Das baden-württembergische Kraftfahrzeuggewerbe rechnet mit einer Abschwächung der Konjunktur in den kommenden Monaten. Der Landesverband befürchtet rote Zahlen durch Fahrverbote und den Wertverlust von Leasingautos.

Stuttgart - Die Autohändler im Südwesten rechnen in den kommenden Monaten mit deutlich schwierigeren Geschäften als in der ersten Jahreshälfte. Der Landesverband des Kraftfahrzeuggewerbes muss deshalb seine Prognose nach unten korrigieren. „Im Frühjahr haben wir für 2018 mit einem Anstieg der Pkw-Neuzulassungen auf 480 000 Fahrzeuge gerechnet. Nun erwarten wir, dass wohl nur das Vorjahresergebnis von 473 000 Neuwagen erreicht wird“, kündigte der langjährige Verbandspräsident Harry Brambach in einem gemeinsamen Gespräch mit seinem Nachfolger Michael Ziegler mit unserer Zeitung an. Brambach hat die Führung im Juni nach zehn Jahren abgegeben. Trotz der erwarteten Abschwächung werde es jedoch voraussichtlich kein schlechtes Jahr, sagte Brambach, denn schließlich sei im vergangenen Jahr im Neuwagengeschäft das zweitbeste Ergebnis nach 2009 erreicht worden, in dem die Abwrackprämie einen starken Anstieg der Neuzulassungen ausgelöst hatte.

 

In der ersten Hälfte des Jahres haben die Pkw-Neuzulassungen im Land um 4,2 Prozent zugenommen. Die Abschwächung im dritten und vierten Quartal wird darauf zurückgeführt, dass die im vorigen Sommer eingeführten Wechselprämien für alte Dieselautos bei den meisten Autoherstellern zur Jahresmitte ausgelaufen sind. Zudem führen Probleme bei der Umstellung auf den neuen Abgas-Prüfzyklus WLTP dazu, dass es Lieferengpässe für manche Modelle gibt. Ab September dürfen nur noch Neuwagen verkauft werden, die nach dem neuen realitätsnäheren Prüfzyklus WLTP zertifiziert sind. Weil manche Hersteller zu spät mit der Umstellung begonnen haben und Prüfstände knapp sind, werden einige Modelle vorübergehend nicht verfügbar sein. Kurz vor Toresschluss werden laut Brambach noch verstärkt Autos nach den alten Regeln von den Herstellern selbst oder von Händlern zugelassen. „Dies wird die Neuzulassungen im August ansteigen lassen.“ Allerdings könnten diese Wagen als junge Gebrauchte dann nur mit Preisabschlägen verkauft werden, was den Ertrag schmälere.

Der Dieselmotor ist bei den Verbrauchern generell in Verruf geraten

Derzeit beurteilt der neue Verbandspräsident Ziegler die wirtschaftliche Lage der Kfz-Betriebe als gut. „Die Zukunft wird neben der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung stark davon abhängen, wie die Dieselfrage geregelt wird“, sagt Ziegler. „Es gibt bei den Kunden eine große Verunsicherung wie es mit dem Diesel weitergeht“, berichtet der Verbandschef. Dies führe dazu, dass auch weniger Autos mit modernster Dieseltechnologie gekauft werden. „Die Verbraucher befürchten“, erläutert Ziegler, „dass morgen auch Dieselfahrzeuge mit der Abgasnorm Euro 6 von einem Fahrverbot betroffen sein könnten“. Insgesamt gebe es einen deutlichen Rückgang der Nachfrage. Der Dieselanteil liege heute bei 32 Prozent, das seien mehr als zehn Prozentpunkte weniger als in früheren Jahren. Ob der Abwärtstrend gestoppt werden könne, hänge einzig und allein von der Politik ab. „Der Kunde braucht Gewissheit, dass er auch künftig mit einem Euro 5- oder Euro-6-Diesel in die Stadt fahren darf. Die Politik muss dafür einen stabilen Rahmen schaffen“, fordert Ziegler.

Nach dem bisherigen Stand plant die grün-schwarze baden-württembergische Regierungskoalition zum Jahreswechsel in Stuttgart erste Fahrverbote für Diesel mit Euro 4, zur Jahresmitte soll dann geprüft werden, ob die Fahrverbote auch auf Euro 5 ausgedehnt werden müssen. Ziegler schätzt solche Fahrverbote als große Gefahr für die Kfz-Betriebe ein, weil viele Kunden dann die Werkstätten nicht mehr ansteuern dürfen. „Die Kfz-Betriebe leben eher vom Werkstattgeschäft als vom Fahrzeugverkauf. Deshalb drohen die Betriebe durch die Fahrverbote in die Verlustzone zu rutschen“, befürchtet der Verbandschef. Nach Angaben des Branchenverbands liegt die Rendite der Betriebe bei lediglich 1,5 Prozent vor Steuern.

Der Wertverlust von Leasingautos belastet die Betriebe stark

Als große Belastung schätzt Ziegler auch den Wertverlust von Leasingautos ein. „Die Kfz-Betriebe müssen deutliche Wertverluste bei Leasingrückläufern mit Dieselmotor verkraften, deren Restwert bei Vertragsbeginn vor drei Jahren noch viel höher bewertet wurde als heute“, sagt Ziegler. Die erforderlichen Preisnachlässe betragen nach seinen Angaben je nach Marke zwischen zehn und 50 Prozent. Bei großen Fahrzeugen könnten dies 5000 bis 7000 Euro sein. „Dies führt zwangsläufig zu Verlusten und kann manchen Betrieb in finanzielle Schwierigkeiten bringen“, warnt der Verbandschef. Wenn das Problem mit den Fahrverboten nicht gelöst werde, so Ziegler, „rechne ich mit einem Anstieg der Insolvenzen bei den Kfz-Betrieben.“ Der Verband rät allen Betrieben, die durch die Fahrverbote in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, gegen den Stuttgarter Luftreinhalteplan zu klagen

Das Kraftfahrzeuggewerbe setzt weiter darauf, dass Fahrverbote mit einer Nachrüstung der Hardware von Dieselmotoren verhindert werden können. Die Autobauer lehnen dies ab und beschränken sich stattdessen auf ein Software-Update, mit dem der Stickoxidausstoß verringert und die Luft verbessert werden soll. Die Autobauer argumentieren, dass die Entwicklung der Nachrüstsätze technisch sehr aufwendig wäre und zu lange dauern würde. Michael Ziegler überzeugt dies nicht. „Eine Nachrüstung könnte die Luft viel stärker verbessern als die Software-Updates der Autohersteller, die ohnehin viel zu langsam vorankommen“, sagt der Präsident des Landesverbands. Mehrere Nachrüster stehen nach seinen Angaben schon in den Startlöchern und haben beim Kraftfahrtbundesamt eine Zertifizierung ihrer Systeme beantragt.