Er wollte mit einem Leichtflugzeug nur bis Moskau, doch dann flog er um die ganze Welt: Eine Ausstellung in Oberschwaben erinnert an den kühnen Piloten Friedrich Karl Freiherr Koenig von und zu Warthausen.

Ochsenhausen - Für den 22-jährigen Friedrich Karl Freiherr Koenig von und zu Warthausen beginnt das große Abenteuer im August 1928 in Berlin eher Knall auf Fall. Gerade will er ausgehen, da klingelt das Telefon. Ein Mitarbeiter der Wetterstation am Flugplatz Tempelhof meldet eine gute Prognose für seinen geplanten Flug nach Moskau. „Ich sprang die Treppen hinunter und nahm ein Taxi zum Flugplatz“, schrieb Friedrich Karl von Koenig in seinem 1932 erschienenen Buch „Mit 20 PS und Leuchtpistole. Abenteuer des Hindenburgfliegers Koenig-Warthausen“. Im Flughafen legt er sich ein paar Stunden hin, bekommt aber keinen Schlaf. Später schrieb er über die Nacht: „Wenn man zum ersten Mal einem ungewissen Schicksal entgegengeht, so bleibt auch der Zweifel nicht aus: Man schwebt zwischen Bange und Zuversicht.“

 

Von Koenig will mit einem Lichtflugzeug namens Kamerad, einer Klemm L 20 mit 20 PS, non stop die mehr als 1600 Kilometer nach Moskau fliegen. Schon damals hatten Sportflugzeuge meist das Fünffache an Leistung. Sein Plan misslingt zwar. Doch von Koenig geht in die Geschichtsbücher als Weltflieger ein. Denn der junge Mann aus dem Oberschwäbischen Sommershausen im heutigen Kreis Biberach fliegt immer weiter, umrundete die Welt und kommt erst nach 16 Monaten wieder zurück.

Die Gefahr schreckte den Piloten nicht

Dieser abenteuerliche Flug jährt sich in diesem Jahr zum 90. Mal. Darum erinnert eine Ausstellung in der früheren Schule in Ochsenhausen-Wennedach an von Koenigs kühne Reise. Die Dorfgemeinschaft und der Sohn des Piloten, Hans-Christoph Freiherr Koenig von und zu Warthausen, haben die Schau organisiert. „In Fliegerkreisen ist von Koenig nach wie vor ein Begriff“, sagt Johannes Angele, einer der Organisatoren. Bei allen anderen sei er aber in Vergessenheit geraten.

Friedrich-Karl von Koenigs Flugkollegen hatten seinerzeit versucht, ihm sein Abenteuer auszureden. „Mit dem Küken willst Du nach Russland fliegen?“, habe ihn einer gefragt, berichtete er später. Wie gefährlich sein Flug auf Sicht sein war, merkte er schon während der ersten Etappe: „Zu meinem Schrecken erblickte ich plötzlich dicht neben mir ein goldenes Doppelkreuz, einen Kirchturm. Dann wieder gespenstische Wolkenfetzen. Ich begriff, dass mir die allzunahe Bekanntschaft mit Wald, Telegrafenstangen und Kirchtürmen leicht zum Verderben geraten könnte.“ Er landete schließlich auf einem Feld nahe der Stadt Wjasma gut 220 Kilometer von Moskau entfernt und reiste mit dem Zug weiter in die sowjetische Hauptstadt.

Aus dem Weltrekord wurde nichts

Dort erfuhr er, dass sein vermeintlicher Weltrekord mit einem Leichtflugzeug nicht anerkannt wurde und der Hindenburg-Pokal ihm nicht sicher war, weil auch andere Flieger zu einem Langstreckenflug gestartet waren. Der Hindenburg-Pokal war von 1928 an die höchste Auszeichnung für fliegerische Leistungen in Leichtflugzeugen und war vom Reichspräsidenten Paul von Hindenburg gestiftet worden. Weil von Koenig diesen mit 10 000 Mark dotierten Pokal unbedingt haben wollte, flog er weiter.

Sein Flug führte ihn zunächst über Baku und Teheran nach Delhi und Singapore. Nach einer Schiffspassage flog von Koenig über Japan und die USA. Auf seiner Reise traf er unter anderem Mahatma Gandhi, den Gründer der Universal Studios, Carl Laemmle, in Hollywood und war zu Gast beim siamesischen König Prajadhipok.

