Lernen mit Videounterstützung und mit Computern, das alles gibt es im neuen Lernlabor der Herrenberger Hilde-Domin-Schule.

Herrenberg - Blutzucker und Temperatur messen, Vitalzeichen kontrollieren oder die richtigen Handgriffe bei der Körperpflege von Patientinnen und Patienten erlernen – diese und noch weitere Fertigkeiten können angehende Pflegefachkräfte nun in einem sogenannten „Skills Lab“, einem Lernlabor an der Hilde-Domin-Schule in Herrenberg praxisnah trainieren.

 

„Sie gehen mit ganz anderer Sicherheit in die Praxis“, Landrat Roland Bernhard über die neuen Möglichkeiten mit High-Tech-Unterstützung. Die rund 330 000 Euro, die der Landkreis als Schulträger investiert hat, „sind gut angelegtes Geld“, befand er bei einem Rundgang durch den neu geschaffenen Raum am Mittwochvormittag. Als „Flugsimulator für die Pflege“, bezeichnete Stefan Huckauf, der beim Landratsamt für das Gebäude zuständige Bauingenieur die neue Einrichtung, für die unter anderem rund 1,1 Kilometer Daten- und andere spezielle Kabel verlegt worden sind.

Ein wirklichkeitsnahes Stationszimmer

Auf 109 Quadratmetern sind vier Pflegeplätze, ein pädiatrischer sowie ein Badezimmerbereich und wirklichkeitsnahes Stationszimmer untergebracht. Das eigentliche Herzstück ist aber der Regieraum. Von dort können die Übungseinheiten über mehrere Kameras und Mikrofone an zwei Arbeitsplätzen gleichzeitig aufgezeichnet werden. Diese Aufnahmen seien unter anderem für die Fehleranalysen in der Nachbesprechung wichtig, erläuterten die Lehrerin Eveline Gutknecht-Fritz, die zusammen mit Birgit Baur und Bernadette Brenner sowie dem Lehrer Martin Harke dort arbeiten.

Videosequenzen, die Martin Harke während Roland Bernhards Rundgang gefertigt hatte, belegten dies eindrücklich. Fünf angehende Pflegefachkräfte im zweiten Lehrjahr – es sind die ersten, die die generalisierte Ausbildung absolvieren – hatten an verschiedenen Pflegepuppen und mit verteilten Rollen verschiedene pflegerische Tätigkeiten demonstriert. Der Star unter den Puppen – vom Stillkind bis zur geriatrischen Person ist alles vertreten – trägt den Namen „Juno“. Bei ihr können unter anderem können die Vitalfunktionen via Tablet gesteuert werden. So könnten – anders als bei Menschen – die Messergebnisse von den Auszubildenden, wie beispielsweise der Blutdruck, überprüft werden, erläuterte Eveline Gutknecht-Fritz. Für sie, die die Einrichtung des Skills Labs fachlich begleitet hat, geht ein sehnlicher Wunsch kurz vor ihrer Pensionierung in Erfüllung: Bereits 2003 habe sie solch einen Lernort in London kennengelernt, berichtete sie – und losgelassen hat sie das seitdem nicht mehr.

Allein der Klinikverbund brauche 140 Pflegekräfte jährlich

Nachdem die Generalisierte Ausbildung und damit die Aufhebung der Trennung von Krankenpflege, Kinderkrankenpflege und Altenpflege beschlossene Sache war, sei klar gewesen, „dass wir ein modernes Praxislabor brauchen“, sagte die Schulleiterin Marion Schönhaar. „Wenn sich das bewährt“, dann sei eine „Ausrollen“ auch in Leonberg und Böblingen eine Überlegung wert, so Landrat Bernhard. Schließlich benötige allein der Klinikverbund Südwest 140 neue Pflegekräfte jährlich, Altenpflege und ambulante Pflege kämen noch dazu. Neben einer qualitativ guten Ausbildung brauche es aber mehr, damit die Fachkräfte in ihrem Beruf blieben: „Wertschätzung allein genügt nicht, es braucht auch die entsprechende Bezahlung und die Rahmenbedingungen“, betonte Roland Bernhard.

Positiv bewertete der Landrat, dass die neue generalisierte Pflege gut ankomme: Auf „ungefähr rund 20 Prozent mehr“ bezifferte Marion Schönhaar das Plus an Schülern im Vergleich zur klassischen Ausbildung. Im aktuellen ersten Ausbildungsjahr sind in der Hilde-Domin-Schule alle 32 Ausbildungsplätze belegt. Im übrigen Landkreis sehe es genauso aus, berichtete Nicole Zucker. Sie koordiniert für den Landkreis Böblingen die Zusammenarbeit zwischen den Pflegeschulen, den Einrichtungen und den Auszubildenden. Außerdem plant sie die praktischen Einsätze der Azubis in den verschiedenen Versorgungsbereichen.

Diese vom Landkreis finanzierte Stelle sei für das Schnittstellenmanagement sehr wichtig, lautete die Rückmeldung aus der Praxis. Außerdem nahm der Landrat als Botschaft mit, dass es für eine mögliche Aufstockung der Ausbildungsplätze zwangsläufig neue Räume bräuchte.