Beinahe drei Viertel der Fläche Australiens sind Steppenlandschaften, die Touristen eher meiden. Zu Recht? Unsere Autorin hat die Probe gemacht.

Charleville - Brisbane zu entkommen ist nicht einfach. Die Millionenmetropole im Bundesstaat Queensland im Nordosten Australiens breitet sich aus wie das Netz einer Spinne. Straßen führen vom Zentrum aus in alle Himmelsrichtungen. Stoßstange an Stoßstange geht es durch Wohn- und Industriegebiete. Mit unserem kleinen weißen Auto und vollgepacktem Kofferraum halten wir eisern den Kurs Richtung Westen, bis uns die Großstadt auch mit ihren letzten Vororten endlich loslässt. Freie Fahrt auf dem Warrego Highway über Hügel und durch Felder, weit weg von der Hektik der Stadt.

 

Manche Leute sagen, das Outback beginne hinter der Great Divide Range. Die Bergkette erstreckt sich von der Nordostspitze Queenslands die gesamte Ostküste entlang durch New South Wales bis nach Victoria, wo sie eine westliche Richtung einnimmt und sich schließlich im Westen des Bundesstaats an den letzten Ausläufern der Grampian Mountains in der riesigen australischen Zentralebene verliert. Auf dem Warrego Highway überquert man sie diagonal bei Toowoomba in ungewohnten Kurven und klarer Bergluft. Dahinter breitet sich tatsächlich eine Weite heraus - allerdings in sattem Grün, das lebendig und nass in der untergehenden Sonne leuchtet. All das erinnert mehr an einen Tag in Irland als an das rote, trockene Outback. Das muss also noch weiter westlich liegen.

Scheinbar leben 120 Menschen in Warra

Schnell gewöhnt man sich an die beinahe schnurgerade Straße, auf der die Autos zählbar werden, je weiter man sich von Brisbane entfernt. Scheinbar verlassene Dörfer wie Warra liegen am Straßenrand. 120 Einwohner soll es hier geben. Doch die Häuser wirken leer, der Supermarkt ist geschlossen. In einer Seitenstraße hängen Kleider auf einer Wäschespinne. Bevor man es realisiert, ist man mit einem Tempo von 60 Kilometern por Stunde aus diesen Ortschaften schon wieder draußen.

Alles wie leer gefegt, nur die Autos bewegen sich. Mit den Kilometern wird das Land noch flacher, und die Bäume verlieren ihr sattes, nasses Grün. Das Thermometer zeigt 35 Grad. Bald stößt man auf erste Outbackspuren: ein Hauch von rotem Sand liegt auf den Allradfahrzeugen. Es kann nicht mehr weit sein. Nach beinahe 500 Kilometern, kurz nach Roma, werden die Farben noch mal neu gemischt. Durch goldene Weizenfelder ziehen sich wie rostfarbene Striche die abzweigenden Straßen ins Nirgendwo. Erste Autofahrer heben zwei Finger zum Gruß hinter ihrem Lenkrad.

Es ist ein doppelter Gruß: Sie sagen Hallo in der Einsamkeit und Weite, und sie sagen Hallo im Falle eines platten Reifens am Straßenrand. Nicht viele Menschen verirren sich in das Landesinnere Australiens, und wenn doch, sind es meist Arbeiter, die zu den Kohl- und Gasminen hinausfahren. „Vor ein paar Jahren konnte mein Mann seinen Lebensunterhalt noch mit Jagen verdienen“, erzählt die Bedienung im Pub in Mitchell. Das waren noch Zeiten! Dingos - das sind verwilderte Haushunde, die überall in Australien unabhängig vom Menschen leben - rissen ganze Hühnerställe und Schafe und standen deswegen auf der Abschussliste. Für jedes Fell eines geschossenen Dingos bekam ihr Mann Geld von der Regierung und bis zu 500 australische Dollar von den Farmbesitzern.

Nebenher werden Dingos und Kängurus erschossen

„Wildschweine und Kängurus hat er auch geschossen.“ Doch die Prioritäten haben sich in den letzten Jahrzehnten in den kleinen Ortschaften entlang des Highways verändert: Die Gas- und Kohleindustrie verspricht mittlerweile mehr Arbeit und Geld. Nur noch nebenher werden Dingos und Kängurus geschossen. Rinder stehen dagegen nach wie vor hoch im Kurs. Australien ist berühmt für sein gutes Rindfleisch. Auf dem Highway kommt man mit ihnen in Kontakt, wenn man durch die Gitterstäbe der langen Lkw-Anhänger schaut: Zig Rinderaugenpaare werden zurückschauen.

