Deutschland fordert schon seit längerem, das Atomkraftwerk Fessenheim zu schließen. Nun heißt es, der französische Stromkonzern EDF verzögere die Abschaltung.

Paris - Der Verwaltungsrat des französischen Stromkonzerns EDF hat einen Antrag zur Stilllegung des Pannen-Atomkraftwerks Fessenheim aufgeschoben. Gleichwohl wurde der Weg für den Antrag grundsätzlich freigemacht. Über das 40 Jahre alte Akw, das nahe der deutschen Grenze liegt, wird schon seit langem gestritten.

 

Die beiden 900-Megawatt-Reaktoren in Fessenheim wurden 1977 in Betrieb genommen und sind damit die ältesten des Landes. In dem elsässischen Atomkraftwerk, das 30 Kilometer südwestlich von Freiburg liegt, kommt es immer wieder zu Pannen und Zwischenfällen. Kritiker verweisen zudem auf das Erdbebenrisiko in der Region und die Gefahr einer Überschwemmung bei einem Bruch des Dammes, der das Akw vom Rheinkanal trennt. Nicht nur Atomkraftgegner in Frankreich, Deutschland und der Schweiz fordern seit langem eine Schließung von Fessenheim. Auch die Bundesregierung hat wiederholt auf eine Abschaltung der beiden Reaktoren gedrungen.

Eine Stilllegung schon 2016: Ein gebrochenes Wahlversprechen Frankreichs Staatschef François Hollande hatte eigentlich versprochen, Fessenheim bis Ende 2016 vom Netz zu nehmen. Der Sozialist hielt dieses Versprechen aber nicht ein. Die Regierung begründet dies insbesondere mit den Verzögerungen beim Bau eines Reaktors im nordfranzösischen Flamanville. EDF hat erreicht, dass Fessenheim erst abgeschaltet werden soll, wenn der neue Druckwasserreaktor vom Typ EPR in Betrieb geht. Das war ursprünglich schon für 2012 geplant - inzwischen peilt EDF das Jahr 2019 an.

Was beschloss der EDF-Verwaltungsrat am Donnerstag? Das Führungsgremium des Staatskonzerns machte grundsätzlich den Weg für einen Antrag auf einen Entzug der Betriebserlaubnis von Fessenheim frei. Festgehalten wird auch, dass die Schließung des Akw „unumkehrbar“ ist. Der Antrag soll aber erst in den sechs Monaten vor der Inbetriebnahme des neuen Reaktors in Flamanville eingereicht werden - also frühestens in der zweiten Hälfte 2018, wenn sich der Starttermin nicht noch weiter verzögert. Der Antrag ist notwendig, damit die Regierung per Dekret die Stilllegung von Fessenheim anordnen kann. Die jetzige Regierung wird dieses Dekret also nicht mehr beschließen können: Am 23. April und 7. Mai wird ein neuer Präsident gewählt, im Juni dann eine neue Nationalversammlung, aus der die künftige Regierungsmehrheit hervorgeht.

Wie argumentieren die Gegner einer Schließung von Fessenheim? Frankreichs Konservative und die rechtspopulistische Front National halten die Atomenergie für sicher, klimafreundlich und unverzichtbar für die Stromversorgung des Landes. Die Gewerkschaften und Politiker aus dem Elsass wiederum fürchten um die rund 2000 Arbeitsplätze, die direkt und indirekt mit dem Akw zusammenhängen. In dem Atomkraftwerk arbeiten 850 EDF-Mitarbeiter und rund 250 Mitarbeiter von Subunternehmen.

Frankreichs Abhängigkeit vom Atomstrom Ohnehin ist die Atomkraft in Frankreich viel weniger umstritten als in Deutschland. Das liegt auch an der großen Abhängigkeit vom Atomstrom: Die insgesamt 58 Reaktoren des Landes decken rund 75 Prozent des Strombedarfs, das ist der höchste Atomstromanteil weltweit. Ein 2015 verabschiedetes Energiewende-Gesetz sieht vor, diesen Anteil bis 2025 auf 50 Prozent zu senken. Die Kapazitätsobergrenze für die Atomkraft wurde in dem Gesetz auf den heutigen Stand von 63 Gigawatt festgelegt. Die Senkung des Atomstromanteils soll über mehrjährige Energiepläne erfolgen.