Der 1. FC Köln steht drei Spiele vor Saisonende als Bundesligaaufsteiger fest. Der Verein begeht diesen Triumph umfassend – aber mit einer für die Rheinländer ungewohnten Demut.

Köln - Im Moment des Triumphes hat dann doch noch einmal die alte Maßlosigkeit hervor geschimmert, die die Verantwortlichen des 1. FC Köln in den vergangenen Jahren so erfolgreich bekämpft haben. Die Biermenge, die in der Stunde nach dem vollendeten Aufstieg über Köpfe geschüttet, auf Funktionäre, Mitarbeiter, Sicherheitsleute, Fans und Journalisten gespritzt und zum Teil auch getrunken wurde, hätten ausgereicht, um zwei Meisterfeiern, den Champions-League-Titel und einen Pokalsieg des FC Bayern auszustatten. Immer wieder wurden gefüllte Kölschgefäße unterschiedlicher Größe herangeschleppt, am Ende klebten die Böden, und es lag ein süßlicher Geruch über den vielen Gängen und Räumen, in denen die Spieler ihre Bierduschenorgie veranstaltet hatten.

 

Im Feiern waren die Kölner schon immer erstklassig, und dieses 3:1 gegen den VfL Bochum mit der Rückkehr in die Fußball-Bundesliga war ja tatsächlich der schönste Fußballmoment nach Jahren des Chaos und der Finsternis. „Wir sind ohne eine Krise mit einer sehr jungen Mannschaft durch die Saison gegangen und haben uns immer weiter entwickelt“, bilanzierte der Sportdirektor Jörg Schmadtke das Jahr der Auferstehung, während der Verteidiger Kevin Wimmer demütig konstatierte: „Das Bier brennt in den Augen.“

  Nur Peter Stöger, wie Schmadtke erst vor dieser Saison gekommen, wirkte inmitten des wilden Jubels geradezu ernsthaft. „Es ist erledigt, es ist durch“, sagte der Trainer erleichtert, absolvierte den obligatorischen Interviewreigen, ließ sich pflichtbewusst mit Kölsch überschütten, aber gesungen und getanzt hat er nicht. Jedenfalls nicht, so lange die Party in der Öffentlichkeit stattgefunden hat. „Er hat eine sehr ruhige Art“, sagte Marcel Risse, ein Ur-Kölner, der nach seiner Halbzeiteinwechselung das 1:1 geschossen und damit einen wesentlichen Teil zur Wende dieses Spiels beigetragen hatte.   Stöger wird ja gerne als Wiener Frohnatur porträtiert, und natürlich ist er ein überaus humorvoller Mensch. Aber Peter Stöger hat auch seine ernste Seite.

Nur 17 Gegentore dank eines stabilen Gesamtgefüges

Und diese Ernsthaftigkeit gehört zu den zentralen Aspekten des Kölner Erfolges. Denn mit genau dieser durch und durch seriösen Haltung haben der Trainer Stöger, der Sportdirektor Schmadtke und auch die Gestalter im Hintergrund – der Finanzgeschäftsführer Alexander Wehrle, der Kaderplaner Jörg Jakobs und der Präsident Werner Spinner – die gesamte Saison bestritten.  Selbst die Mannschaft ist durchsetzt von diesem Geist der geradlinigen Fußballarbeit. Die Kölner sind nicht mit Hurrafußball aufgestiegen, sondern mit einem ungewöhnlich ökonomischen Stil für eine Mannschaft, die schon drei Spieltage vor Schluss als Zweitligameister feststeht.

Fünfmal hat das Team seinen Fans torlose Unentschieden zugemutet, dazu gab es sieben Partien, in denen nur ein einziger Treffer fiel. Beeindruckend war vor allem die Stabilität des Gesamtgefüges.   Mit 17 Gegentoren steht die Kölner Defensive derzeit sogar noch besser da, als die Abwehr des FC Bayern in der Bundesliga (20 Gegentreffer). Und am Ende dieser Saison lässt sich vermuten: Es war wohl gar nicht schlecht, dass der teure Ex-Nationalspieler Patrick Helmes, der im vorigen Sommer nach Köln zurückkehrte, nicht zum toreproduzierenden Superhelden avancierte. Helmes war eben auch nur einer von den Jungs und hat sich klaglos den Interessen des Kollektivs untergeordnet.

Klima der Kooperation statt ständig Chaos im Club

Der Aufstieg 2008 sei „ein Kraftakt mit einer ganz schwierigen Mannschaft“, gewesen erinnerte Helmes sich, im Subtext hieß das: Die Mannschaft der Gegenwart funktioniert vor allem zwischenmenschlich.   Und an dieser Stelle liegt nicht nur eine große Chance, sondern wohl auch die entscheidende Veränderung gegenüber dem zerstrittenen Chaosclub, der vor zwei Jahren abgestiegen ist. Im Moment prägt das Gefühl eines großen Zusammenhaltes, ein Klima der Kooperation den 1. FC Köln. Jene Qualitäten also, mit denen sich Clubs wie der SC Freiburg, der FC Augsburg oder auch Mainz 05 seit Jahren erfolgreich in der Bundesliga halten.

„Ich habe das Gefühl, wenn hier so weiter gearbeitet wird, dann kann der Club sich in der ersten Liga etablieren“, sagte der Verteidiger Dominic Maroh.   Zumal es mit Timo Horn, Kevin Wimmer, Jonas Hector, Yannick Gerhardt oder Kazuki Nagasawa mehrere junge Spieler mit guter Perspektive gibt, und Helmes, Risse, Ujah, Halfar und Maroh wird ebenfalls zugetraut wird, in der Bundesliga mithalten zu können.

Dass das Niveau des Kaders insgesamt angehoben muss, verschweigen sie aber auch nicht. „Wir werden alles dafür geben, dass wir wettbewerbsfähig sind, aber wir werden gegen den Abstieg spielen, das ist klar“, sagte der Geschäftsführer Wehrle. Und so lange diese Demut weiterlebt, sind die Perspektiven für den 1. FC Köln so gut wie lange nicht.