und sieht sich jetzt in seiner Existenz bedroht“, sagt Rolf Herrmann.

Eigentlich müsste Thomas Rettig diese Existenzängste teilen. Denn den Gasthof Lamm, den er Ende 2013 mit dem Hotel gekauft hat, will er selbst weiterbetreiben. Er wird sogar Personal übernehmen. Bei seinen neuen Angestellten hätten sich schon erste Gäste gemeldet, die das Restaurant meiden möchten, wenn das Asylbewerberheim eröffne. Rettig lässt das kalt: „Entweder wir überzeugen die Leute von uns, oder wir müssen auf die verzichten, die so intolerant sind.“