Zwei Unfälle, zwei tote Autoinsassen, zweimal dieselbe Ursache: Autos rasen auf der Autobahn ins Heck von Lkw, deren Geschwindigkeit falsch eingeschätzt wird.

Lokales: Wolf-Dieter Obst (wdo)

Stuttgart - Wie schnell der Audi-Fahrer unterwegs war, wird ein Gutachter berechnen müssen. Dass er auf der A 81 zwischen Heilbronn und Stuttgart mit seinem PS-starken Fahrzeug ziemlich schnell unterwegs gewesen sein muss, stellen Rettungskräfte und Polizei erschüttert beim Anblick des Wracks kurz vor Pleidelsheim fest: Bei Kilometer 555 hat sich der PS-starke Wagen um den Pfeiler einer Schilderbrücke gewickelt. Der 68-jährige Fahrer, der aus dem Kreis Ludwigsburg stammt, war sofort tot.

 

Nicht, dass der Audi-Fahrer am Mittwoch gegen 23 Uhr verbotenerweise gerast wäre. „Auf der Strecke gab es zu dieser Zeit wohl kein Tempolimit“, so die ersten Erkenntnisse von Polizeisprecher Peter Widenhorn. Die Schilderbrücke, laut Polizei die zweite nach Mundelsheim, hätte wohl eines anzeigen können. Doch dort hing nun der Audi am Pfeiler. Der eigentliche Unfall hatte sich Hunderte Meter weiter hinten abgespielt.

Der Fahrer wird rausgeschleudert

Laut Polizei war ein unbekannter Autofahrer vom Parkplatz Kälbling-West auf die A 81 gefahren. „Ein 62-jähriger Lkw-Fahrer hatte das gesehen und war auf den Mittelstreifen gewechselt“, sagt Polizeisprecher Widenhorn. Der Lkw, der nur aus einer Zugmaschine ohne Auflieger bestand, soll längst auf der Mittelspur gewesen sein, als es plötzlich krachte. Der Audi prallte wohl ungebremst gegen den hinteren linken Zwillingsreifen – und hatte dabei so viel zusätzliche Geschwindigkeit, dass er nach links abhob und über die Betonmittelwand gegen den Pfeiler der Schilderbrücke prallte.

Der 68-Jährige wurde aus seinem Fahrzeug auf die Gegenfahrbahn geschleudert und war sofort tot. Hatte er die weiße Zugmaschine nicht gesehen, weil es nur die Lichter auf Achsenhöhe gibt? Polizeisprecher Widenhorn sieht hier eine unterschätzte Gefahr: „Bei Nacht ist es problematisch Entfernungen abzuschätzen“, sagt er. Die roten Rücklichter lassen oft nur schwer erkennen, wie schnell – oder wie langsam – der Vordermann unterwegs ist.

Nachts – von wegen freie Fahrt

Wäre deshalb auch nachts ein Tempolimit sinnvoll – obwohl in den Nachtstunden doch meist vermeintlich freie Fahrt herrscht? Die folgenschweren Auffahrunfälle auf den Autobahnen in der Region Stuttgart häufen sich. Und gerade die Berg-und-Tal-Fahrbahn der A 81 zwischen Weinsberg und Leonberg wird hier immer wieder zum Schauplatz. Doch Schilderbrücken gibt es jetzt eher weniger: Die Verkehrsbeeinflussungsanlage an Kilometer 555 wurde am Donnerstag abgebaut. Erst um 9.30 Uhr war die Strecke wieder frei.

Die Aufräumarbeiten, bei denen die Autobahn zeitweise vollständig gesperrt werden musste, führten dennoch zu einem Verkehrschaos rundum. Allein der Stau von Heilbronn nach Stuttgart erreichte im morgendlichen Berufsverkehr mehr als 15 Kilometer Länge.

Und dann, neun Stunden nach dem ersten Auffahrunfall gab es am Stauende ein weiteres tödliches Drama. Bei Kilometer 540, nach der Reisbergbrücke vor der Anschlussstelle Heilbronn-Untergruppenbach, raste am Donnerstag gegen 8 Uhr ein Auto unter einen Sattelzug. Der Beifahrer war sofort tot, der Fahrer schwebt in Lebensgefahr. Der Wagen war offenbar ungebremst gegen den stehenden Lkw geprallt. Der Autofahrer hatte etwa 500 Meter nach der Brücke zu spät gesehen, dass vor ihm ein Sattelzug angehalten hatte. Der Wagen wurde unter den Auflieger geschoben und zerdrückt. „Das Fahrzeug ist nicht mehr zu erkennen“, so der Heilbronner Polizeisprecher Frank Belz über seine ersten Eindrücke am Unfallort. Der Stau verlängerte sich während der Bergungsarbeiten bis nach Weinsberg.

Vom Fahrzeug ist nichts mehr zu erkennen

Die Identifizierung der Unfallopfer war zunächst schwierig. Dann aber wurde ermittelt, dass es sich bei dem Unfallfahrzeug um einen Mazda handelt, der im Kreis Mettmann in Nordrhein-Westfalen zugelassen ist. Der 28-jährige Fahrer hatte beim Aufprall lebensgefährliche Verletzungen erlitten. Für seinen 49 Jahre alten Beifahrer kam jede Hilfe zu spät.

Angepasste Geschwindigkeit und Abstand – zwei Regeln scheinen von der Polizei vor allem auf der A 81 wieder stärker kontrolliert werden zu müssen. Vor drei Wochen hatten sich zwischen Pleidelsheim und Mundelsheim zwei Sattelzüge und zwei Autos nach einem Auffahrunfall ineinander verkeilt. Die Strecke musste mehrere Stunden gesperrt werden.

Tödliche Auffahrunfälle auf der A 81 gab es zuletzt zwischen Rottenburg und Herrenberg – mit einem getöteten Motorradfahrer. Die Strecke bei Pleidelsheim fällt dabei auch 2018 unrühmlich auf. Ein 44-jähriger Transporterfahrer rammte im Juni einen Tanklastzug und starb. Sekundenschlaf wurde bei einem 21-Jährigen vermutet, der 2017 mit seinem Wagen in ein Regenrückhaltebecken stürzte. Ein 26-jähriger Mitfahrer auf der Rückbank ertrank.