Die Bilder aus Washington erinnern Beobachter an einen Putschversuch. Was sich im Kapitol ereignete und wie es dazu kommen konnte, beschreibt unser USA-Korrespondent Frank Herrmann.

Washington - Drei Stunden und 32 Minuten nach Mitternacht ist es endlich vorbei. Vom Podium des Senats fragt Mike Pence, kraft seines Amts als Vizepräsident, ob jemand Einwände habe, wenn man nun die Stimmen der Wahlleute Vermonts beglaubige. Da es nach dem Alphabet geht, ist der kleine Neuenglandstaat spät an der Reihe. Einwände gibt es keine, die drei Elektoren zählen für Joe Biden, so wie es die Wähler Vermonts am 3. November entschieden hatten. Damit überschreitet der Sieger des Votums auch bei der Prozedur im Kongress, die eigentlich reine Formsache ist, die Schwelle von 270 Stimmen. Was die Mehrheit bedeutet, endgültig und nicht mehr anzufechten. Anschließend liest Pence die Formel vom Blatt, mit der amerikanische Vizepräsidenten seit je alle vier Jahre, nach feierlicher Sitzung des Parlaments, die Wahl des neuen Staatschefs bestätigen. Es ist der letzte Akt eines Dramas, das den Kongress auf dem Capitol Hill stundenlang im Chaos versinken ließ.