Bei Grasler Tee und Keramik erwartet euch nicht nur ein wunderbares Handwerk. Neben der Töpferei eröffnet sich einem auch die Welt der Wildkräuter in Form von Tee. Lena Grasler hat einen besonderen Ort für Kreatives und Kulinarisches geschaffen, den wir euch unbedingt vorstellen wollen.

Stadtkind: Tanja Simoncev (tan)

Stuttgart – Es ist einer dieser besonderen Tage im Kessel, die Nase wird von der Sonne – und den Pollen – gekitzelt, nichts hält uns mehr drinnen, es ist Frühling. Außerdem haben wir uns vorgenommen, endlich mal bei "Grasler Tee und Keramik" vorbeizuschauen.

 

Der (nicht mehr ganz so) neue Spot im Stuttgarter Westen verspricht auf jeden Fall Tee und Keramik, doch dort angekommen, wird schnell klar: Hier eröffnet sich dem Besucher außerdem eine ganz neue Welt – und zwar die der Wildkräuter.

Die Welt der Wildkräuter

Lena Grasler plaudert mit ihren Kunden gern mal vor dem Verkaufsregal – zunächst über und später bei einem Tässchen Tee. Das Spannende: Die Wildkräuter, die den Grasler-Tee so besonders machen, hat die kreative Keramik-Künstlerin selbst gesammelt. Wir hatten sie im vergangenen Jahr bei einer ihrer Wildkräutertouren begleitet, mehr lest ihr hier >>>

Tee triff auf Getöpfertes in Stuttgart-West

Tee bzw. Wildkräuter spielen hier eine große Rolle, aber vor Ort passiert noch so viel mehr. Mittlerweile hat das Atelier neue Fenster, jetzt kann bei klarer Sicht nur so drauf los getöpfert werden. Kunstvoll kreierte Keramik steht weiterhin hoch im Kurs, ist ein Trend-Produkt und kommt bei Grasler Tee und Keramik unter anderem als Ramenschale oder Bierkrug daher.

Vom Weihnachtsmarkt zur Werkstatt-Laden-Kombi

Doch zurück auf Anfang. Begonnen hatte alles 2019 auf einem Weihnachtsmarkt. "Der Stand wurde wortwörtlich überrannt, der Tee war so gut wie ausverkauft und ich dachte mir: Okay, krass – dann mache ich weiter", erinnert sich Lena lachend zurück.

Sich den Menschen im Kessel auf diese Art zu präsentieren, sei aber purer Zufall gewesen. 2018, daheim mit ihrem Baby, keimte im leidenschaftlichen Tee-Fan der Gedanke auf: "Ich muss jetzt was machen, ich will wieder arbeiten – und ich muss etwas finden, was ich auch wirklich gern tue." Dass es mit Keramik zu tun haben würde, war der Stuttgarterin, die an der Akademie der Bildenden Künste am Killesberg Kunst studierte, schnell bewusst. Auf den Tee brachte sie letztendlich ein Freund. "Das war einfach zu naheliegend für mich."

Chafée statt "schaffa schaffa, Häusle baua"

Warum das so ist, ist schnell erklärt: "Seit ich zwölf Jahre alt bin, sammle und mache ich Tee", so Lena. Das Trockenregal war mal wieder gut befüllt, zu viel Tee daheim, um ihn selbst zu trinken oder zu verschenken, also lag es nahe diesen zu vertreiben. Die einen mögen den Kreativkopf auch als moderne Medizinfrau bezeichnen, denn die Tees tun dem Bauch gut oder lindern Erkältungssymptome. Lena gibt sich aber bescheiden: "Für mich ist der Tee einfach zum Schlürfen da."

Und wieso Keramik? Für den Rundgang an der Akademie hatten Lena und ein paar Kommilitonen ein Kollektiv gegründet, das Chafée hieß. Man hatte damals entschieden, ein kleines Café ins Leben zurufen, wo auch Keramik verkauft werden sollte, alles von den Studenten selbst kreiert. Dabei konnte sie viel Erfahrung sammeln, vom Aufbau bis zum Verkauf, was ihr später noch nützlich sein sollte. 2019 habe sie das Kollektiv nochmal zusammentrommeln wollen. "Aber keiner hatte Zeit, dann habe ich es einfach allein gemacht."

