Das Haus in der Tuchmachergasse in Bad Cannstatt hat eine besondere Geschichte. Hier wohnte der Künstler Willy Wiedmann, das vor zehn Jahren gestorben ist. Jetzt ist dort eine Galerie – sie zeigt Werke von Wiedmann.

In dem alten Fachwerkhaus mit spitzen Giebeln hat Willy Wiedmann 1964 seine erste Galerie in Bad Cannstatt eröffnet. Im Herzen der Altstadt, unweit des Jakobsbrunnens veranstaltete er Vernissagen, verkaufte seine Kunst und die anderer Künstler. Der 1929 geborene Maler, Bildhauer, Musiker, Komponist, Schriftsteller und Galerist hat außerdem eine Sammlung an Kunstwerken hinterlassen. „Vielen Künstlern, die er ausstellte, kaufte er Werke ab“, berichtet Dajana Eisele von der Galerie Wiedmann, die die aktuelle Ausstellung unter dem Motto „Aus der Schublade“ im Haus kuratiert hat.

 

Künstler aus aller Welt ausgestellt

Über Jahrzehnte führte Wiedmann die Galerie, in der er neue Künstler aus aller Welt sowie seine eigenen Werke präsentierte. Hier besuchte ihn einst ein Mitarbeiter von Salvador Dalí und brachte Werke des Surrealisten samt Foto vom Signieren der Werke, wie Willy Wiedmann berichtete. Bilder aus seiner Sammlung und eigene Schöpfungen sind derzeit in der Galerie zu sehen. Darunter auch Drucke der klassischen Moderne von Picasso bis Dalì, von Hermann Heintschel über Horst Kuhnert bis Friedrich Sieber.

Die Bibel in Form eines Leporellos

Dazu können die Besucher einen Blick auf das bislang Erreichte und Entdeckte werfen, etwa das größte Werk des Cannstatters, die Wiedmann-Bibel in Leporello-Form mit ihren 3333 Seiten das größte Leporello der Welt. Nach dem Tod des Künstlers wurde sie von Wiedmanns Sohn Martin entdeckt, der sie drucken ließ. Seitdem ist sie weltweit verbreitet. Ein Exemplar konnte Martin Wiedmann sogar dem Papst in Rom überreichen. Auch über den großen Teich ist das Werk gekommen – ins größte Bibelmuseum der Welt nach Washington.

Neben seinem eigenen Schaffen engagierte Wiedmann sich für die Förderung der Kunst: Er führte bis zu fünf Galerien, unterstützte junge Künstler, war Gründungsmitglied des Vereins der Galerie Kunsthöfle in Bad Cannstatt und erhielt für seine Leistungen in der Kunst und Kultur 2002 das Bundesverdienstkreuz.

Die Genesis von Willy Wiedmann wird uraufgeführt

Wiedmann war nicht nur ein leidenschaftlicher Maler, sondern auch Musiker und Komponist. Und das wird im kommenden Jahr sichtbar. „Mein Vater hat die Genesis für ein Sinfonieorchester komponiert“, berichtet Martin Wiedmann. Kirchenmusikdirektor Jörg-Hannes Hahn wird sie zur Welturaufführung im Juli 2024 in der Liederhalle bringen. Dabei sollen dann in der Liederhalle auch die Bilder von Willy Wiedmann aus der Genesis illuminiert werden. Das Reutlinger Sinfonieorchester wird dies Werk spielen. Wiedmann schuf als Komponist 150 Opus-Werke.

Dieses Jahr noch wird es bei der Internationalen Luthergesellschaft in Wittenberg ein Begleitprogramm und eine Ausstellung mit dem Bibelwerk Wiedmanns geben. Aktuell gibt es in Halle eine Ausstellung in den Franckeschen Stiftungen. Und in der Schweiz soll im Oktober beim Katholischen Kirchentag Wiedmanns Bibel ausgestellt werden. So gibt es noch viele Überraschungen, denn Willy Wiedmanns Werk ist noch nicht vollständig erfasst und archiviert. In der 2015 wieder eröffneten Galerie, in der regelmäßig wechselnde Ausstellungen stattfinden, wurde der Charme des Künstlerhauses jedenfalls bewahrt.

Die Ausstellung ist noch bis zum 22. April zu sehen. Weitere Informationen finden Sie unter: www.galeriewiedmann.de.