Rund um den Saalplatz wurde Korntal einst gegründet, heute ist der Platz der zentrale Ort für die evangelische Brüdergemeinde.

Korntal-Münchingen - Die Geschichte des Saalplatzes ist eng verknüpft mit der Geschichte Korntals. Es handelt sich nicht nur um den zentralen Platz vor dem Rathaus, sondern es ist auch der Ort, rund um den Korntal vor bald 200 Jahren gegründet wurde. Vor allem aber ist es der zentrale Ort der evangelischen Brüdergemeinde.

 

1819 wurde das heutige Korntal von pietistischen Siedlern gegründet – es sollte ein Ort sein, in dem jeder seinen Glauben frei ausleben kann. Die Siedlung auf dem ehemaligen Rittergut Korntal war ein Zugeständnis, das der pietistisch geprägte Leonberger Bürgermeister Gottlieb Wilhelm Hoffmann dem damaligen König Wilhelm I. abgerungen hatte. Die Aufklärung, die in die Kirche hineinwirkte, ging vielen Frommen zu weit, reihenweise wanderten sie vor allem nach Südrussland aus. Um die Abwanderung zu stoppen, ließ sich der König auf Hoffmanns Vorschlag ein. Die evangelische Brüdergemeinde war geboren.

Das Rathaus versinkt im Boden

Das Landschloss aus dem 17. Jahrhundert ist Korntals ältestes Gebäude. Vor der Ortsgründung durch die Brüdergemeinde war es das Herrenhaus der Freiherren von Görlitz, der Platz davor hieß lange Schlossplatz. Die ersten Siedler kamen übergangsweise im Landschloss unter, heute ist es ein Hotel im Besitz der Brüdergemeinde. Das zweite Gebäude der jungen Siedlung, das ebenfalls noch steht, war der Betsaal der Brüdergemeinde – der „Große Saal“.

Neben mehreren Gebäuden der Brüdergemeinde – etwa dem früheren Pfarrhaus und ehemaligen Rathaus, wo heute die Administration der Brüdergemeinde untergebracht ist – steht am Saalplatz auch das Korntaler Rathaus. Vor mehr als 50 Jahren – im Jahr 1961 – wurde das Gebäude dort erbaut, wo zuvor das Haus des Töchterinstituts der Brüdergemeinde gestanden hatte. Das war abgerissen worden – wegen des porösen Untergrunds. Der Gipskeuper sorgt nun dafür, dass auch das Korntaler Rathaus langsam, aber sicher, im Untergrund versinkt. Auf kurz oder lang muss die Verwaltung umziehen. Für die Brüdergemeinde wird der Saalplatz aber wohl weiter der zentrale Ort bleiben. Manuel Liesenfeld, der Sprecher der pietistischen Gruppierung, berichtet von Ständerlingen an der Kaffeekarre nach den Gottesdiensten, die bis in die Mittagsstunden hineinreichen, und dem beliebten Café Pax der Jugendgemeinde. Wie wichtig der Saalplatz für die Brüdergemeinde ist – und wie groß ihr Einfluss im Ort ist – zeigt ein Zwischenfall aus dem Jahr 2008. Der neu gewählte Bürgermeister Joachim Wolf hatte einem Rathaussturm der Strohgäu-Hexen zugesagt – das jedoch sorgte für einen Sturm der Entrüstung unter Mitgliedern der Brüdergemeinde. Die Vorstellung von Hexenfratzen auf dem Saalplatz fand manch einer empörend.

Weniger Straße, weniger Grün

Vor einigen Jahren wurde der Saalplatz umgestaltet; er hat nun weniger einen Durchfahrtscharakter als vorher, ist aber auch sehr viel weniger grün. Ermöglicht hat die Umgestaltung ein zinsloses Darlehen der Korntaler Güterkaufgesellschaft und der Brüdergemeinde über 900 000 Euro; mehr als zwei Drittel der Gesamtkosten von 1,2 Millionen Euro. Liesenfeld nennt den umgestalteten Saalplatz einerseits „attraktiv“, andererseits seien die Treppenstufen Stolperfallen. Mit der Sanierung, findet er, habe das Areal gewonnen: „Hier ist ein wichtiger Kommunikationsraum geschaffen worden – egal, ob man der Brüdergemeinde angehört oder nicht.“

Ein stark belebter Dreh- und Angelpunkt ist der Saalplatz jedoch nicht, sieht man von den Mitgliedern der Brüdergemeinde einmal ab. Das war früher anders – etwa damals, als es noch den Kolonialwarenladen gab. Der ist längst dicht, und das letzte Geschäft am Saalplatz – abgesehen vom Israelladen der Brüdergemeinde – seit mehr als einem Jahrzehnt ebenfalls.