Die anderen Begleiter auf dem Highway sind Allradfahrzeuge. Mit ihren breiten Reifen meistern sie selbst ungepflasterte oder überschwemmte Straßen. An der Motorhaube prangt über der eigentlichen Stoßstange eine zweite, die sogenannte Roobar. Sie schützt das Blech bei einem Zusammenstoß mit einem Känguru. Hinter Mitchell gibt es einen wunderbaren Platz am Fluss, auf dem man zwei Tage lang kostenlos zelten kann. Bei Sonnenuntergang stimmen alle australischen Vogelarten ein Konzert in den Eukalyptusbäumen an. Dann kommt nach guter australischer Manier ein Billy-Topf auf die glühenden Kohlen des Lagerfeuers.

Der Billy ist ein kleiner Kochtopf und war einst der Weggefährte jener Abenteurer und Goldsucher, die damit ihr Teewasser zum Kochen brachten und sich eine Pause von der langen Reise durch ein noch unbekanntes Land gönnten. Dann, 800 Kilometer von Brisbane entfernt, ist es plötzlich so weit: „Gateway to the Outback“ steht auf dem Ortsschild von Charleville. Hier muss es also sein. Die breiten Straßen sind wie leer gefegt, das Museum schließt bereits zur Mittagszeit. Doch die vermeintliche Stille trügt. Vor allem, wenn man Anfang November herkommt. Dann strömen die Einwohner von Charleville in Anzügen, hohen Schuhen und kurzen, eleganten Kleidern zur Pferderennbahn.

Jugendliche lungern auf der Tribüne herum

Um 12 Uhr wird der Charleville Cup offiziell eröffnet, und die Outback-Show beginnt! Die Männer haben Dosen mit XXXX Gold in der Hand, das Bier des Outbacks. In Brisbane hat das Bier aus dem Hinterland einen schlechten Ruf. Hier trinkt und genießt man es, eine Dose Mann, wie die Werbung der Brauerei verspricht. Die Frauen finden sich mit ihren zauberhaften Hüten vor den Wett-Tischen zusammen. Jugendliche lungern auf der Tribüne herum, herausgeputzt wie für den Abschlussball. Auf dem Bildschirm läuft der Melbourne Cup, wie in ganz Australien.

Doch hier in Charleville findet das Pferderennen nicht nur auf dem Bildschirm statt: Im Hintergrund bereiten sich die Jockeys und die Pferde für den Charleville Cup vor. Man setzt einige Dollar auf Pferdenamen wie Tuscan Image und Cash In A Hurry, trinkt das halbstarke Bier mit den Einwohnern und wippt mit den Füßen im Takt der Countrymusik, während die Pferde im Halbbogen um die Wette galoppieren. Hinter Charleville beginnt der Opal Way nach Quilpie. Auf dem Asphalt flimmert die Hitze wie Wasserpfützen. Rechts und links leuchtet die Erde rot. Emus stolzieren mit ihren langen Beinen am Straßenrand entlang. Hier, 950 Kilometer hinter Brisbane, findet man wirklich die Farben des Outbacks - gar nicht trostlos, sondern schillernd und aufregend - genauso wie sie in australischen Bildbänden leuchten.

So wird das Wetter für die Weltreise

Infos zu Queensland

Anreise
Flüge von Stuttgart nach Brisbane z. B. mit British Airways via London und Hongkong ab 1800 Euro. Ab Frankfurt a. M. fliegt Etihad Airways via Abu Dhabi für rund 1000 Euro, www.etihad.com/de-de/ . Der Warrego Highway beginnt in Brisbane und endet in Charleville. Manche Autovermietungen erlauben allerdings nur Fahrten entlang der Ostküste. Daher unbedingt vorher nachfragen.

Keine Probleme macht www.acerentalcars.com.au/. Mit dem Zug kann man der Highway-Strecke bequem im Westlander folgen, er fährt zweimal wöchentlich ab Brisbane, Infos und Buchungen: www.railaustralia.com.au/westlander.php

Übernachten
Entlang der Strecke gibt es in jeder kleineren Stadt einen Zeltplatz. Oftmals wird auch eine günstige Unterkunft im lokalen Pub angeboten.

Charleville Cup Festival
Das Charleville Cup Festival findet 2014 vom 2. bis 5. November auf dem Pferderenngelände statt. Am 4. November, dem Melbourne Cup Day, ist der Höhepunkt des Festivals. Dann findet auch in Charleville das große Rennen statt, wo jeder auf ein Pferd setzen kann, www.charlevillecup.com.au

Ausflüge und Sehenswürdigkeiten
Vom Warrego Highway aus sind folgende Abzweigungen empfehlenswert: 200 Kilometer nördlich von Roma befindet sich der Carnarvon National Park, berühmt für seine Wanderwege und Wasserfälle. In Charleville angekommen, führt der Matilda Highway bis nach Longreach, wo sich das populäre Qantas Founders Museum befindet.

Allgemeine Informationen
Ins Outback reist man am besten im australischen Winter, also von April bis Ende Oktober. Allgemeine Informationen gibt es auf der deutschsprachigen Website www.queensland-australia.eu/iss/ europe/german/

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