Der FC Ingolstadt ist kein künstliches Produkt, eher eine Sonderanfertigung des Vereinschefs Peter Jackwerth – und der erste Aufsteiger in die Fußball-Bundesliga.

Manteldesk: Mirko Weber (miw)

Ingolstadt - In den Niederungen der zweiten Bundesliga stehen, analog zum Oberhaus, jede Menge so genannter Traditionsclubs vor dem letzten Spieltag auf sehr wackeligen Kickstiefeln: St. Pauli, Greuther Fürth, 1860 München. Keiner ist gerettet. Andererseits kamen zum letzten Heimspiel der Löwen, die eine unterirdische Spielzeit erleben, gegen den im Mittelmaß versandeten 1. FC Nürnberg 68.500 Zuschauer in die Allianz-Arena. Mit gnädigster Mithilfe des Schiedsrichtergespanns schusterten sich die Sechzger ein 2:1 zurecht. Nun liegt es am Auftreten in Karlsruhe, ob 1860 im vergleichsweise großen Geschäft bleibt.

 

Ein Verein neuen Zuschnitts

Meister in der zweiten Bundesliga aber ist, vor 15.000 Zuschauern (mehr gehen im Moment nicht rein in den Audi Sportpark), der FC Ingolstadt 04 geworden. Das ist schön für Ingolstadt – und dürfte interessant für die Liga werden. Denn hier steigt tatsächlich ein Verein neuen Zuschnitts auf, den es genau genommen erst seit 11 Jahren gibt. Vorher spielte man beim MTV (von 1881) und beim ESV. Beide Clubs packten es Ende der siebziger Jahre schon einmal kurz und zeitgleich in die zweite Liga, um sich danach in die Bedeutungslosigkeit zu verabschieden. Das wiederum widerstrebte dem gelernten Werkzeugmacher (und ehemaligen Kinderkicker beim VfB Stuttgart) Peter Jackwerth, geboren in der Gerd-Müller-Stadt Nördlingen und reich geworden in der Zeitarbeitsbranche. Bis heute mit erheblicher Kraft und Überredungskunst gesegnet, arrangierte der damals Mittvierziger eine Fusion der Vereine und plante als Mäzen und oberster Fan das Unternehmen erste Liga.

Audi ist mit 20 Prozent Anteilseigner

Erste Indizien dafür, dass Jackwerth nicht nur privat träumte, war ein erwachendes, erst zaghaftes Engagement des Autoherstellers Audi vor Ort (mittlerweile Anteilseigner von 20 Prozent) und das Engagement vom ehemaligen Bayern-Spieler Thorsten Fink als Trainer. Das brachte 2008 die zweite Liga, wo dann aber unter den Trainern Horst Köppel und Michael Wiesinger Stagnation herrschte.

Das änderte sich auch nicht, als der neue, bei RB Salzburg und RB Leipzig geschulte Innenverteidiger-Veteran Thomas Linke das Amt des Sportdirektors übernahm. Linke brachte Marco Kurz mit, den er von seiner Schalker Zeit her kannte, hatte sich aber verkalkuliert. Der FC fiel auf den letzten Platz zurück, und erst der Grazer Ralph Hasenhüttl (als Spieler mäßig erfolgreich bei Köln und Greuther Fürth) konnte die Mannschaft 2013 konsolidieren und nach oben führen.

Stille Geister und fleißige Arbeiter

Heute nennen sie das in der Festungsstadt (daher der Spitzname: die Schanzer) den „Ingolstädter Weg“. Es handelt sich dabei um eine Art Mischform aus Bestrebungen des SC Paderborn 07, RB Leipzig, TSG Hoffenheim und einem ganz eigenen Gründergeist. Gerade Thomas Linke, der – vom Anfangsflop Kurz abgesehen – in Ingolstadt kontinuierlich gute Arbeit geleistet hat, wollte es eben nicht nach Schema Red Bull machen – was im Übrigen auch mit Jackwerth nicht möglich gewesen wäre. Behutsam fügte er unterschiedliche, eher stille Geister, aber allesamt fleißige Arbeiter zusammen: Co-Trainer von Hasenhüttl, der mit Unterhaching und Aalen zuvor gleich zwei Mannschaften in die zweite Liga geführt hatte, wurde zum Beispiel der bereits zuvor engagierte Michael Henke, seinerzeit berühmt geworden als Schatten des großen Trainers Ottmar Hitzfeld, selbst jedoch allweil glücklos als Cheftrainer in Kaiserslautern, Köln und Saarbrücken.

Eine Alternative zu Augsburg, München oder Nürnberg

Mit Hasenhüttl indes passte es wieder: Beide konstruierten sich ein junges Team, das sich auf eher bestimmte Führungsspieler wie Ramazan Özcan im Tor, Alfredo Morales, Danny Costa oder Marvin Matip verlassen kann. Letzterer zumindest hat derzeit mehr zu lachen als sein Bruder Joel in Gelsenkirchen.

Wichtig für den FC Ingolstadt, in einer Stadt praktisch ohne Arbeitslosigkeit, wird sein, sich tatsächlich als Alternative darzustellen zu den benachbarten Clubs in Augsburg, München oder Nürnberg. Fürs Erste jedenfalls hat Peter Jackwerth versprochen, dass aus dem FC „kein Werksclub“ wird. Mal schauen, ob das zu halten ist.