Die Stadt ist stolz auf den Warmbronner Dirigenten, Kirchenmusiker und Musikpädagogen.

Leonberg - Es ist ein Festakt in kleinstem Rahmen – die Familie, eine Handvoll geladener Gäste und der Leonberger Oberbürgermeister Martin Georg Cohn haben sich im Wohnzimmer von Martina und Helmuth Rilling in Warmbronn versammelt. Der Grund: Helmuth Rilling ist das Ehrenbürgerrecht der Stadt Leonberg verliehen worden.

 

Die  beiden Töchter Sara und Rahel, beide selbst exzellente und erfolgreiche Musikerinnen, spielen zur Eröffnung – was könnte es anderes sein – ein Stück von Johann Sebastian Bach. Die kleine Enkelin durchstöbert derweil auf den Knien ihres Vaters Carsten Kretschmann den Inhalt ihres Schatzkästchens. Ein Fest der besonderen Art für einen besonderen Menschen mit einem besonderen Wirken und einer besonderen Wirkung im In- und Ausland.

Außergewöhnliche Leistungen

Anlässlich seines 85. Geburtstages am 29. Mai 2018 hat der Gemeinderat angeregt, Helmuth Rilling die Ehrenbürgerwürde der Stadt zu verleihen, sagte der Leonberger Oberbürgermeister. „Diese Ehrung ist ein Ausdruck des Stolzes, den die Stadt mit Ihrem Namen verbindet“, sagte der Rathauschef. „Es ist ein Dank für das Wirken vor Ort und die außergewöhnlichen Leistungen, mit denen auch der Name der Stadt in die Welt getragen wurde“, ergänzte Cohn. Und es sei eine seltene Auszeichnung, erläuterte Cohn. Die wurde in den vergangenen 140 Jahren nur 21 Bürgern verliehen: aus Warmbronn lediglich Christian Wagner und Frei Otto.

In Stuttgart geboren, hat Helmuth Rilling an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart studiert; von 1955 an studierte er Orgel in Rom. 1954 gründete er die Gächinger Kantorei, die 1965 durch das Bach-Collegium Stuttgart instrumental komplettiert wurde. Der Name „Rilling“ ist wie kein anderer mit dem Werk Johann Sebastian Bachs verbunden. Er gilt auch als Förderer der zeitgenössischen Musik.

International gefragt

Mit Ensembles hat er international Konzerte gegeben und war gefragter Gastdirigent bei führenden Orchestern in aller Welt – darunter die Wiener Philharmoniker, das New York Philharmonic, das japanische NHK Symphony Orchestra. 1970 hat er das Oregon Bach Festival in den USA gegründet, das er bis 2013 geleitet hat. 1981 gründete er die Internationale Bachakademie Stuttgart, deren künstlerischer Leiter er bis 2012 war. Helmuth Rilling engagierte sich auch besonders für junge Musiker aus aller Welt; bereits vor dem Mauerfall veranstaltete er Bach-Akademien für junge Musiker in Osteuropa, in Lateinamerika und Asien. 2001 gründete er das Ensemble „Festival Chor und Orchester Stuttgart“, in dem junge Musiker aus mehr als 20 Nationen zusammenkamen. Von 2014 bis 2018 hat Rilling zudem die „Weimarer Bachkantaten-Akademie“ geleitet, die es jährlich 70 Studenten aus aller Welt ermöglichte, Bachs Werke unter seiner Anleitung an den historischen Bach-Orten Thüringens zu studieren.

Der Kirchenmusiker, Dirigent und Musikpädagoge, der in der ganzen Welt unterwegs ist, lebt seit mehr als 35 Jahren in Warmbronn. Er ist Schirmherr der Leonberger Stadtkirche und Stiftungsgründer der Stiftung Michaelskirche Eltingen und Stadtkirche Leonberg.

Für sein vielfältiges Engagement wurde Helmuth Rilling im Inland und Ausland vielfach ausgezeichnet, unter anderem überreichte ihm Ministerpräsident Winfried Kretschmann am 17. Februar 2014 das Bundesverdienstkreuz in der Ausführung „Großes Verdienstkreuz mit Stern“.

Warmbronn als feste Burg

„Auf die Frage, was ihm beim Stichwort Ehrenbürgerschaft einfällt, hat Helmuth Rilling spontan geantwortet, Heimat“, sagte Carsten Kretschmann in seiner Festrede. Der Historiker an der Stuttgarter Uni ist der Schwiegersohn des Geehrten.

Heimat sei der Ort von dem wir herkommen, an dem wir ankommen und zu den wir zurückkommen. „Für Helmuth Rilling ist Warmbronn der Ort, der durch seine Ehefrau für ihn zur festen Burg wurde“, sagte Kretschmann. Aber es sei auch der Ort von dem er als Staatsbürger, über die Grenzen hinweg für Werte wie Versöhnung und Toleranz gewirkt hat. Andererseits stehe er für die Heimat des anderen Bürgers, des unabhängigen Geistes, mit seinen Werten, wie Fleiß, Pünktlichkeit, Bereitschaft zur Leistung, Mut und Verantwortungsbewusstsein. „Es ist der Ort, an dem die Familie immer offene Türen gepflegt und wo der Weltbürger seine festen Wurzeln hat“, sagte der Festredner.