Die Stadt plant eine Aufarbeitung der Stuttgarter Kolonialgeschichte. Die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland findet klare Worte.

Digital Desk: Sebastian Xanke (xan)

Stuttgart - Die Kolonialgeschichte Stuttgarts ist weitestgehend unerforscht. Damit die vorhandenen Lücken geschlossen werden, hat das Linksbündnis im städtischen Gemeinderat um Die Linke und das Bürgerbündnis SÖS einen Antrag in den zuständigen Verwaltungsausschuss eingebracht. Am Montag wurde dem Vorschlag in einer nicht öffentlichen Sitzung zugestimmt. 15.000 Euro wenden das Stuttgarter Stadtarchiv und Kulturamt nun auf, um eine Machbarkeitsstudie zu erstellen. Sie soll prüfen, wie und von wem eine Aufarbeitung der städtischen Kolonialgeschichte durchgeführt werden kann.

 

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„Die Machbarkeitsstudie ist ein klares Bekenntnis zur Stuttgarter Vergangenheit im Kolonialismus“, sagt SÖS-Stadtrat Luigi Pantisano. Jetzt werde mit Universitäten und Wissenschaftlern gesprochen, wo bereits Erkenntnisse gewonnen wurden und wie eine mögliche Zusammenarbeit aussehen könnte. „Es wird ähnlich ablaufen, wie wir es auch mit der Stuttgarter Nazi-Vergangenheit getan haben.“

„Das reicht noch nicht“

„An sich ist die Aufarbeitung zu begrüßen“, sagt Vincent Kadiri, Mitglied des Stuttgarter Teils der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland. Generell werde beim Thema der Aufarbeitung von Kolonialismus aber zu wenig getan. So habe das Stadtwappen von Möhringen bei Stuttgart etwa noch immer einen klischeehaft dargestellten Schwarzen im Bild. „Da passiert seit Jahren nichts“, sagt Kadiri. Für das geplante Projekt in Stuttgart fordert er: „Bei solchen Sachen müssen schwarze Menschen einbezogen werden.“ Weiße Akademiker würden diese Themen andernfalls für sich vereinnahmen.

Auch das Ändern von Straßennamen und das Schreiben von Büchern oder Internetseiten sei zwar gut, aber: „Das reicht noch nicht.“ Die Geschichte des Kolonialismus müsse besser an die Menschen herangeführt werden, beispielsweise durch Veranstaltungen. Denn selbst bei Spendenaktionen für Länder in Afrika stünden häufig noch die „armen Schwarzen“ im Vordergrund. „Dabei lässt sich unser Reichtum nicht losgelöst von der Armut dort betrachten“, sagt Kadiri.

Bis mit der Aufarbeitung der kolonialen Stadtgeschichte begonnen wird, dauert es wohl noch einige Jahre. Grundsätzlich kann über den Antrag sogar am 20. Dezember noch einmal in einer öffentlichen Sitzung des Ausschusses abgestimmt werden. Da laut Stadtrat Pantisano aber bereits am Montag ein absoluter Großteil der Gemeinderatsmitglieder für den Antrag gestimmt hätte, sei das nicht zu erwarten. Die Machbarkeitsstudie werde dann wahrscheinlich bis 2021 vorgelegt.