Ab Samstag geht es auf den Wänden im Mos Eisley kurios zur Sache. Die Stuttgarter Fotografin Jessica Rankenmayer wird dort einen Monat lang ihren persönlichen "Atlas Obscura" austellen. 

Stadtkind: Tanja Simoncev (tan)

Stuttgart - "Ich mag das Schräge, Skurile, Morbide" - wenn Fotografin Jessica Rankenmayer von Lieblingsmotiven spricht, dann kommen ihr sofort verlassene Orte in den Sinn. Die haben es der 34-Jährigen angetan, die hält sie nur allzu gern mit ihrer Kamera fest. Was sich da über die Jahre angesammelt hat, ist ab diesem Samstag in einer besonderen Auswahl im Mos Eisley zu sehen. Das freut auch Mos-Managerin Elena Haller, die die cleanen Lokal-Wände gerne mit wechselnden Ausstellungen beleben möchte.

 

Kurios trifft auf clean

"Freiwandflächen bieten sich einfach dafür an, dass sie unterschiedlich bespielt werden", findet Haller. "Wer ausstellen möchte, kann sich gerne bei mir melden." Und so habe es sich schließlich auch ergeben, dass die beiden Ladies, die sich schon länger kennen, darauf zu sprechen kamen. "Als mich Elena kürzlich nochmal fragte, hatte ich gleich Lust", betont Rankenmayer mit strahlenden Augen. Schließlich sind Ausstellungen für den Kreativkopf kein Neuland. 

Bei ihrem Studium an der Kunstakademie kam die Stuttgarterin erstmals damit in Berührung, heute kann sie vor allem zahlreiche Gruppenausstellungen, unter anderem auf dem Hinterhof-Festival, vorweisen. Die Frau von DJ und Veranstalter Jens "JensOmatic" Rankenmayer ist ein Tausendsassa wie er im Buche steht. Denn freiberuflich arbeitet das blonde Energiebündel schon seit Jahren im Kostümbild für Film und Fernsehen. "Glücklicherweise kann ich mit einem so schönen Beruf meine Brötchen verdienen. Mit der Kunst allein wäre es schwierig zu überleben", gibt die 34-Jährige zu.

Trotzdem ist die Fotografie mehr als ein Hobby. "Es wäre schön, mal davon leben zu können." Vor allem weil Rankenmayer auch da zwei unterschiedliche Bereiche abdeckt. "Zum einen sind es inszenierte Geschichten, bei denen ich beispielsweise verrückte Kostüme nähe, um sie dann noch verrückter in Szene zu setzen. Zum anderen reizt mich das Thema Reportage sehr und dabei im Speziellen verlassene Orte und Gebäude." Immer wieder sei sie auf Reisen über derartige Objekte gestolpert und hatte glücklicherweise meist eine Kamera dabei.

Auf den Spuren der drei Fragezeichen

"Einige Orte habe ich aber tatsächlich auch gezielt aufgesucht, wie etwa Centralia in Pennsylvania." Die Stadt, auf die Rankenmayer bei einer Recherche gestoßen war, brennt seit den Sechziger Jahren unterirdisch. Durch den Kohleabbau sei da wohl ein Feuer ausgebrochen, das nie gelöscht werden konnte. "Da findet man eine echte Geisterstadt vor, wo überall der Teer aufplatzt - total schräg", sagt sie. Nicht grundlos kommt dem ein oder anderen dieser Ort irgendwie bekannt vor. Denn eine Folge der drei Fragezeichen handelt von "der brennenden Stadt" - das hatte auch Jessi noch aus ihrer Kindheit dunkel in Erinnerung behalten.

"Außerdem ist Detroit ein total spannender Ort für mich." Dort sei man in leerstehende Gebäude und Krankenhäuser eingestiegen. Doch wie hält man das dann am besten in einem Bild fest? "Ich suche mir Motive aus, die mir gefallen, Details, die ich festhalten will oder auch mal komplette Räume, wo das Chaos vorherrscht, wie in Tschernobyl zum Beispiel. Ein sehr trauriger Ort." Wer jetzt denkt, die Fotografin bevorzuge nur die dunkle Seite der Macht, der irrt. Rankenmayer hat genauso etwas für fröhliche, bunte Motive übrig. "Ich bin sowieso immer am Fotografieren, wenn es die Situation zulässt, finde ich auch die schönen Dinge reizvoll." 

Da dann eine Auswahl für die Ausstellung zu treffen, fiel sicherlich nicht leicht. Und doch machte es dem Kreativkopf große Freude, das Kuriose herauszufiltern. "Und wenn man dann in der Summe sieht, was man in den letzten Jahren so zusammengesammelt hat, ist es schon cool, das auch geballt zeigen und austellen zu können." Es handele sich dabei tatsächlich um Sammlungen aus den letzten 15 Jahren. "Ich fand auch spannend, zu sehen, dass der Unterschied zwischen den Ländern gar nicht so groß ist, welches Gebäude etwa in Schweden, Afrika, den USA oder sogar Baden-Württemberg steht beziehungsweise verfällt." Was das nun zu bedeuten hat, bleibt Interpretationssache.  

"Atlas Obscura" und viele Fragen 

Bleibt nur noch zu klären wie es zum Namen "Atlas Obscura" kam. "Ich fand ihn ganz schön, weil die Ausstellung ja auch vom Reisen handelt, weil die Bilder Mitbringsel von Reisen sind und weil es eben gleichzeitig kurios, skuril und obskur ist", erklärt die Künstlerin. Passend dazu hatte Rankenmayer übrigens auch die Rahmen ausgewählt. "Die habe ich auch über die Jahre auf Flohmärkten zusammengesammelt. Die Patina auf den Rahmen habe ich auch so belassen, um den morbiden Charme zu verstärken."

Einen Monat wird es die Bilder nun im Mos Eisley zu sehen geben. Elena Haller fand dabei besonders reizvoll, dass Vieles der Fantasie überlassen bleibt und damit Fragen aufgeworfen werden. "Warum wurde der Ort verlassen, wieso steht da noch ein Familien-Foto?" Da könne sich jeder seine eigene Geschichte zusammenspinnen. Jessica Rankenmayer sagt dazu nur: "Einfach angucken und auf sich wirken lassen."

Atlas Obscura: Vernissage am Samstag, 15. April, um 19.30 Uhr im Mos Eisley. Mehr Infos zur Ausstellung gibt's hier >>>