Die Münchner Staatsanwälte haben Audi-Chef Rupert Stadler verhaftet und damit gezeigt, dass sie auch Top-Manager nicht mit Samthandschuhen anfassen. Dies bringt auch die Ermittler in Stuttgart in Zugzwang, die Daimler und Porsche im Visier haben.

Stuttgart - Rupert Stadler hat in seiner Karriere ein beachtliches Stehvermögen bewiesen. Immer wieder wurden aus dem Dickicht des VW-Konzerns vergiftete Pfeile auf den Audi-Chef abgeschossen. Es wurde lanciert, dass seine Ablösung unmittelbar bevorstehe. Mal wurde gestreut, man sei in Wolfsburger mit seiner Strategie nicht zufrieden, mal hieß es, man sei verärgert, dass die Aufarbeitung des Abgasskandals kein Ende nehme und immer wieder neue Manipulationen bekannt werden.

 

Der frühere Porsche-Entwicklungschef Hatz schmort schon seit September in U-Haft

Doch Stadler hielt sich, weil ihn vor allem die Porsches und Piëchs sehr schätzten, die als Mehrheitseigner den größten Autokonzern der Welt als ihr Familienunternehmen betrachten. Erst im vergangenen Jahr wurde Stadlers Chef-Vertrag als Zeichen des Vertrauens nach zehn Jahren an der Spitze bis 2022 verlängert.

Doch nun dürfte Stadler nicht mehr zu halten sein, weil die Münchner Staatsanwaltschaft ihn in Untersuchungshaft genommen hat – auch wenn die Aufsichsräte von Audi und VW am Montag noch keine Entscheidung getroffen haben. Denn wie soll ein Vorstandsvorsitzender die Geschäfte aus dem Knast in München-Stadelheim führen? Dort schmort schon der frühere Porsche-Entwicklungschef Wolfgang Hatz in Untersuchungshaft – und dies bereits seit dem vergangenen September. Es ist glasklar, dass der Chefsessel eines Autoherstellers nicht auf unbestimmte Zeit verwaist bleiben darf.

Bei der Rundumerneuerung des Audi-Vorstands wurde Stadler ausgeklammert

Dies gilt insbesondere heute, wo sich die Automanager mit voller Kraft um den Umstieg vom Verbrenner zum Elektromotor und die Entwicklung von Roboterautos kümmern müssen, wenn ihr Unternehmen nicht unter die Räder kommen soll. Audi war in den vergangenen Jahren ohnehin ein Spätzünder bei Zukunftsthemen. Eine Rundumerneuerung des Vorstands im vergangenen Sommer – die Stadler ausklammerte – hat weitere Unruhe ins Unternehmen gebracht. All dies ist nicht gerade förderlich im Wettbewerb mit BMW und Daimler.

Die Stuttgarter Staatsanwälte geraten in Zugzwang

Die Münchner Staatsanwaltschaft beweist mit der Festnahme Stadlers, dass sie auch Top-Manager nicht mit Samthandschuhen anfasst. Schritt für Schritt haben sich die Strafverfolger in der Konzernhierarchie von den Entwicklern nach oben gearbeitet und sind nun an der Spitze angekommen. Diese Vorgehensweise bringt auch die Staatsanwälte in Braunschweig und Stuttgart in Zugzwang, wo Ermittlungen gegen Mitarbeiter von VW, Porsche und Daimler laufen. Wer wusste was wann? Bei Porsche haben die Ermittler unter anderem bereits den Entwicklungsvorstand Michael Steiner ins Visier genommen. Doch wie das Münchner Beispiel zeigt, könnte es auch für Porsche-Chef Oliver Blume und Daimler-Chef Dieter Zetsche noch sehr ungemütlich werden.