Zerriebenes und von der Natur konserviertes Material prägen die Arbeiten des Künstlers Kurt Georg John. Aktuell zeigt er Werke in der Zuffenhäuser Zehntscheuer.

Zuffenhausen - Mal konserviert Mutter Natur für alle Zeiten, mal zerreibt sie mächtige Gebirge praktisch zu Staub. Beide Szenarien nutzt Kurt Georg John für seine Arbeiten: Er präsentiert dieser Tage die Ausstellung „Mooreichen und Wüstensand“ in der Zuffenhäuser Zehntscheuer.

 

Die Vernissage am Freitag hatte auch etwas von einem Klassentreffen, wie Jürgen Krüger vom Zuffenhäuser Kunstverein in seiner Begrüßung anmerkte. Denn Kurt Georg John ist zwar seit Jahren in Markgröningen ansässig und die treibende Kraft hinter dem dortigen Kunstverein. Doch seine Wurzeln hat er in Zuffenhausen, und anlässlich seines 75. Geburtstags kehrt er mit der Ausstellung zu seinen Wurzeln zurück: Wo schon sein Vater Polizist war, er selbst die Schulbank gedrückt hat und später auch beruflich tätig war. Ergänzend zur Ausstellung hat John überdies ein Programm ersonnen, das von Führungen bis zu „Zuffenhäuser Gschichtla“ reicht. Und um alles legt sich die Klammer seiner bevorzugten Materialien: Mooreichen und Wüstensand.

Fast sakrale Anmutung

Die schrundige Oberfläche und das dunkle, fast verkohlt wirkende Holz verleiht den Skulpturen Tiefe und eine fast sakrale Anmutung, die Kurt Georg John oft noch durch Blattgold oder Zinn unterstreicht. Ein Material, das wie geschaffen scheint für die Themen, die die Menschheit seit Anbeginn beschäftigen: Anbetung, Schutz, Flucht, Liebe, Heimat, Tod, das Göttliche in der Kunst. Mooreichen sind bei der Schmelze nach der letzten Eiszeit gefallen und durch besondere Vorgänge im Boden perfekt konserviert worden. Ihr Alter: 7000 bis 10000 Jahre. Oft finde man sie zusammen mit den Überresten von Mammuts, so John. Größere Holzstücke seien heute aber kaum noch zu bekommen, seinen Fundus habe er überwiegend aus Atelierauflösungen und von Bekannten.

Auch sein zweites Lieblingsmaterial hat eine weite Reise hinter sich, geografisch wie geschichtlich: „Wenn im Laufe der Zeit Berge zu Staub zerrieben werden, dann bleibt Sand übrig“, sagte John bei der Vernissage. Oft bringt er Sand mit einer ganz spezifischen Körnung von seinen Reisen mit und schafft daraus seine Materialbilder. Dazu fixiert er den Sand mit Binder auf dem Untergrund und verleiht ihm durch Rütteln und Drehen eine Struktur, wie die Schlieren, die das abfließende Meerwasser im Ufersand hinterlässt. Durch Übermalung wird zum Beispiel eine Landschaft daraus: In „Ballyconnell“ hat er dazu auch die dunklen Felsen und das typische Meerblau an der westirischen Küste eingefangen.

Zeugnisse der Machtlosigkeit

Manchmal sind die Arbeiten auch Zeugnisse der Machtlosigkeit: Ins Bild „Strandgut“ hat sich neben dem Sand auch Plastikmüll verirrt. Und die Arbeit „Der Prozess“ ist so verstörend wie Franz Kafkas Geschichte mit ihrem berühmten ersten Satz: „Jemand musste Josef K. verleumdet haben, denn ohne dass er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet.“ Der Josef K. in der Zuffenhäuser Ausstellung ist als Gefangener einer übermächtigen Machtmaschinerie buchstäblich mürbe geworden, ein Netz von kleinen Rissen aus Steinmehl und Binder überzieht sein erschöpftes Gesicht.

Info Die Ausstellung „Mooreichen und Wüstensand“ ist noch einmal am Wochenende, 30. und 31. März, von 11 bis 17 Uhr in der Zuffenhäuser Zehntscheuer, Zehnthof 1, zu sehen. Am Samstag bietet Kurt Georg John dort auch die Führung „Quer durch die Kunst“ an, am Sonntag die Lesung „Geschichten und Gedichte“. Beginn ist jeweils um 14 Uhr.