Das Rosgartenmuseum in Konstanz zeigt die weithin noch unbekannte Familiengeschichte des Luftschiffbauers und Volkshelden Graf Zeppelin.

Konstanz - Wer ist der berühmteste Deutsche? Schwer zu sagen. Ist es Franz Beckenbauer? Oder Stefan Raab? Vielleicht Alice Schwarzer? Oder Bundespräsident Joachim Gauck? Vermutlich ist es – wenig spektakulär – Bundeskanzlerin Angela Merkel. Wer vor hundert Jahren die gleiche Frage gestellt hätte, der hätte wohl wie aus der Pistole geschossen die Antwort bekommen: Kaiser Wilhelm II. und Graf Zeppelin. Oder eben umgekehrt.

 

Der Luftfahrtpionier vom Bodensee war kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges im Kaiserreich neben dem obersten Souverän die wohl bekannteste und beliebteste Persönlichkeit seiner Zeit. Davon ist Tobias Engelsing, Leiter der städtischen Museen in Konstanz, überzeugt. Er hat dem „bürgerlichen Adeligen“, wie er ihn nennt, zu seinem 175. Geburtstag eine Ausstellung gewidmet. Dabei erweitert Engelsing das Gesichtsfeld über die oft erzählte Lebensgeschichte des Grafen hinaus auf die gesamte Familie derer von Zeppelin.

Privater Blick auf Volksheld Zeppelin und Familie

Die Ausstellung im Konstanzer Rosgartenmuseum zeigt dazu eine Vielzahl interessanter Exponate, die Engelsing auf den Schlössern von Zeppelins Erben, in Konstanzer Dachkammern gefunden und mit Leihgaben anderer Museen zusammen gebracht hat. Darunter auch die Uniform Zeppelins als Generalleutnant, in der er seinen Abschied aus den preußisch-württembergischen Diensten nehmen musste. Dann sein Fernrohr als Kavallerieoffizier und das legendäre Sprachrohr, durch das er seinen Befehl „Luftschiff, marsch!“ posaunte. Diese Preziosen lassen auf den späteren Volkshelden und seine Familie einen alltäglichen, privaten und bisweilen intimen Blick zu, der eine unangebrachte Heroisierung von vorneherein ausschließt.

Überstrahlt wird all dies von dem einzigartigen Tagebuch des Grafen, das dieser Zeit seines Lebens geführt und das er als 65-Jähriger selbst geordnet hatte. Am Ende entstanden zwei dicke, gebundene Folianten mit Hunderten von Briefen, Bildern, Hochzeitsannoncen, Trauerkarten, Programmzetteln und Fahrkarten der Bodensee-Dampfschifffahrt. Diese Zeugnisse zeigen sein Leben als Collage, erschließen sich dem Besucher aber besser, wenn man dazu das liebevoll editierte und reichhaltig bebilderte Begleitbuch studiert. Darin schildert Engelsing lebendig und unterhaltsam die verschiedenen Biografien und verwebt sie in die Zeitläufte zwischen Vormärz und Erstem Weltkrieg.

Aufstieg durch geschickte Heiratspolitik

Er zeigt auf, dass die Zeppelins einerseits eine schwäbisch-pietistische, zugleich aber eine sehr europäische Familie waren, in der zumindest den Männern durch Leistung der gesellschaftliche Aufstieg möglich war, wenn auch meist in militärischen Diensten. Zeppelin war Zeit seines Lebens glühender Patriot und Militarist. Er gilt als Urvater der Rüstungsindustrie am Bodensee. Durch geschickte Heiratspolitik verband sich diese Geisteshaltung vorteilhaft mit dem schweizerischen (Geld)adel und Calvinismus. Sein Großvater Ferdinand Ludwig von Zeppelin hatte sich Anfang des 19. Jahrhunderts als armer mecklenburgischer Adelsspross bis hoch zum Außenminister des württembergischen Herzogs gedient. Seine früh verstorbene Mutter Amélie entstammte der Genfer Bankiersdynastie Macaire, die mit Textil- und Sklavenhandel reich geworden war und sich wiederum mit der St. Galler Bankiersfamilie d’Hogguer verbandelt hatte. Zeppelin selbst ehelichte 1869 Isabella von Wolf, eine baltische Adelige mit riesigem Grundbesitz. Das Kapital aus der Familie war es letztlich, das dem Grafen seine hochfliegenden Pläne im Luftschiffbau ermöglichte und absicherte.

Ein Leben für die Luftfahrt

Die Zeppelins – Eine Adelsfamilie am Bodensee (bis 29. Dezember) , Rosgartenmuseum Konstanz, Di.– Fr. 10 – 18 Uhr, Sa., So. und Feiertag 10-17 Uhr. Eintritt 3 Euro, ermäßigt 1,50 Euro.

Kindheit
Ferdinand Graf Zeppelin wird am 8. Juli 1838 im heutigen Inselhotel der Stadt Konstanz geboren. Seine Jugendjahre verbringt er meist auf Schloss Girsberg bei Kreuzlingen.

Ausbildung
Mit 16 Jahren tritt er 1855 in die Kriegsschule Ludwigsburg ein. 1858 wird für ein Studium der Staatswissenschaft, Maschinenbau und Chemie in Tübingen beurlaubt.

Karriere
1863 nimmt Zeppelin als Beobachter am amerikanischen Bürgerkrieg teil, 1870/71 auch am deutsch-französischen Krieg. 1874 notiert er die Idee, ein lenkbares Luftschiff zu bauen. 1887 wird er zum württembergischen Gesandten in Berlin ernannt, 1890 aber nach Kritik an der preußischen Militärführung entlassen. 1898 reicht er Patente für ein Luftschiff ein und beginnt mit dem Bau. 1900 steigt der erste Zeppelin über dem Bodensee auf.