Während die Steuereinnahmen absehbar einbrechen, geht das Geldausgeben erst einmal weiter. Im Kampf gegen die Corona-Pandemie beschließen Bundestag und Bundesrat eine Reihe zusätzlicher finanzieller Unterstützungsmaßnahmen.

Berlin - Der Grünen-Abgeordnete Sven Lehmann hat am Donnerstag in seiner Bundestagsrede einen „Krisenaufschlag auf die Grundsicherung“ gefordert, den es aber erst einmal nicht geben wird. Er veranlasste damit allerdings die nach ihm sprechende SPD-Politikerin Daniela Kolbe einzuräumen, dass das zweite Sozialschutzpaket zur Abfederung der pandemiebedingter Härten tatsächlich „klein“ ausgefallen sei im Vergleich zu den großen Rettungsschirmen, die gleich zu Beginn der Corona-Krise im März beschlossen wurden. In einer historischen Sitzung hatte das Parlament damals mehr als eine Billion Euro an Direkthilfen und Kreditgarantien bereitgestellt.

 

Im Vergleich dazu nehmen sich die Summen, über die in dieser Woche in Bundestag und Bundesrat entschieden worden ist, beziehungsweise noch abgestimmt wird, tatsächlich geradezu bescheiden aus. Die zusätzlichen Ausgaben bewegen sich jedoch immer noch in einer Dimension, die in „normalen“ Zeiten Schlagzeilen produziert. Just an dem Tag, als Finanzminister Olaf Scholz (SPD) den Einbruch der Steuereinnahmen im dreistelligen Milliardenbereich verkünden muss, kommen beispielsweise allein 2,5 Milliarden Euro an Mehrausgaben durch die Verlängerung des Arbeitslosengeldanspruchs und bei der Kurzarbeit hinzu. So viel kostet es in diesem und im nächsten Jahr, den staatlich finanzierten Anteil der Einkommenslücke gestaffelt auf 80 Prozent zu erhöhen für diejenigen, die weniger als Hälfte der vereinbarten Zeit arbeiten. Durch das zweite Sozialpaket werden auch die Kosten für das Mittagessen von Kindern aus sozial schwachen Familien übernommen, die derzeit keine Mahlzeit in der Schule bekommen – Kostenpunkt laut Beschluss „3,5 Millionen Euro je 10 000 teilnehmenden Kindern und Jugendlichen“.

Weitere Finanzpakete werden folgen

Mit der aus anderen Gründen umstrittenen Neufassung des Infektionsschutzgesetzes stellt der Bund 50 Millionen Euro für die Modernisierung der 375 Gesundheitsämter der Republik zur Verfügung. Sie sollen digital so ausgestattet sein, dass die Informationen zum Infektionsgeschehen schneller und unbürokratischer fließen können. Für den erwarteten Nachfrageanstieg bei Grippeimpfungen müssen zukünftig mehr Dosen in Reserve gehalten werden, was mit etwa 50 Millionen Euro zu Buche schlagen wird. Wegen der durch die Corona-Quarantäne erschwerten Bedingungen in der Pflege rechnet der Bund im laufenden Jahr mit einmaligen Mehrausgaben in Höhe von einer Milliarde Euro. 100 Millionen Euro extra weist der Haushalt des Bildungs- und Forschungsministerium aus, mit denen Nothilfe für Studenten geleistet werden kann.

Und nicht zuletzt hat der Bundesfinanzminister am Donnerstag vom Bundestag die beantragte Erlaubnis dafür bekommen, in der Sitzung der Eurogruppe an diesem Freitag seine Zustimmung zu einem europaweiten Hilfspaket zu erteilen – Teil des 500-Milliarden-Programms sind auch vorsorgliche Kreditlinien des Krisenfonds ESM in Höhe von bis zu 240 Milliarden Euro. Verglichen damit sind die Steuererleichterungen für Gastronomen, die der Bundesrat am Freitag abschließend auf den Weg bringen will und den ermäßigten Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent für Cafés und Restaurants vorsehen, ein überschaubarer Betrag.

Weitere Finanzpakete aber werden folgen, ein Ende des Geldausgebens ist noch nicht abzusehen. Die Bundesregierung verhandelt derzeit beispielsweise mit der Lufthansa über milliardenschwere Staatshilfen, beim Autogipfel Anfang Juni soll Deutschlands Schlüsselindustrie finanziell unter die Arme gegriffen werden. Eine deutliche Ausgabensteigerung ist auch beim EU-Haushalt für die kommenden Jahre absehbar, über den vermutlich im Herbst entschieden wird. Scholz selbst erwähnte am Donnerstag im Bundestag den europäischen Wiederaufbau-Fonds. Und dann hat die Sozialdemokratin Daniela Kolbe in derselben Sitzung von Seiten der mitregierenden SPD bereits „ein drittes Sozialschutz-Paket“ ins Spiel gebracht.