Nicht erst seit der Schließung des Fernsehturms: je früher Architekten lernen, an Sicherheitsvorschriften zu denken, desto leichter können sie entsprechend planen: So argumentieren Verantwortliche an den Stuttgarter Hochschulen.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Nicht nur wegen der Schließung des Fernsehturms kurz vor Ostern ist der Brandschutz ein wichtiges Thema in der Stadt. Eine Disco in der Hauptstätter Straße wurde dichtgemacht, weil keine ausreichenden Fluchtwege vorhanden waren. Am Alten Schloss musste eine Fluchttreppe angebracht werden. Die Vorschriften für den Brandschutz werden immer wieder angepasst – das schlägt sich auch in der Architektenausbildung nieder.

 

Der Landesbranddirektor Hermann Schröder hatte in einem Interview mit der StZ geäußert, die Brandschutzausbildung würde an den Hochschulen zu kurz kommen. Das sei einer der Gründe, warum in fertigen Projekten mitunter nachträglich Änderungen vorgenommen werden müssten, um den Vorschriften Genüge zu tragen.

Gestalterische Merkmale im Einklang mit Vorschriften

Dieser Feststellung treten Verantwortliche an den drei Stuttgarter Hochschulen, an denen Architekten ausgebildet werden, entgegen. Das Fach kann man an der Universität, an der Hochschule für Technik und an der Kunstakademie belegen. „Architektur ist keine Serienfertigung von Autos“, sagt Rainer Franke, der Rektor der Hochschule für Technik (HfT). Jedes Gebäude, jeder Plan, habe seine eigenen gestalterischen Merkmale, die es in der Praxis mit den Vorschriften in Einklang zu bringen gelte. An seiner Hochschule sei der Brandschutz für die angehenden Architekten „seit Jahren ein Pflichtfach“. Bereits im zweiten Semester sei es fester Bestandteil des Lehrplans. Einen Beleg dafür, dass die Ausbildung mit der Feuerwehr abgestimmt sei, finde sich im Verzeichnis der Lehrbeauftragen. Darunter ist Stefan Eppinger, der Chef der Abteilung für vorbeugenden Brandschutz bei der Berufsfeuerwehr.

Damit die Studierenden frühzeitig lernen, technische Aspekte in die Planung einzubeziehen, arbeiten sie bereits im zweiten Semester an einem integrierten Planungsprojekt. Architekten, Tragwerksplaner und Haustechniker sitzen dann gemeinsam an einem Tisch. „Sie sollen lernen, dass nicht erst der fertige Entwurf stehen soll, und man dann überlegt, wie man Leitungen einzieht“, begründet der Rektor diese Lehrmethode.

Nicht erst in den fertigen Entwurf die Rettungswege einplanen

Ähnlich klingt der Ansatz, den die Kunstakademie für die Klasse Architektur und Gebäudetechnologie wählt. „Wir wollen die Architekten so ausbilden, dass sie die Technik möglichst früh in ihre Planung integrieren“, sagt der Professor Matthias Rudolph. Seine Studenten sollen schon zu einem frühen Zeitpunkt in der Ausbildung „ein intuitives Gefühl“ für Energieversorgung und Brandschutz von Gebäuden entwickeln. Die angehenden Architekten an der Akademie belegen im zweiten Semester das Fach Gebäudetechnik mit acht Semesterwochenstunden, darin werde die ganze Bandbreite technischer und baulicher Grundlagen vermittelt. „Der Architekt muss schließlich nachher auf der Baustelle die gleiche Sprache sprechen wie ein Ingenieur“, sagt Rudolph. Auch er ist kein Freund davon, erst schöne Pläne zu zeichnen, und dann erst Leitungen und Fluchtwege einzubauen.

Brandschutz kein Pflichtfach

An der Universität Stuttgart ist der Brandschutz für Studenten kein Pflichtfach, teilt Markus Friedrich, der Studiendekan für Bau- und Umweltingenieurwissenschaften, mit. „Das Thema Brandschutz ist im Masterstudiengang Bauingenieurwesen ein Modul mit etwa 15 Wochenstunden“, erläutert Friedrich. Das Modul sei deshalb freiwillig, da das Studium sehr breit angelegt sei. Neben Baukonstruktion werden Fachrichtungen wie Verkehrsplanung, Wasserwesen und Umweltschutz gelehrt.

An der Fakultät für Architektur und Stadtplanung wird eine Veranstaltung mit einer Wochenstunde angeboten. „Es ist selten der Architektur zuträglich, wenn man das Thema Brandschutz den Fachplaner für Technikgewerke überlässt, die sich mit Rechtstexten auskennen, aber selten architektonisch denken können“,meint Lilly Wedler, Lehrbeauftragte an der Universität. Das Angebot der Hochschule sei aber noch ausbaufähig.