Bei der jüngsten Ausstellung des Kulturkreises im Alten Rathaus Musberg werden farbstarke Gemälde von Isabel Stoffel mit Video- und Soundexperimenten von Benjamin Hönsch kombiniert.

Musberg - Der Zufall führte die Hand bei der jüngsten Ausstellung des Kulturkreises Leinfelden-Echterdingen. Bei einem Rundgang durch die Stuttgarter Akademie der Bildenden Künste stieß dessen Vorsitzender Wolfgang Hauger auf ein Gemälde, das ihn interessierte. Zufällig war die junge Künstlerin Isabel Stoffel im Raum, und so kam es zur neuesten Ausstellung des Kulturkreises in der Galerie Altes Rathaus Musberg. Die Malerin empfahl, ihren Kommilitonen Benjamin Hönsch hinzuzuziehen. Die Kombination von großformatigen, farbstarken Gemälden mit eher winterlichen Video- und Soundexperimenten erwies sich als gelungen.

 

Die Ambivalenz von Chaos und Ordnung

Die 21-jährige Isabel Stoffel, aufgewachsen in der Nähe von Schwäbisch Hall, studiert an der Stuttgarter Akademie. Gezeigt werden in Musberg kraftvolle Gemälde in Acryl oder Wachsmalerei und Siebdrucke. Das Interesse der Malerin ist vorrangig auf menschliche Figuren gerichtet. Es sind chaotische Szenen, die persönliche Erfahrungen und Situationen wiedergeben.

Ein Beispiel ist die Darstellung einer Menschenmenge. „Mittlerweile ist so etwas ja zum Terrorziel geworden“, bedauert die Künstlerin. Zugleich sei etwa eine Demonstration ein positives Potenzial, aus dem heraus etwas bewegt werden könne. Was ihre Bilder zeigen, ist der Verlust der Kontrolle: „Wenn einer losrennt, dann kann man nicht mehr stehenbleiben.“

Isabel Stoffels Figuren schweben und fallen

Diese Ambivalenz von Chaos und Ordnung zeigt sich schön in der Abbildung einer wartenden Menge, vermutlich vor einer Discothek. Während sich einige Wartende unterhalten, ein anderer dem Zuschauer zuwinkt, als wolle er ihn zum Vergnügen mitnehmen, ist einigen ihr Unbehagen an der Nähe der Menschen, ja sogar Angst, anzumerken. Isabel Stoffels Figuren sind dabei alles andere als erdverhaftet. Sie fallen, schweben, fliegen, verrenken sich. Für eine dieser fallenden Figuren nutzte sie den Abfall, der beim Spitzen entsteht.

Der 1990 in Leipzig geborene Benjamin Hönsch, ebenfalls Student der Akademie, geht einen anderen Weg. Seine Videos und Klangkompositionen dienen im Grunde vor allem der Schönheit. Ähnlich wie bei seiner Kommilitonin kann der Zuschauer beim mehrmaligen Betrachten der dreiminütigen Videos immer wieder Neues entdecken. Bild und Ton bilden trotz der ungewohnten Klänge eine Einheit.

Es geht um Ästhetik und Poesie

Aus einer Internet-Datenbank sucht Benjamin Hönsch Klänge wie Verkehrsgeräusche oder Gesprächsfetzen heraus und setzt sie passend zu den Filmaufnahmen neu zusammen. Dabei entstehen Kontraste wie Walgesänge und das Knistern eines Feuers. Es geht, wie der Künstler selbst sagt, um die „Poesie der Klangmöglichkeiten“. Bei den teils winterlichen Impressionen überwiegen Grautöne. Nebel wabert eine Straße entlang. Fabrikgebäude saugen Rauch ein, anstatt ihn auszuspucken. In Großaufnahme tastet die Kamera Steinreliefs ab. Ein Mensch bewegt sich unter einem großen Tuch, das wie zerknülltes Papier wirkt. In einem Kirchenfenster bewegt sich leicht ein Pflanzenrest, schwingende Schaukeln strahlen eine wohltuende Ruhe aus. „Mir geht es um Ästhetik und Poesie“, sagt Benjamin Hönsch. In seiner Bearbeitung sind sogar Schneekugeln vollkommen frei von Kitsch. Vernissage
Die Ausstellung „Junge Kunst im Alten Rathaus“ mit Gemälden von Isabel Stoffel und Video- und Soundexperimenten von Benjamin Hönsch wird am Samstag, 21. Januar, um 17 Uhr eröffnet. Sie ist bis zum 19. Februar im Alten Rathaus, Filderstraße 44, zu sehen. Geöffnet ist sie samstags von 16 bis 18 Uhr und sonntags von 11 bis 13 Uhr.