Im Evangelischen Zentrum ist eine Ausstellung über Anne Frank zu sehen. Das Besondere: Jugendliche führen andere Jugendliche durch die Schau.

Bad Cannstatt - „Auf dieser Tafel geht es um Otto Frank, den Vater von Anne Frank“, erklärt Rea. „Er ist der einzig Überlebende der ganzen Familie, da er ein starker Mann war, dessen Arbeitskraft gebraucht wurde.“ Ihre Freundin Burcu ergänzt, wie die Familie Frank in verschiedene Konzentrationslager gebracht, dabei getrennt und schließlich von den Nationalsozialisten ermordet wurde. Dass die Nachwelt so viel über gerade diese Familie weiß, ist dem erhaltenen und weltberühmt gewordenen Tagebuch Anne Franks zu verdanken, das ihr Vater veröffentlichte. „Er wollte, dass die Geschichte in Erinnerung bleibt und sich nie mehr wiederholt“, sagen die Neuntklässlerinnen.

 

Dieses Ziel hat auch die Wanderausstellung über Anne Frank, die zurzeit im Evangelischen Zentrum in Bad Cannstatt gezeigt wird. „Anne Frank – eine Geschichte für heute“ erzählt die Geschichte von Anne Frank vor dem Hintergrund der Judenverfolgung während der Zeit des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs. In mehr als 300 Orten auf der ganzen Welt wird die vom Anne-Frank-Zentrum in Berlin konzipierte Schau jährlich gezeigt, immer in Kooperation mit einer lokalen Partnerorganisation. In Bad Cannstatt ist das die Evangelische Jugend Stuttgart. „In Anbetracht des aktuellen politischen Geschehens ist es wichtig, den Blick auf die Geschichte zu richten“, sagt die Jugendreferentin Kirsten Goltz. Und ihre Kollegin Mathilde Fuß ergänzt: „Wir wollen außerdem zeigen, dass Kirche auch politisch ist, sich hinauswagen soll und muss.“

Jugendliche vermitteln Geschichte

Die Ausstellung richtet sich an junge Menschen zwischen 11 und 18 Jahren, vor allem Schulklassen und Konfirmandengruppen haben sich angekündigt. Das Besondere: Sie werden von anderen Jugendlichen wie Rea und Burcu durch die Schau geführt. In einer Schulung haben die Neunt- und Zehntklässler von der Eichendorffschule, dem Albertus-Magnus-Gymnasium, dem Johannes-Kepler-Gymnasium und dem Mörike-Gymnasium nicht nur viel über die Hintergründe der Ausstellung und ein ganz schwarzes Kapitel der deutschen Geschichte gelernt, sondern auch erfahren, wie sie Gleichaltrigen diese Inhalte am besten vermitteln. „Eine uninteressierte Klasse kann man zum Beispiel einbinden, indem man die Schüler ein Bild beschreiben lässt“, sagt Aysegül.

Eigentlich glauben die Schüler aber, dass das Thema andere Jugendliche genauso fesseln wird wie sie. „Man muss nur einmal überlegen, was man eigentlich den ganzen Tag täte, würden heute Gesetze wie damals die Judengesetze erlassen“, sagt Viola. Rundfunk-Verbot, Schulverbot, Ausgangssperre nach 20 Uhr – „da blieb am Ende nicht mehr viel übrig, außer schlafen“, sagt die Zehntklässlerin betroffen.

Termin:
Die Ausstellung im Evangelischen Zentrum, Ludwig-Reiser-Haus an der Wilhelmstraße 8, ist noch bis 12. April von Montag bis Freitag von 9 bis 17 Uhr zu sehen, nach Rücksprache auch zu anderen Zeiten, zum Beispiel für Schulkassen oder andere Gruppen.

Diskussion
Am Mittwoch, 22. März, findet dort eine Podiumsdiskussion zum Thema „Was juckt’s mich? – Politische Bildung für Jugendliche“ statt, am 29. März ein Generationengespräch unter dem Titel „Schnee von gestern? – Der Holocaust im Spiegel der Generationen“, am 5. April ist ein Jugendgottesdienst in der Lutherkirche. Alle Veranstaltungen beginnen um 19 Uhr.