Das bisher schicke Nesenbach im schicken Dorotheen-Quartier ist nach dem Umbau ein zünftiges Augustiner Brauhaus. 300 geladene Gäste feierten Eröffnung, sprachen über Schaumschläger und bayerisch-schwäbische Gemeinsamkeiten.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Eine Stuttgarter Brauerei, die mitten in München ein Brauhaus eröffnet – dies ist so wahrscheinlich, wie wenn der VfB Stuttgart mit 11:0 die Lederhosen von Bayern München wegfegt. In der anderen Fahrtrichtung ist da schon mehr drin. Stuttgart ist schließlich eine weltoffene und tolerante Stadt, die bayerischem Bier eine Chance gibt. Mönchsarbeit wird bei uns geschätzt.

 

1328 haben Diener des Glaubens das Augustiner-Bier gegründet. Jetzt wollen ihre Erben damit wenige Schritte vom Alten Schloss entfernt, im Randgebäude des schicken Dorotheen-Quartiers, voll durchstarten. „Wir wollen in Stuttgart Flagge zeigen“, sagt der Augustiner-Vertriebschef bei der Eröffnungsparty für 300 geladene Gäste im Nesenbach, das nun Nesenbach Augustiner Bräu heißt.

Bisher hat es in diesem Lokal auf zwei Stockwerken bereits Augustiner-Bier gegeben. Doch angesichts der eher schicken Gästeschar in einem schicken Ambiente ist mehr Aperol-Sprizz getrunken worden als das Helle aus München. Von außen sieht das Nesenbach nahezu unverändert aus. Die Fassadenschrift ist in diesem neu gebauten Viertel weitgehend identisch und darf nicht verändert werden. Drinnen aber ist sehr viel anders geworden, vor allem im ersten Stock, das mit der Holzvertäfelung und den Holztischen tatsächlich als Brauhaus wahrgenommen wird. Bekim Pajazitaj, der mit dem stadtbekannten Wirt Marco Grenz gestartet war und mit diesem auch den Cannstatter Augustiner Biergarten betrieben hat, zahlt als alleiniger Geschäftsführer die Umbaukosten weitgehend selbst. Seine Münchner Partner schickten den Innenarchitekten und die Handwerker, die sich mit Brauhaus-Ambiente auskennen.

Partygastgeber Marc Wenger ist ein eifriger Netzwerker

Zur „Stuttgart VIP-Night“, wie die Eröffnungsfeier für eine geschlossene Gesellschaft in der Nacht zum Samstag hieß, lud Pajazitaj mit seinem Kumpel, dem Unternehmer Marc Wenger, ein feierfreudiges Publikum ein, das vielfach in Dirndl und in Lederhosen erschien. Einen kostenlosen Schwips gab’s für die VIPs. Innerhalb von kurzer Zeit hat sich Marc Wenger zu einem der eifrigsten Netzwerker der Stadt entwickelt, der ein bunt gemischtes Partyvolk erfreut. Unter den Gästen: Varieté-Chef Timo Steinhauer, Anahita Rehbein, die Miss Germany 2018, Nelly Schmolke, die Misses Baden-Württemberg vom Verband MGO, Boris Ritter, der Dirigent des Musicals „Ghost“, die Münchner Dirndl-Designerin Astrid Söll, Burlesque-Tänzerin Celeste Petrovic, Maria von Sachsen-Altenburg, die Botschafterin des Kinderhospiz-Bundesverbandes, Autorin und Filmproduzentin Heike Ellwanger, Moderator und Model Mustafa Göktas, die Designer Renate Renner und Tobias Siewert, Michael Stümpflen, der Berater von Stuttgart Hofbräu, Schönheitschirurg Christian Fitz, die früheren VfB-Profis Christof Weber und Jörg Wolff, TV-Kartenlegerin Lydia Erhardt, der Neurochirurg und McLaren-Fahrer Panagiotis Kafritsas, Citygolf-Chef Alfred Wuttke und viele andere.

Wenn Marc Wenger ruft, wollen viele kommen. Um Geld geht es ihm dabei nicht. Er organisiert Partys für Gotteslohn. „Ich bin einfach glücklich, wenn so viele Menschen Spaß haben“, sagt er. In dieser Nacht hat man in sehr viele glückliche Gesichter geblickt. Die Stimmung war bestens. DJ Steffen Eifert legte auf, die Musikerin Babs Steinbock spielte. Draußen in der Kälte konnten sich etliche auf dem roten Teppich austoben, an dem keineswegs wenige konsequent vorbeigelaufen sind, weil sie meinen, Stuttgart könne auch ohne Selbstdarstellung vor der Sponsorenwand schöne Feste feiern.

Wie viel Schaum gehört auf ein Bier?

Künftig wird im Nesenbach immer um 17 Uhr ein Holzfass angestochen. Im Erdgeschoss hängen nun, wie in einem Brauhaus üblich, große Lichträder an der Decke. Die Theke wurde nach hinten verlagert, so dass sich die Zahl der Plätze nun fast verdoppelt hat. Zünftig geht’s nun im Nesenbach zu. Wirt Bekim Pajazitajt sagt, dass es positive Reaktionen aus dem Dorotheen-Quartier gegeben habe zum Neustart. Offensichtlich hoffen die Geschäftsleute dort, dass ein Münchner Brauhaus ein neues Publikum anlockt. Dass sich nach so kurzer Zeit das Nesenbach neu erfindet, zeigt, dass man mit dem ersten Konzept nicht ganz richtig lag. Im ersten Stock war bisher weitgehend tote Hose, was nun nach der Neugestaltung anders werden könnte. Bei der Eröffnung gab es jedenfalls viel Lob für die neue Einrichtung.

Mit viel Schaum kam das Augustiner aus dem Zapfhahn, weshalb einige Gäste lästerten und fragen: Ist gleich zur Eröffnung die Fassanlage defekt oder beherrschen die Zapfer ihr Handwerk nicht? „Da sind 75 Prozent Schaum und nur 25 Prozent Bier“, bemerkte einer, „andersrum wär mir lieber.“

Das Bier gehört so, machten die aus München angereisten Leute von Augustiner klar. Die Schaumschicht verhindere das Entweichen der Kohlensäure, sodass das Bier länger frisch und nicht schal schmeckt. Bei einer Party, bei der keiner zahlen muss, mache man noch etwas mehr Schaum ins Glas als im normalen Geschäft und schenke lieber öfter nach. Die Schaumkrone diene dem Geschmack und hemme die Freisetzung von Gasen und Aromastoffen. Was der Unterschied zwischen bayerischem und schwäbischen Bier ist? Das Münchner Bier schmecke süffiger, sagen die Augustiner-Leute. Vom Alkoholgehalt sei es aber nicht leichter als das Stuttgarter.

An einen weiteren Brauhaus- oder Biergarten-Standort in Stuttgart denkt Augustiner nicht, wie deren Vertreter bei der Eröffnung versicherten. Dafür haben wir Stuttgarter so einen kleinen, feinen Plan: Wir knallen mit dem VfB die Bayern mit 11:0 irgendwo raus! Klar, schaffen wir! Irgendwann. Erst mal stärken wir uns mit Bier. Prost!