Erste Aufträge über Instagram

Im ersten Lockdown hatte Lena schließlich in einer Gemeinschaftswerkstatt produziert. Denn es gab bereits Aufträge, schon damals lief viel über Instagram. Aber länger habe sie dort nicht arbeiten wollen, erzählt sie. Also wurden die erste Drehscheibe und ein Ofen angeschafft. Dann gings ins Studio von ihrem Freund nach Bad Cannstatt, dort bespielte sie eine Ecke für sich.

"Aber meine Idee war schon immer: Werkstatt und Laden in einem. Das macht total viel Sinn, vor allem was die Keramik betrifft. Du kommst hier rein, du siehst die Drehscheibe, die fertigen Produkte, du siehst mich, die da arbeitet. Dadurch stellen sich einem nicht mehr so viele Fragen und ich mag die Resonanz, die ich bekomme."

Lena sei so auch klar geworden, sie wolle ihre Ware selbst vertreiben und nicht über Dritte. "Jeder sieht dann sofort: Das ist echtes Handwerk." In Deutschland sei Keramik mehr Massenware, bestehend aus kompletten Sets, bei denen alles zusammenpasst und wenn's richtig teuer war, steht's in einer Vitrine.

Lena feiert hingegen die japanische Herangehensweise bzw. deren Umgang mit Keramik, der eine ganz andere, kulturelle Verankerung in der Gesellschaft habe. Eine teure Schale wird nicht nur aufbewahrt, sondern auch verwendet, das was gefällt, wird gekauft, auch wenn es auf Anhieb nicht unbedingt zusammenpasst. "Langsam entwickelt sich das bei uns hier in eine ähnliche Richtung", ist sie überzeugt.

Einzelstücke verbunden mit Erinnerungen

Und das auch zurecht. Denn sind wir doch mal ehrlich. Verschiedene Schälchen, Tassen, usw. machen letztendlich auch den Charakter einer Wohnung aus, spiegeln die Persönlichkeit der Besitzer wider und sind auch immer Erinnerungsstücke an besondere Läden, Gespräche, Ereignisse, da sind wir uns einig.

"Bei einem Alltagsgegenstand ist es schön, wenn dieser selbst gemacht ist. Fast schon ursprünglich – wie früher."

Und was gefällt Lena an ihrer freischaffenden Tätigkeit am meisten? "Ich mag die Abwechslung, die ich habe. Jeden Tag mache ich etwas komplett anderes." Aktuell nutze sie die Zeit zum Produzieren der Keramik. "Denn bald geht's wieder los mit dem Teesammeln und dann bin ich eigentlich nur noch unterwegs."

Morgens beim Sammeln, nachmittags an der Drehscheibe

Aber natürlich gibt es auch genug am PC zu tun, von der Buchhaltung bis hin zu Kundenanfragen. Von Donnerstag bis Samstag sei der Laden offen – "das sind dann meine Präsenztermine".

Zur Location kam Lena übrigens mal wieder durch Zufall. "Die ganze Etage wurde frei und mir wurde gesagt: Wir suchen schon lange nach einer Keramikerin. Das hat gleich sehr gut harmoniert", freut sie sich. Zentral gelegen und doch auch etwas versteckt, das kam an. Aber vor allem der Innenhof sorgte für Begeisterung. Hier soll es irgendwann – vielleicht schon bald – auch kleinere Veranstaltungen geben. Auch mit Drehkursen darf wieder gerechnet werden.

Bis Interessierte mal wieder an der Drehscheibe sitzen, kann es also noch dauern. Bis dahin dreht lieber mal eine Runde durchs Viertel und schaut bei Grasler Tee und Keramik vorbei – und vielleicht dann auch Lena über die Schulter, mit Abstand versteht sich.

Grasler Tee und Kermik: Rotebühlstr. 59A, Stuttgart-West, Öffnungszeiten: Do+Fr 14-18, Sa 11-16 Uhr, mehr Infos und Online-Shop >>>