An einem Donnerstag tagt in der Alten Schule in Wennedach die Dorfgemeinschaft, die die Ausstellung plant. Von dort sind es nur wenige Kilometer zum Schloss Sommershausen, wo von Koenig bis zum Verkauf des Gebäudes 1973 lebte. Viele der Anwesenden kannten den Weltflieger, der 1986 starb. Einer von ihnen ist Wolfgang Kasper. „Wir sind als Kinder oft rüber gegangen und haben uns seine Geschichten angehört“, sagt er.

Mit dabei war auch der Mitorganisator Johannes Angele. „Der Baron erzählte auf der alten Treppe, und wir lauschten wie gefesselt seinen Abenteuern.“ Eines handelte davon, dass ihm die thailändische Kronprinzessin Pantip Tanim einen schneeweißen, kaum sieben Wochen alten Siamkater geschenkt hatte. Von Koenig berichtete dann über den ersten Flug des Katers: „Kaum hatte ich Gas gegeben, da regte sich schon die Neugierde des kleinen Gesellen. Er wollte vom Schoß herunter.“ Von Koenig hatte eine Lösung parat: „Ich hielt den Steuerknüppel mit einer Hand. Die andere fasste den Kater.“

Eine Siamkatze als Begleiterin

Der silberne Napf der Katze, den Pantip Tanim ihm mit dem Tier geschenkt hatte, sei in der Ausstellung zu sehen, sagt Angele. „Wir zeigen auch ein Tablett der Flugzeug-Firma Klemm, auf dem die Strecke eingraviert ist.“ Das wird ergänzt durch Schautafeln und einen Film über den Piloten. Der wohl bekannteste frühere Besitz des Weltfliegers wird in der Ausstellung fehlen. „Wir wissen nicht, wo der Hindenburg-Pokal geblieben ist“, sagt Hans-Christoph von Koenig.

Aloisia Wespel, die Ortschaftsrätin des Ochsenhausener Wohnbezirks Reinstetten, erzählt, wie es zur Idee von der Ausstellung kam: „Hans-Christoph von Koenig hat einen Vortrag über seinen Vater gehalten, der sehr gut besucht war“, sagt sie. Immer sei er danach gefragt worden, ob er ihn wiederholen könnte. „So kamen wir auf die Idee, eine Ausstellung zu organisieren“. Hans-Christoph von Koenig sieht das Leben des Vaters auch kritisch. „Ich hätte mir gewünscht, dass er mehr die Füße auf dem Boden behalten hätte und nicht sein Leben aufs Spiel gesetzt hätte“, sagt er. Denn gefährliche Situationen wie eine Notlandung im iranischen Hochgebirge gab es zuhauf.

Zum Fliegen war Friedrich Karl von Koenig über eine familiäre Verbindung zum Luftschiffbauer Ferdinand Graf von Zeppelin gekommen. „Der Graf hat meinem Vater gesagt: Du musst fliegen lernen. Das ist die Zukunft.“ Damit habe er ihn geprägt. „Im Prinzip hat er ihn dadurch verdorben.“ Denn sein Vater habe unbedingt den Hindenburg-Pokal haben wollen, den er ja schließlich auch bekommen hat. Er hätte sich einen anderen Weg für seinen Vater gewünscht. Nach seinem Flug arbeitete dieser für die Luftfahrtindustrie und testete Flugzeuge. Später übernahm er auf Wunsch der Eltern das Schloss Sommershausen und die dortige Landwirtschaft.

Ein weiteres wesentliches Exponat fehlt in Ochsenhausen: das Flugzeug. Der Nachbau der Klemm L 20, mit der von Koenig um die Welt flog, ist aber im Stuttgarter Mercedes-Benz Museum zu sehen. Der Grund: die Flugzeugwerft Klemm gehörte einst zu Daimler.

Der Pilot und seine FAmilie

Schau
Die Dorfgemeinschaft Wennedach zeigt die Ausstellung über den Weltflieger Friedrich Karl Freiherr Koenig von und zu Warthausen in der Alten Schule an der Hohlgasse in Wennedach. Die Ausstellung gliedert sich in einen Teil über den Weltflug von 1928 und einen über die Familie. Sie beginnt am Samstag, 1. September und endet am Freitag, 30. November.

Öffnungszeiten
Die Ausstellung ist samstags und sonntags jeweils von 14 bis 18 Uhr zu sehen. Der Eintritt kostet zwei Euro. Führungen können unter der Nummer 0 73 52 / 88 94 vereinbart werden. Hans-Christoph von Koenig hält am Donnerstag, 22. November, einen Vortrag über den Flug seines Vaters (19 Uhr, Kapfhalle, Kapfweg 12, Ochsenhausen).