Vom Wochenende an darf Australiens Wahrzeichen darf nicht mehr bestiegen werden. Der Pfad wird auf Wunsch der Ureinwohner geschlossen. Noch Heerscharen klettern auf das Heiligtum der Aborigines.

Sydney - Die staubige Straße scheint ins Unendliche zu führen, der rote Berg zentimeterweit auf einen zuzurücken. Besucher sehen den Uluru lange, bevor sie überhaupt im Nationalpark ankommen. 348 Meter ragt er aus dem sonst sehr flachen und sehr leeren Outback. Alice Springs, die nächste größere Stadt, ist fünf Stunden entfernt. Die Luft flimmert – selbst im australischen Frühling klettert das Thermometer im Zentrum Australiens bereits über 30 Grad. Fliegen umschwirren die Urlauber, die angereist sind, um das australische Wahrzeichen und Weltkulturerbe vor dem Kletterverbot am 26. Oktober noch schnell zu besteigen.

 

Familien haben ihre Kinder mitgebracht, um ihnen das Erlebnis zu ermöglichen, das sie selbst als Teenager mit ihren Eltern hatten. Andere sind gekommen, um noch schnell einen Punkt auf ihrer Liste abzuhaken: einmal den Uluru zu besteigen.

Heiligtum der Anangu

Der Felsen fasziniert Besucher schon seit Langem. Die ersten Europäer gaben ihm im 19. Jahrhundert einst den Namen Ayers Rock, nach dem damaligen Premierminister Südaustraliens. Der wahre Name des roten Inselberges, der vermutlich durch Erdbewegungen vor Hunderten Millionen Jahren entstand, ist jedoch Uluru.

So nennen ihn die Anangu-Völker. Für sie ist der Berg ein Heiligtum. Ihre Sagen erzählen, wie Ursprungswesen die einst leere Erde überquerten und dabei Landschaftsformen wie eben den Uluru hinterließen. Wieder andere Geschichten berichten von Schlangen oder von zwei Jungen, die im Schlamm spielten und so den Uluru erschufen.

Auch für die Touristen, die sich in den vergangenen Wochen in langen Schlangen den Uluru hochquälten, haben die Ureinwohner einen Namen: Minga, das heißt übersetzt Ameisen. Genauso sahen die Heerscharen aus der Ferne auch aus. Marc Hendrickx, ein Geologe aus Sydney, der sich lange dafür eingesetzt hat, den Weg offen zu halten, weil der Ausblick vom Gipfel des Felsens in seinen Augen „ein Erlebnis für die ganze Welt“ ist, äußerte sich entsetzt über die Bilder, die in den vergangenen Wochen durch die Medien gingen.

„Der Massenandrang zeugt von schlechtem Nationalpark-Management“, sagt Hendrickx. Man hätte immer nur eine kleine Anzahl Wanderer zur gleichen Zeit auf den Uluru gehen lassen dürfen. Dass eine Zwölfjährige in den Tagen vor dem Kletterverbot abstürzte und sich verletzte, habe ihn nicht überrascht. Denn der Weg auf den Uluru ist nicht ungefährlich: 37 Menschen starben seit den 1950ern während oder nach dem Aufstieg.

Kein Spielplatz oder Freizeitpark wie Disneyland

Auch die Ureinwohner beobachteten den teils absurden Ansturm auf den Uluru mit Unbehagen: „Nicht nur klettern die Menschen an ihm hoch, sie werfen auch Windeln und Abfälle weg, urinieren und beschmutzen ihn“, sagte ein Sprecher der Wächter-Vereinigung der Aborigines.

Die Erleichterung, dass dem nun ein Ende gesetzt wird, wenn das Kletterverbot an diesem Wochenende in Kraft tritt, ist spürbar. Beschlossen hatte dieses Verbot ein Gremium aus acht Ureinwohnern und drei Repräsentanten der Nationalparkbehörde bereits im November 2017. Ihre Begründung: Der Uluru sei „kein Spielplatz oder Freizeitpark wie Disneyland“.

Mit Inkrafttreten des Kletterverbots wird auch die Metallkette, die den Weg bisher markiert und Wanderern Halt gegeben hat, entfernt. Danach steht der Aufstieg unter Strafe, doch Kletterfans wie Hendrickx hoffen, dass sie trotzdem noch einmal auf den Felsen ihrer Träume dürfen. „Spätestens zur Sonnenfinsternis 2037.“ Dafür würde er sogar ein Bußgeld in Kauf nehmen, meint der Geologe. Letzteres könnte laut Medienberichten bis zu 60 000 australische Dollar (37 000 Euro) betragen. Auch von bis zu zwei Jahren Gefängnis war schon die Rede.

Eine Chance für die anderen Naturschönheiten Australiens

Auch wenn Hendrickx gegen die Schließung des Wanderweges ist, so ist er immerhin bei einem Thema mit der Parkverwaltung einer Meinung: Das Kletterverbot gebe nun anderen Sehenswürdigkeiten mehr Gelegenheit „zu glänzen“. Hendrickx empfiehlt den Larapinta Trail, einen 223 Kilometer langen Wanderweg im Outback, und die Gebirgskette der MacDonnell Ranges.

Steven Baldwin, einer der Parkmanager, bewirbt das indigene Kulturzentrum, die kulturellen Workshops und den geführten Mala-Walk um den Felsen herum, der Besucher zu Felsmalereien führt und sie mit den einheimischen Tieren, Pflanzen und Menschen vertraut macht. Außerdem könne man Radfahren, Segway-Touren machen oder den Nachthimmel bei Astro-Touren bestaunen, empfiehlt Baldwin.