Der FC Schalke 04 und Werder Bremen sind ein Jahr nach dem Abstieg zurück in der Bundesliga und müssen vorerst kleinere Brötchen backen. Das gefällt nicht jedem Fan.

Aus der Ferne betrachtet ist der FC Schalke 04 schon länger ein geradezu widersinniger Fußballclub. Ständig wird über die katastrophale finanzielle Lage des tief gefallenen Giganten gesprochen, aber beim Shoppen auf dem Spielermarkt sind die Gelsenkirchener seit ihrem Abstieg aus der Bundesliga im vergangenen Jahr umtriebig wie kaum ein anderer Verein. Im vergangenen Sommer sind 19 Spieler gekommen und in der laufenden Transferperiode hat der Club sich bisher mit elf Profis verstärkt. Weitere werden folgen. Aber diese Bewegungen, die nicht zuletzt dem Vorsatz folgen, das Gehaltsgefüge mit den wirtschaftlichen Potenzialen in Einklang zu bringen, sind nur ein besonders auffälliges Merkmal einer Verwandlung, die ähnlich grundlegend erscheint wie die Metamorphose einer Raupe zum Schmetterling.

 

Wobei im Falle des Revierclubs noch nicht ganz klar ist, wie schön das neue Schalke erstrahlen wird. Die erfolgreiche letzte Phase der vergangenen Saison hat eine wilde Euphorie ausgelöst. „Galaktisch“ seien der Aufstieg und seine Geschichte, sagte Rouven Schröder in der Nacht der Bundesligarückkehr. Doch die Qualität des Kaders und der Name des neuen Trainers Frank Kramer haben auch Zweifel geweckt.

Die Reha-Phase auf Schalke läuft noch

Als „Billig-Kramer“, verspottete die „Bild“ den Chefcoach, die Erinnerungen an die großen Tage in der Champions League mit dem autokratischen Boss Clemens Tönnies und eher herbeifantasierten als bereits verdienten Millionensummen, die hin und her geschoben wurden, sind noch frisch. Mancher Anhänger hatte davon geträumt, dass sich der Club nach der Rückkehr in die Bundesliga schnell wieder mit großen Stars im Kader und auf der Trainerbank schmücken würde, doch Sportvorstand Peter Knäbel sagt: „Wir sind nicht auf ein Trampolin gefallen, es war ein massiver Absturz. Und die Tatsache, dass wir den in einem Jahr repariert haben, darf nicht dazu führen, dass wir in die höchsten Höhen steigen.“

Die Phase der Rehabilitation ist noch längst nicht abgeschlossen, immer noch gibt es alte Verträge mit Spielern, die bezahlt werden wie königsblaue Champions-League-Helden. Aber ideologisch ist die Wende geschafft. „Wir haben ein Stück weit zu unseren Werten zurückgefunden“, sagt Aufstiegstrainer Mike Büskens, der auf eigenen Wunsch wieder in den Kreis der Assistenten des neuen Chefcoachs Kramer zurückkehrte.

Tönnies und Gazprom sind weg, die Illusion, zu den besten Clubs Europas gehören zu können, ist zerplatzt. Schalke ist endgültig zurück in der Rolle des Underdogs, aus der in den 1990er Jahren der Aufstieg zu einer der größten Marken des Weltfußballs begann. Fortan sollen wieder Profis für Schalke malochen, die nicht zuallererst wegen der hohen Gehälter hier spielen, sondern ganz im Ernst auch, weil sie Schalke ins Herz geschlossen haben. „Es muss das Gefühl geben: Wenn hier einer nach Schalke kommt, dann rappelt’s“, sagt Schröder. Die Schalker stellen sich auf einen harten Kampf gegen den Abstieg ein, in dem Hingabe und Wucht der Emotionen ein wichtiger Faktor werden sollen. „Unser Ziel ist jetzt zweimal der Klassenverbleib“, sagt der neue Aufsichtsratschef Axel Hefer.

Werder vor schwieriger Zukunft

Ähnliches hat auch Werder Bremen, der zweite Aufsteiger vor, der genau wie die Gelsenkirchener von einem Champions-League-Club zu einem wirtschaftlich gebeutelten Zweitligaverein geschrumpft ist. Nur viel langsamer, daher sind die Umbrüche etwas sanfter. Der SV Werder kehrt zwar mit einem neuen Trainer zurück in die Bundesliga, aber viele Spieler im Kader von Ole Werner sind 2021 ab- und nun wieder aufgestiegen. Und beide Vereine schwören ihre Anhänger auf eine schwierige Zukunft ein. Bremens Sportchef Frank Baumann bezeichnet seinen Club als „einen der Kleinen“, Freiburg, Mainz oder sogar Union Berlin sind davongezogen. Weil sie rationaler und vernünftiger agieren und sich nicht so sehr von Emotionen leiten lassen.

Diese These untermauert jedenfalls Marco Bode, der langjährige Aufsichtsratschef des SV Werder, in einem mit dem Autor Dietrich Schulze-Marmeling verfassten Buch mit dem Titel „Tradition schießt keine Tore“. Es geht in dem Werk um die Grundsatzprobleme von Clubs mit strahlender Geschichte und grauer Gegenwart im modernen Fußball. Bremen und Schalke haben sich aufgemacht, große Gefühle und Erinnerungen mit den Errungenschaften der Emporkömmlinge verbinden.